Inschrift "New York Stock Exchange" am Gebäude der New Yorker Börse
marktbericht

Vor neuen Preisdaten US-Börsen ohne Schwung

Stand: 27.06.2024 22:48 Uhr

Bei nervösem Handel riskierten die US-Anleger heute nicht mehr viel. Die Spannung ist hoch vor den morgigen Preisdaten, die Aufschluss über den Zinskurs der Notenbank geben sollen.

Die US-Anleger haben sich heute angesichts einiger negativer Unternehmensnachrichten und in Erwartung wichtiger Inflationszahlen kaum mehr vorangewagt. Bei geringen Schwankungen ging der Leitindex Dow Jones am Ende bei 39.164 Punkten um 0,1 Prozent etwas höher aus dem Handel. Dabei wechselte der Index im Verlauf öfters das Vorzeichen.

Trotz negativer Nachrichten aus dem zuletzt so erfolgsverwöhnten Chipsektor behauptete sich die Technologiebörse Nasdaq mit einem Plus von 0,3 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 0,19 Prozent vor. Der marktbreite S&P-500-Index schloss bei 5.482 Punkten um 0,1 Prozent höher und damit wenig verändert. Neue Wirtschaftsdaten hatten kaum Einfluss.

Vor den am Freitag anstehenden wichtigen US-Inflationsdaten wollte sich kein Anleger in großem Stil engagieren, sagte Fiona Cincotta vom Handelshaus City Index.

Zudem findet heute die erste Fernsehdebatte zwischen Präsident Joe Biden und Herausforderer Donald Trump statt. Zuletzt wurde das Dauerthema Zinswende von der Diskussion um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) überlagert, das einer kleinen Anzahl großer Tech-Schwergewichte stetig neue Rekordhochs bescherte.

Im zuletzt so erfolgsverwöhnten Chipsektor dämpfte ein Kursrutsch von Micron von 7,1 Prozent die Stimmung. Angesichts des anhaltenden KI-Booms und ausverkaufter Speicherchips reichten die Umsatzprognosen den Investoren nicht aus - obwohl die Unternehmensziele für das laufende Quartal in etwa den Konsensschätzungen entsprachen. Der Optimismus hinsichtlich der KI-getriebenen Nachfrage hatte die Aktie in diesem Monat um 14 Prozent steigen lassen.

Andere Halbleiteraktien, darunter der KI-Vorreiter Nvidia notierten ebenfalls schwächer. "Die Frage ist, ob die Unternehmensgewinne im Technologiesektor stabil bleiben können. Wenn das nicht der Fall ist, werden wir wahrscheinlich zeitweise Gewinnmitnahmen und kleine Korrekturen erleben", sagte Mike Gallagher, Forschungsleiter bei Continuum Economics.

"Die Angst, dass die KI getriebene Rally in den USA bald zu Ende gehen könnte, nimmt zu", meint Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. So werde die jüngste Rally des Tech-Index Nasdaq 100 von immer weniger Aktien getragen. Die Hausse könnte sich demnach in einer Spätphase befinden und eine Trendwende sich andeuten.

Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist in den USA derweil in der vergangenen Woche stärker gesunken als erwartet. Die Zahl der Hilfsanträge fiel um 6.000 auf 233.000, wie das Arbeitsministerium am Nachmittag in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 235.000 Anträge gerechnet. Damit bleibt der Arbeitsmarkt trotz der hohen Zinsen ungebrochen robust.

Dass die US-Wirtschaft unter Dampf steht zeigt auch die dritte Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das erste Quartal. Danach stieg das BIP zum Vorquartal auf ein Jahr hochgerechnet um 1,4 Prozent, wie das Handelsministerium in Washington mitteilte. Eine vorherige Schätzung wurde um 0,1 Prozentpunkte angehoben. Im Schlussquartal 2023 war die weltgrößte Volkswirtschaft noch deutlich stärker um 3,4 Prozent gewachsen.

Am heimischen Aktienmarkt bot sich auch heute ein ähnliches Bild wie schon in den vergangenen Handelstagen: Der DAX bewegte sich weiter in einer überschaubaren Bandbreite zwischen 18.000 und 18.400 Punkten und schloss am Ende bei 18.210 Punkten um 0,3 Prozent leicht höher. Die Schwankungsbreite lag zwischen 18.141 und 18.265 Punkten in einem engen Rahmen. Damit bleibt der deutsche Leitindex zwar weiter auf hohem Niveau und über der Marke von 18.000 Punkten, zu mehr reicht es derzeit aber nicht.

Gestern war der deutsche Leitindex zwischenzeitlich bis auf 18.045 Zähler abgesackt, hatte sich dann aber wieder stabilisiert. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen gewann ebenfalls leicht 0,15 Prozent.

"Bis zum Wochenende dürfte die Marktliquidität vor allem in Europa eher gering bleiben, bei gleichzeitig steigender Nervosität", hieß es in einer Einschätzung der Expertinnen und Experten von Index-Radar. "Neben den anstehenden Inflationszahlen aus den USA am Freitag (PCE) sorgt die erste Runde der französischen Parlamentswahlen am Sonntag für Zurückhaltung."

Während sich in Frankreich ein massiver Rechtsruck abzeichnet, bleibt die Situation um die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) weiter unklar. Schon im Januar wurde mit Zinssenkungen gerechnet, die noch immer zu hohen Inflationsraten bremsen aber die Notenbanker seitdem immer wieder aus. Die US-Notenbanker um Bankchef Jerome Powell wollen in ihrer Geldpolitik ähnlich wie auch die EZB datenabhängig entscheiden, also auf Sicht fahren.

Am Freitag wird nun mit dem Preisindex der persönlichen Konsumausgaben ein für die Fed zentraler Datenkranz veröffentlicht. "Wenn die Inflationsdaten dem Markt nicht genehm sind, kann die Stimmung schnell kippen", warnte Jochen Stanzl von CMC Markets. "Weil die US-Wirtschaft keine Anzeichen einer Rezession zeigt, haben die Währungshüter um Jerome Powell theoretisch durchaus die Möglichkeit, mit einer Zinssenkung bis Dezember oder sogar bis ins neue Jahr hinein zu warten."

Update Wirtschaft vom 27.06.2024

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 27.06.2024 09:00 Uhr

Der Euro legte derweil leicht zu. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung im US-Handel 1,0705 Dollar und damit etwas mehr als am Morgen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0696 (Mittwoch: 1,0689) US-Dollar fest. Der Handel zwischen Euro und Dollar verlief bisher ruhig.

Der Euro erhielt vor allem am Nachmittag Auftrieb, nachdem Konjunkturdaten aus den USA besser als erwartet ausgefallen waren. In der Eurozone hat sich das Geldmengenwachstum zuletzt weiter beschleunigt, während sich die Wirtschaftsstimmung leicht eintrübte. Stimmungsdaten aus Italien fielen durchwachsen aus.

Unter Druck stand die schwedische Krone. Zwar beließen die Währungshüter ihre Geldpolitik nach ihrer Zinssitzung zunächst unverändert. Sie deuteten jedoch für den Jahresverlauf weitere Lockerungen an, um der rückläufigen Inflation gerecht zu werden. Ihre türkischen Kolleginnen und Kollegen stehen vor ganz anderen Herausforderungen: Sie stemmen sich mit einem Leitzins von 50 Prozent gegen die ausufernde Inflation, woran sich laut Notenbank so schnell auch nichts ändern dürfte.

Die Ölpreise legten derweil zu. Am Abend kostete sowohl ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent als auch der US-Sorte WTI rund ein Prozent mehr. Die leichte Schwäche des US-Dollar stützte die Ölpreise etwas. Ein schwächerer Dollar macht Rohöl für Käufer aus anderen Währungsräumen günstiger. Dies stützt die Nachfrage.

Seit einigen Wochen tun sich die Erdölpreise mit der Richtungssuche schwer. Entscheidende Impulse blieben bis zuletzt Mangelware. Unterstützt wird das Preisniveau durch die vielen geopolitischen Konflikte und Krisen, insbesondere im ölreichen Nahen Osten. Hinzu kommt das knappe Angebot des erweiterten Ölkartells Opec+. Außerhalb des Verbundes ist das Angebot aber reichlich, was den Preisauftrieb begrenzt.

Rheinmetall hat im Bereich Autozulieferung einen Großauftrag eingeheimst. Ein namhafter internationaler Autokonzern habe mehrere Millionen elektrische Kühlmittelpumpen bestellt, teilte der Rüstungs- und Autozulieferkonzern mit. Der Auftragswert liege im niedrigen dreistelligen Millionen Euro-Bereich. Die Pumpen werden in hybridbetriebenen Fahrzeugen verbaut. Die bis 2030 vorgesehene Produktion sei bereits angelaufen. Der Servicevertrag laufe bis 2045.

Die größten Geldhäuser in den USA verfügen nach Einschätzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) über eine krisenfeste Kapitalausstattung. Alle getesteten 31 Institute bestanden den jährlichen Stresstest der Finanzaufseher, wie die Fed mitteilte. Auch die Deutsche Bank hatte mit ihrem US-Ableger bei der Belastungsprobe anhand simulierter Krisenszenarien keine Probleme. Jedes Institut sei bei einer hypothetischen Rezession oberhalb ihrer Mindestkapitalanforderungen geblieben, hieß es. Getestet wurden 31 Banken mit einem Vermögen von jeweils mindestens 100 Milliarden Dollar.

Der Modehändler Hennes & Mauritz (H&M) ist schwach ins dritte Geschäftsquartal gestartet. Der Umsatz im Juni dürfte in Landeswährung sechs Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, teilten die Schweden mit. Vor allem zu Monatsbeginn habe schlechtes Wetter in zahlreichen Märkten die Geschäfte belastet. Dazu komme ein hoher Vergleichswert bei den Erlösen im Juni 2023. Der neue H&M-Chef Daniel Ervér hält trotzdem an seinem Jahresziel fest und peilt 2024 weiterhin eine operative Marge von zehn Prozent an.

Der US-Sportartikelriese Nike wächst nicht mehr. Der Umsatz der weltweiten Nummer eins vor Adidas lag im abgelaufenen vierten Quartal 2023/24 (per Ende Mai) mit 12,6 Milliarden Dollar währungsbereinigt nur auf Vorjahresniveau, wie Nike am Abend nach US-Handelsschluss mitteilte. Analysten hatten im Schnitt 12,8 Milliarden erwartet.

Vor allem in den USA kämpft Nike mit der Konkurrenz neuer, hipper Marken wie Hoka von Deckers oder der von Tennisstar Roger Federer unterstützten On. Die neue Strategie, mehr auf den direkten Verkauf ohne Umweg über den Einzelhandel zu setzen, ging im vierten Quartal nicht auf. Ausgerechnet in dem Segment schrumpften die Umsätze, die Margen waren unter Druck.

Analysten glauben, dass es einige Zeit dauern wird, bis Nike die Nachfrage beleben kann - schlicht, weil Innovationen und neue Produktlinien Zeit brauchen. Die Nike-Aktie gab nachbörslich um 4,7 Prozent nach. Da half es nichts, dass der Nettogewinn im vierten Quartal mit 1,50 (1,03) Milliarden Dollar um 45 Prozent über Vorjahr lag. Preis-Initiativen sowie niedrigere Fracht- und Lagerkosten ließen die Bruttomarge steigen. Die Marketingausgaben hielt Nike konstant, de Verwaltungskosten sanken nach einem Sparprogramm um neun Prozent

Düstere Geschäftsaussichten belasten Walgreens Boots Alliance. Die US-Apothekenkette senkte heute ihre Gewinnprognose und kündigte an, weitere umsatzschwache Filialen in den USA schließen zu wollen. Wie viele Filialen dicht gemacht werden, gab der Konzern nicht bekannt. An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an: Walgreens-Aktien brechen um rund ein Viertel ein auf 11,72 Dollar - der niedrigste Stand seit 27 Jahren.

Für das laufende Geschäftsjahr 2023/24 rechnet der Konzern nun mit einem bereinigten Gewinn je Aktie von 2,80 bis 2,95 Dollar statt von 3,20 bis 3,35 Dollar. Walgreens leidet unter dem schwachen Einzelhandelsumfeld in den USA und dem Druck auf Kostenerstattungen. Verbraucherinnen und Verbraucher halten sich wegen der anhaltenden Inflation beim Kauf rezeptfreier Gesundheitsprodukte zurück.

In den ersten neun Monaten erhöhte sich so der Nettoverlust auf 5,6 Milliarden Dollar von 2,9 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Der Vorstand erklärte, man sei an einem Punkt angelangt, an dem das derzeitige Apothekenmodell nicht mehr nachhaltig sei. Das Unternehmen rechne damit, dass das herausfordernde Umfeld in der Pharmaindustrie und die schleppende Verbrauchernachfrage bis ins Geschäftsjahr 2025 anhalten werden

Die Raumfahrtfirma SpaceX des Milliardärs Elon Musk soll in einer weiteren Finanzierungsrunde offenbar mit 210 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 196 Milliarden Euro) bewertet werden. Dieses Volumen werde bei der Platzierung von weiteren Anteilen bei Investoren angestrebt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das wären 30 Milliarden Dollar mehr als bei dem Verkauf von Anteilen im Dezember. Das Unternehmen wollte die Informationen nicht kommentieren.

Das deutsche KI-Startup Helsing spricht einem Zeitungsbericht zufolge mit Investoren über eine Finanzspritze von knapp 500 Millionen Dollar. Das würde eine Bewertung von 4,5 Milliarden Dollar ergeben, berichtete die "Financial Times". Helsing sei im Gespräch mit Investoren aus dem Silicon Valley, darunter Accel und Lightspeed Venture Partners, die beide bei dem Unternehmen einsteigen würden. Helsing aus München entwickelt Software und Künstliche Intelligenz (KI), die im Bereich der Verteidigung zum Einsatz kommt. Das Unternehmen arbeitet dabei mit Streitkräften, Behörden und der Industrie zusammen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 27. Juni 2024 um 09:00 Uhr.