Wall Street ohne Schwung Die Luft ist raus
Die Trump-Rally an der Wall Street scheint langsam abzuebben. Den Märkten fehlten heute Impulse, auch weil neue Konjunkturdaten ambivalent ausfielen. Der DAX hingegen legte kräftig zu.
Die US-Aktienmärkte starteten verhalten in den Tag und daran hat sich heute auch bis zum Handelsende nichts geändert. Die Anleger agierten vorsichtig, auch weil neue Konjunkturdaten keine klare Botschaft verbreiteten.
Während die großen Indizes zunächst lange um ihre Schlussstände schwankten, ging es in der zweiten Sitzungshälfte deutlicher bergab. Am Ende schloss der Leitindex Dow Jones bei 43.750 Zählern um 0,47 Prozent leichter. Ähnlich der marktbreite S&P-500-Index, der 0,6 Prozent abgab und bei 5.949 Punkten aus dem Handel ging.
Die Technologiebörse Nasdaq gab 0,63 Prozent nach, der Auswahlindex Nasdaq 100 fiel um 0,65 Prozent zurück.
Zuletzt standen die US-Finanzmärkte ganz unter dem Eindruck der kommenden Präsidentschaft von Donald Trump und feierten sich geradezu überschwänglich. Nach dem Sieg Trumps war der Dow binnen weniger Tage um mehr als sechs Prozent gestiegen und hatte dabei einen Rekord nach dem anderen erreicht. Ähnlich war das Bild an der Nasdaq-Börse.
Seit drei Tagen ist dieser Aufwärtsdrang jedoch erlahmt. Die heftige Reaktion zuletzt mag überraschen, da vor der Wahl an den Finanzmärkten ohnehin überwiegend von einem Wahlsieg Trumps ausgegangen worden war. Tatsächlich aber sind die wirtschaftspolitischen Vorhaben des früheren und neuen US-Präsidenten voraussichtlich so folgenreich, dass sie auch an den Finanzmärkten schon jetzt tiefe Spuren hinterlassen.
Die am Nachmittag veröffentlichten Zahlen zu den US-Erzeugerpreisen sorgten für Diskussionen. Die Jahresrate stieg im September von 1,9 Prozent im Vormonat auf 2,4 Prozent. Volkswirte hatten lediglich mit 2,3 Prozent gerechnet. Gleichzeitig ging die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe weiter zurück. Die Daten sprechen eher für ein vorsichtiges Vorgehen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei weiteren Zinssenkungen.
Dies schürte Sorgen um die künftigen Schritte der Fed, die versucht, mit erhöhten Zinsen die Inflation in Schach zu halten und den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. "Die Anleger scheinen jetzt eine Bestandsaufnahme zu machen und sind unsicher, ob sie ihre Portfolios aufstocken sollen", kommentierte David Morrison, Chefanalyst beim Broker Trade Nation.
Andere Experten zeigten sich gelassen. "Die Daten deuten weiterhin darauf hin, dass sich die Inflation und die Beschäftigungszahlen immer noch in Richtung einer weichen Landung der US-Wirtschaft bewegen", sagte etwa Keith Buchanan, Portfoliomanager beim Investitionsberater Globalt.
Ein zentrales Anliegen von Trump ist die Einführung von Zöllen und niedrigere Steuern. Auch der illegalen Einwanderung will er einen Riegel vorschieben. Die Maßnahmen dürften in den USA allerdings zu höherer Inflation führen. Ökonomen erwarten daher, dass der Spielraum für weitere Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve schwinden wird.
Der Dollar ist daher momentan so stark wie lange nicht mehr, für einen Euro mussten im US-Handel zuletzt nur 1,0520 Dollar bezahlt werden. Bei 1,0499 Dollar markierte die europäische Gemeinschaftswährung heute den tiefsten Stand seit einem Jahr. Vor der Wahl waren es noch bis zu 1,09 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0533 (Mittwoch: 1,0629) Dollar fest.
Positiv aufgenommene Nachrichten aus dem Unternehmenssektor haben heute dafür gesorgt, dass die Anleger auch ohne Rückenwind der Wall Street wieder an die Frankfurter Börse zurückkehrten. Der Leitindex DAX, der zuletzt mit der Unterstützung bei 19.000 Punkten zu kämpfen hatte, legte am Ende 1,37 Prozent zu auf 19.263 Punkte. Das Tageshoch lag bei 19.307 Zählern.
Auch der zunächst noch schwächere MDAX der mittelgroßen Werte fand den Weg ins Plus und gewann 0,89 Prozent auf 26.474 Punkte. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx50 gewann kräftig 1,97 Prozent.
Besonders die starken Firmenbilanzen der beiden Indexschwergewichte Siemens und Deutscher Telekom zogen den Markt nach oben. Erst gestern hatte Siemens Energy, die ehemalige Kraftwerkstochter von Siemens, mit einem der größten Tagesgewinne bei Unternehmen aus dem DAX von sich Reden gemacht. Die Aktie erreichte heute knapp einen weiteren Rekord bei 47,31 Euro, litt dann aber kurz vor einer Vervierfachung im laufenden Jahr unter leichten Gewinnmitnahmen.
Die Angst vor einer restriktiven Handelspolitik unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump rückte im Gegenzug etwas in den Hintergrund. Aus technischer Perspektive gab dem DAX überdies die erneute erfolgreiche Verteidigung der 19.000-Punkte-Marke Auftrieb.
Anleger feierten heute besonders die Zahlen und den Ausblick von Siemens mit einem Rekordhoch. Bis auf 195,50 Euro ist es mit dem Siemens-Papier heute in der Spitze bergaufgegangen, ehe Gewinnmitnahmen einsetzten. Zuletzt stand das Papier noch knapp fünf Prozent über dem Vortag und damit an der DAX-Spitze.
Konkret meldete der Münchner Technologiekonzern für das vergangene Geschäftsjahr einen Rekordgewinn von neun Milliarden Euro und erwartet für das neue Geschäftsjahr 2024/2025 ein Umsatzwachstum auf vergleichbarer Basis von drei bis sieben Prozent. Im vergangenen Geschäftsjahr 2023/24 verdiente Siemens mit neun Milliarden Euro mehr als je zuvor.
Auch die Telekom-Aktie war gefragt und stieg um rund 3,3 Prozent auf den höchsten Stand seit 2001. Das Tageshoch lag bei 29,11 Euro, zuletzt wurden noch 28,77 Euro bezahlt. Das Bonner Unternehmen erhöhte die Prognose für das operative Ergebnis erwartungsgemäß leicht und stellt nun einen Anstieg von etwas mehr als sechs Prozent auf rund 43 Milliarden Euro in Aussicht.
"Die Wachstumsdynamik ist auf beiden Seiten des Atlantiks ungebrochen", sagte Christian Illek, Finanzchef des Bonner Konzerns, heute bei einer Pressekonferenz. Die Investitionen in die Infrastruktur zahlten sich aus. Sowohl im Inland, im übrigen Europa und in den USA bleibt der Konzern auf Wachstumskurs.
Ihren Konzernumsatz steigerte die Deutsche Telekom im abgelaufenen Quartal um 3,6 Prozent auf 28,5 Milliarden Euro und das operative Ergebnis um 6,4 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro. Der Free Cash Flow, der als Gradmesser für die Dividendenhöhe gilt, legte um 32 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro zu. Bei Letzterem übertraf die Telekom die Erwartungen der von ihr befragten Analysten, die sich sehr positiv zum Zahlenwerk äußerten.
Verlierer des starken Dollars ist das Gold, das in Dollar gehandelt wird und damit für ausländische Käufer teurer wird. Das dämpft die Nachfrage. Der Preis für das gelbe Edelmetall tendierte zuletzt fast unverändert bei 2.573 Dollar und holte damit zumindest größere Tagesverluste auf. Insgesamt liegt der Goldpreis aber bereits fast acht Prozent unter seinem Rekordhoch von Ende Oktober bei 2.790 Dollar.
Der Bitcoin scheint nach dem gestrigen Sprung über die Marke von 90.000 Dollar hingegen auf seinem Rekordkurs nicht zu bremsen zu sein. Die umsatzstärkste Kryptowährung kletterte am Vormittag bis auf eine historische Bestmarke von 91.755 Dollar nach oben, ehe Gewinnmitnahmen einsetzten und den Kurs wieder unter 90.000 Dollar drückten.
Hinter der Rekordjagd am Kryptomarkt stecken in erster Linie Hoffnungen der Anleger auf regulatorische Lockerungen nach dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident.
Die Ölpreise haben am Donnerstag etwas zugelegt. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar kostete zuletzt 72,55 Dollar. Das waren 27 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel zur Lieferung im Dezember stieg um 29 Cent auf 68,72 Dollar zurück. Gestern war der Brentpreis noch zeitweise unter 71 Dollar gefallen.
Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten waren die Ölpreise stark unter Druck geraten. Vor allem der deutlich gestiegene Dollar-Kurs hatte sie belastet. Zudem lastet weiterhin die schwache wirtschaftliche Entwicklung in China und anderen Weltregionen auf den Preisen. Die bisher angekündigten Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Stützung der Konjunktur haben die Märkte nicht überzeugt.
Der Energiekonzern E.ON hat trotz Einbußen in den ersten neun Monaten seine Investitionen erhöht und die Prognose bestätigt. Der bereinigte Konzernüberschuss sank um 25 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Die Investitionen des DAX-Konzerns stiegen um 20 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Die Aktie legte leicht zu.
Aktien von Merck waren hingegen größter DAX-Verlierer. Zwar steigerte der Pharma- und Technologiekonzern sein bereinigtes operatives Ergebnis stärker als erwartet. Doch die Umsätze im Quartal seien hinter den Erwartungen zurückgeblieben, urteilten die Analysten von Raiffeisen Research.
Der in New York ansässige Hedgefonds D.E. Shaw ist eine Wette im Volumen von mehr als 100 Millionen Euro auf fallende Kurse des Leverkusener Pharma- und Agrarkonzerns Bayer eingegangen. Am Dienstag hatte eine erneute Senkung der Ergebnisprognose für 2024 die Bayer-Aktie auf ein 20-Jahres-Tief gedrückt. Bayer-Aktien erholten sich aber heute von den jüngsten Verlusten.
Die Talanx-Aktie war der größte Gewinner im MDAX und stieg deutlich über sechs Prozent. Der Versicherer (HDI) und Mutterkonzern von DAX-Mitglied Hannover Rück stellte für 2024 einen Rekordgewinn von mehr als 1,9 Milliarden Euro in Aussicht. 2025 soll der Überschuss dann die Marke von 2,1 Milliarden Euro überschreiten.
Aktien von SMA Solar rutschen dagegen um über 13 Prozent ab. Der Solartechnik-Konzern hat nach deutlichen Einbußen in den ersten neun Monaten des Jahres erneut seine Umsatz- und Ergebnisprognose für 2024 gesenkt. "SMA kämpft, um zu überleben, da die Konkurrenz aus China brutal ist", sagte ein Händler.
Beim Wirkstoffentwickler Evotec könnte sich ein Übernahmekampf entwickeln. Die Aussicht darauf treibt die Aktie des Unternehmens nachbörslich um über 12 Prozent.
Die US-Biotechfirma Halozyme Therapeutics habe kürzlich Interesse an einem Kauf des Unternehmens für etwa 11 Euro je Aktie geäußert, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Abend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Am Montag war bekannt geworden, dass der Finanzinvestor Triton seine Beteiligung an Evotec in der vergangenen Woche von 5,6 Prozent auf rund 9,2 Prozent aufgestockt hat. Laut einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC vom Freitagabend sind es inzwischen sogar 9,99 Prozent. Laut der Agentur wollte sich Evotec heute zunächst nicht äußern, während Halozyme einen Kommentar abgelehnt habe.
Das Übernahmeangebot aus den USA würde Evotec mit fast 2 Milliarden Euro bewerten. Am Donnerstag war die Aktie bei 8,63 Euro aus dem Xetra-Handel gegangen. Seit Jahresanfang hat das Papier fast 60 Prozent verloren. Neben Triton sind laut Evotec unter anderem der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk mit 8 Prozent und der Staatsfonds des arabischen Emirats Abu Dhabi, Mubadala Investment, mit 7 Prozent an dem deutschen Unternehmen beteiligt.
Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 hat seine Erwartungen für das Gesamtjahr wegen eines Rückgangs der TV-Werbeerlöse zurückgeschraubt. Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis dürfte den angepeilten Zielwert von 575 Millionen nicht erreichen, teilt das Unternehmen heute mit.
Der Konzernumsatz sank im dritten Quartal um 1 Prozent auf 882 Millionen Euro, das bereinigte Betriebsergebnis (adjusted Ebitda) fiel im Jahresvergleich um sechs Prozent auf 104 Millionen Euro. Wegen der andauernden Wirtschaftsflaute und der Konsumzurückhaltung der Verbraucher investieren die Unternehmen weniger in TV-Werbung. Dieses margenstarke Geschäft dürfte sich auch im laufenden Quartal rückläufig entwickeln, teilte ProSiebenSat.1 mit. Weiter gewachsen sind dagegen die digitalen und smarten Werbeumsätze, vor allem dank der Streamingplattform Joyn.
ProSiebenSat.1 peilt weiter einen im Vergleich zum Vorjahr leicht steigenden Konzernumsatz von rund 3,95 Milliarden Euro an - das wären 100 Millionen mehr als im Vorjahr. Aber "aufgrund der sich verstärkt eintrübenden Entwicklung des TV-Werbemarkts erwartet ProSiebenSat.1 derzeit ein adjusted Ebitda unter 575 Millionen Euro" und damit ein Ergebnis unter Vorjahr. Die untere Grenze der Zielbandbreite von 525 Millionen Euro bekräftigte das im SDAX notierte Unternehmen.
Der Einzelhandelsimmobilien-Spezialist Deutsche Euroshop blickt nach neun Monaten optimistischer auf das Gesamtjahr. Im laufenden Jahr sollten die Ergebniszahlen sowohl beim Ergebnis als auch beim Umsatz etwas besser ausfallen als bislang in Aussicht gestellt.
In den ersten neun Monaten des Jahres gab der Umsatz wegen Leerständen infolge von Baumaßnahmen um 1,6 Prozent auf 200 Millionen Euro nach. Vor Steuern und Zinsen verdiente das Unternehmen aber mit knapp 163 Millionen Euro rund 4,7 Prozent mehr. Unter dem Strich kletterte der Gewinn aufgrund eines verbesserten Bewertungsergebnisses um gut ein Fünftel auf 82,5 Millionen Euro.
Deutsche Euroshop war Ende September nach zweijähriger Abwesenheit in den Nebenwerteindex SDAX zurückgekehrt. Zum Portfolio zählen unter anderem das Main-Taunus-Zentrum nahe Frankfurt am Main und die Altmarkt-Galerie in Dresden.
Der niederländische Chipindustrieausrüster ASML hält trotz zuletzt schwierigerer Geschäfte an seinen weit gefassten längerfristigen Zielen fest. Schwung liefern soll auch die zunehmende Bedeutung der Künstlichen Intelligenz (KI). Die zuletzt auch wegen des tristeren Jahresausblicks arg gebeutelten Aktien legten an der Börse in Amsterdam heute deutlich zu. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 260 Milliarden Euro ist ASML eines der Schwergewichte im EuroStoxx50-Index.
Filmkassenschlager wie "Inside Out 2" und "Deadpool & Wolverine" sowie das Streaming-Geschäft haben Walt Disney im abgelaufenen Geschäftsjahr angetrieben. Zudem zahlt sich der Sparkurs von Disney-Chef Robert Iger aus. Die Profitabilität ist gestiegen.
Sowohl Umsatz als auch Gewinn fielen besser aus als von Analysten erwartet. Für das neue Geschäftsjahr 2024/25 plant Iger weiteres Gewinnwachstum. All dies treibt die Disney-Aktie zunächst um rund zehn Prozent an die Dow-Spitze, am Ende stand noch ein Plus von knapp 6,29 Prozent auf dem Kurslaufband.
Der Netzwerk-Ausrüster Cisco blickt auch wegen der Aufregung um das Thema Künstliche Intelligenz optimistisch auf das laufende Quartal. Der Umsatz dürfte im zweiten Geschäftsjahresviertel bei 13,75 bis 13,95 Milliarden Dollar liegen. Es wäre das erste Plus seit einem Jahr.
Trotzdem gehörte die Aktie zu den Verlierern im Dow und gab um 2,1 Prozent nach. Analysten lobten zwar die Quartalsbilanz des Netzwerkspezialisten; Experte David Vogt von der Bank UBS schrieb jedoch, dass die Profitabilität erst einmal den Zenit erreicht haben könnte.
Neben Cisco gerieten auch andere IT- und Technologieaktien im Dow unter Druck. So verloren Salesforce und IBM ebenfalls rund drei beziehungsweise ein Prozent.