Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

Nervöser US-Handel Kann der KI-Boom weitergehen?

Stand: 20.02.2024 22:19 Uhr

Vor den wichtigen Geschäftszahlen des auf KI-Anwendungen spezialisierten Chipkonzerns Nvidia stieg die Nervosität an der Wall Street. Kann der KI-Boom weitergehen? So mancher Investor machte da Kasse.

Nachdem die US-Börsen gestern wegen eines Feiertages geschlossen waren, begann heute an der Wall Street die verkürzte Woche. Dabei machte die Nervosität vor den Nvidia-Geschäftszahlen am Mittwoch nach Börsenschluss den Anlegern zu schaffen. So mancher machte dabei vor dem wichtigen Zahlenausweis Kasse.

Der Dow Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, hielt sich am Ende am besten. Der Index fiel moderat um 0,17 Prozent auf 38.563 Punkte. Deutlich angespannter die Lage an der Nasdaq, die stärker nachgab. Der Composite-Index verlor 0,92, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab um 0,79 Prozent nach. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4.975 Punkten aus dem Handel, ein Tagesverlust von 0,6 Prozent.

Kaum ein anderes Unternehmen an der Street steht so für den jüngsten KI-Boom wie Nvidia, das seine Ergebnisse für das vierte Quartal morgen nach US-Börsenschluss vorlegt. Die starke Nachfrage nach Spezialchips für KI-Anwendungen hat die Aktie seit Anfang 2024 um fast 50 Prozent in die Höhe getrieben. Dabei dürfte der Quartalsbericht Analysten zufolge zeigen, wie nachhaltig der Aufwärtspotenzial bei der gefragten neuen Technologie wirklich ist.


"Der Hintergrund der Nvidia-Rally ist unserer Meinung nach eine Mischung aus Angst, Gier und einer wahllosen Jagd der Investoren nach allem, was mit der KI zu tun hat", schrieben die Experten der Bank of America. Sie mahnten dabei zur Vorsicht. "Man darf nicht die eigentliche Leistung und Gewinne des Unternehmens vergessen."

An den Märkten verfestigt sich zudem die Wahrnehmung, dass die US-Notenbank die Zinsen länger auf dem aktuell hohen Niveau halten wird, um die Inflationsgefahr angesichts der robusten Wirtschaft einzudämmen. Hoffnungen zu Jahresbeginn, dass die Fed bereits im März mit Zinssenkungen beginnt, sind am Markt Ernüchterung gewichen. Auch für den Mai sind die Anleger zunehmend pessimistisch in Anbetracht der hartnäckigen Inflationsdaten.

Vor dem Wochenende war ein überraschend deutlicher Anstieg der Erzeugerpreise im Januar bekannt geworden, der den Inflations- und Zinssorgen neue Nahrung gegeben hatte. Auch die Zinssenkungen in China halfen nicht. Die chinesischen Börsen hatten trotzdem im Minus geschlossen.

"Es gibt zwei große Themen, mit denen die Anleger gerade zu kämpfen haben", sagte Peter Andersen, Gründer des Vermögensverwalters Andersen Capital in Boston. "Das erste ist die künftige Geldpolitik der großen Notenbanken. Das zweite ist die weitere Entwicklung des Booms rund um die Künstliche Intelligenz." Wenn die Investoren die anstehenden Geschäftszahlen des US-Branchenriesen Nvidia erst einmal verdaut haben, würden sie vielleicht ihre hochgeschraubten Erwartungen in Bezug auf die KI anpassen.

Abseits des Tech-Booms hat ein starkes Abschneiden des Handelsriesen Walmart auf dem US-Heimatmarkt dessen Aktien heute ein Rekordhoch beschert. Erstmals in ihrer Börsenhistorie überquerte der Kurs die Marke von 180 Dollar. Zuletzt stand ein Aufschlag von 3,23 Prozent auf 175,86 Dollar zu Buche. Damit lagen Walmart unangefochten auf Platz eins im Dow. Im bisherigen Jahresverlauf zählt das Papier mit einem Anstieg von fast 11 Prozent zu den stärksten Titeln im Leitindex. Analysten äußerten sich sehr positiv zum Ergebnis, das rund zehn Prozent über den Erwartungen lag.

Dass Walmart eine milliardenschwere Übernahme des SmartTV-Herstellers Vizio stemmen will, trübte die gute Stimmung an der Wall Street nicht ein. Vielmehr näherte sich der Börsenwert des Unternehmens der runden Marke von 500 Milliarden Dollar - zuletzt lag der Wert bei rund 480 Milliarden Dollar. Damit macht Walmart im Dow Jones nun dem Krankenversicherer UnitedHealth den fünften Rang streitig.

In einem eher impulslosen Handel haben die Anleger nach dem verhaltenen Wochenauftakt heute erneut zurückhaltend agiert in einer engen DAX-Handelsspanne zwischen 17.019 und 17.084 Punkten. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 17.068 Punkten prozentual mit einem leichten Minus von 0,14 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte gab deutlicher nach. Er ging bei 25.758 Punkten aus dem Handel, ein Minus von 0,98 Prozent.

Der DAX bleib damit wie auch am Vortag über der wichtigen Unterstützungsmarke von 17.000 Punkten und damit auf hohem Niveau. Am Freitag hatte der Index bei 17.198 Punkten sein bisheriges Allzeithoch erreicht. Die Bestmarke bleibt damit in Reichweite.

Laut Thomas Altmann, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter QC Partners, scheint die runde Marke von 17.000 Punkten eine gute Unterstützung zu sein. Der DAX müsse jetzt zeigen, ob er sich dauerhaft oberhalb der Marke von 17.000 Punkten etablieren könne. Wichtig dafür sei, dass keine Gewinnmitnahmen im großen Stil einsetzten.

Update Wirtschaft vom 20.02.2024

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24

Von Gewinnmitnahmen oder gar einem Ausverkauf kann keine Rede sein. Vielmehr blicken die Anleger gespannt auf die weitere Geldpolitik der großen Notenbanken, von denen Zinssenkungen erwartet werden. Wie auch in New York blicken auch die heimischen Anleger zudem gespannt auf die Ergebnisse von Nvidia am Mittwoch.

Die Zinshoffnungen sind aber hierzulande bestimmend und übertreffen damit auch die aktuell schwierige Wirtschaftslage. Heute gab es einen weiteren Mosaikstein hierzu, denn Experten äußerten sich sehr besorgt über den Zustand der deutschen Bauwirtschaft.

Der Euro hat heute seinen Erholungskurs schwungvoll fortgesetzt. Die Gemeinschaftswährung übersprang die Marke von 1,08 Dollar und erreichte bei 1,0839 Dollar den höchsten Stand seit Anfang Februar. Zuletzt notierte der Eurokurs im US-Handel wieder etwas tiefer. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0802 (Montag: 1,0776) Dollar fest.

Am Dienstag vor einer Woche hatte der Euro stark darunter gelitten, dass sich der Preisauftrieb in den Vereinigten Staaten zu Jahresbeginn nur moderat abgeschwächt hatte. Damit erhielten die Hoffnungen, dass die US-Notenbank ihre Zinsen schnell senken wird, einen weiteren Dämpfer. Allerdings berappelte sich der Euro zuletzt wieder deutlich. Denn auch in der Eurozone sind schnelle Zinssenkungen noch nicht ausgemacht.

Die Ölpreise haben ihre Verluste hingegen ausgebaut. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete XX Prozent weniger. Laut Experten belastete vor allem die Angst vor einem schwächeren Wachstum in China die Preise.

Im Januar wurden nach Angaben des Herstellerverbandes ACEA mit knapp 852.000 Neuwagen zwölf Prozent Autos mehr in der Europäischen Union zugelassen als im Vorjahresmonat. Alle großen Einzelmärkte seien gewachsen, erklärte ACEA. Das lag teilweise an einem statistischen Basiseffekt, da der Vergleichsmonat Januar 2023 nach einer Kürzung der E-Auto-Förderung hierzulande schwach ausgefallen war. Der Volkswagen-Konzern hielt im Januar seine Position als Marktführer in der EU mit einem Anteil von rund 26 Prozent. Auf Platz zwei verbesserte sich der Opel-Mutterkonzern Stellantis leicht auf 19 Prozent.

Im DAX konnten die Autowerte den Impuls der Absatzzahlen nicht aufnehmen. VW, BMW, Porsche, Continental und Mercedes-Benz notierten allesamt im Minus. Stärkster DAX-Wert war die Aktie von Heidelberg Materials nach einer Hochstufung durch die Barclays Bank. Auch Aktien des Rückversicherers Munich Re steigen wie zuletzt weiter und etablieren sich dabei über 400 Euro. Gewinnmitnahmen machten laut einem Händler den Aktien von Siemens Energy zu schaffen und drückten diese ans DAX-Ende.

Trotz der Aussicht auf geringere Dividenden gaben die Papiere des Pharma- und Chemiekonzerns nur moderat nach. Der Schritt war von Analysten erwartet worden. Bereits gestern nach Börsenschluss hatte Bayer erklärt, seine Dividende drei Jahre lang zum Schuldenabbau auf das gesetzlich geforderte Minimum zusammenzustreichen. Für das vergangene Jahr ergebe sich eine Ausschüttung von 0,11 Euro je Aktie. Im vergangenen Jahr hatten die Aktionäre noch 2,40 Euro je Aktie an Dividende erhalten.

Die Deutsche Bank will das Angebot von Finanzdienstleistungen ihrer Tochter Postbank in Post-Partnerfilialen bis Ende 2025 aufgeben. Von der Maßnahme betroffen sind der Zeitung zufolge rund 1.800 Partnershops der Post, etwa Schreibwarenläden oder andere Einzelhändler. Diese bieten neben den Dienstleistungen der Deutschen Post auch Finanzdienstleistungen der Postbank an, zum Beispiel die Ausgabe von Bargeld.

Im MDAX ist die Aktie des Dialysespezialisten Fresenius Medical Care im Verlauf deutlicher ins Minus gedreht. FMC übertraf zwar laut Analysten die hauseigenen Ziele für 2023 leicht und lag auch mit den Zielspannen für Umsatz und operatives Ergebnis 2024 leicht über den Erwartungen, doch das reichte letztlich nicht aus. Das bereinigte operative Ergebnis legte im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro zu. Währungsbereinigt stand ein Plus von 15 Prozent zu Buche, womit FMC seine Prognose eines Anstiegs um zwölf bis 14 Prozent übertraf.

Analystin Lisa Bedell Clive von Bernstein Research erinnerte daran, dass die FMC-Aktie seit dem Zahlenwerk des US-Dialyseanbieters Davita vor rund einer Woche deutlich gestiegen war. Da habe die Konkurrentin für die USA über ein leichtes bereinigtes Wachstum bei den Behandlungen berichtet und ein Plus bei den Patientenzahlen von ein bis zwei Prozent für 2024 in Aussicht gestellt. FMC dagegen habe für das vierte Quartal ein bereinigtes Behandlungswachstum auf Vorjahresniveau ausgewiesen und bislang keine spezifischen Wachstumsziele für das neue Jahr genannt.

Trotz der Flugausfälle bei der Lufthansa hielt sich die Aktie im MDAX auf Vortagesniveau. Wegen eines erneuten Warnstreiks des Bodenpersonals fallen 80 bis 90 Prozent der Flüge der Kernmarke der Fluggesellschaft in Deutschland aus.

Der auf Arztpraxen und Krankenhäuser spezialisierte Softwareanbieter Compugroup soll die Dividende verdoppeln. Einen entsprechenden Beschluss habe die persönlich haftende Gesellschafterin der in der Rechtsform SE & Co. KGaA firmierende Firma beschlossen, teilte das Unternehmen am Abend mit.

Vor dem Hintergrund der stabilen Finanz- und Ertragslage solle die Dividendenzahlung nachhaltig auf ein höheres Niveau angehoben werden, hieß es zur Begründung. Die Gesellschafterin will daher der Hauptversammlung vorzuschlagen, diese für das Geschäftsjahr 2023 auf 1,00 Euro zu verdoppeln. Analysten rechnen bisher nur mit 0,60 Euro. Der Aufsichtsrat werde sich mit der Anhebung der Dividende befassen, sobald die endgültigen Geschäftszahlen für das Jahr 2023 vorlägen, hieß es weiter.

Die Erweiterungspläne für die Fabrik des US-Elektroautobauers Tesla in Grünheide bei Berlin stoßen bei einer Bürgerbefragung mehrheitlich auf Ablehnung. Gegen das Vorhaben votierten 3499 Einwohner, 1882 dafür, wie der Bürgermeister von Grünheide am Abend mitteilte. Die Bürgerbefragung ist allerdings nicht bindend.

Tesla verfügt in Grünheide bereits über eine Fläche von 300 Hektar, auf der das Unternehmen die E-Auto-Fabrik betreibt. Tesla will die Produktion dort schrittweise erhöhen und auch sein Werksgelände erweitern. Dafür will Tesla eine weitere Fläche hinzukaufen. Rund 100 Hektar Wald müssten dann gerodet werden. Dort will das Unternehmen einen eigenen Güterbahnhof, Logistikflächen und Sozialräume errichten. Bei Tesla war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 20. Februar 2024 um 09:00 Uhr.