Verluste am Aktienmarkt Wall Street ganz im Zeichen der Nahost-Krise
Auch die Wall Street ist durch die weitere Eskalation im Nahostkonflikt durchgeschüttelt worden, Zinshoffnungen traten zurück. Zuvor war auch die DAX-Erholung abrupt abgewürgt worden.
Die weitere Eskalation des Konflikts im Nahen Osten hat heute wie schon zuvor in Europa für schlechte Stimmung an der Wall Street gesorgt. Nach tagelangen intensiven Luftangriffen marschierten israelische Truppen in den Südlibanon ein und gingen dort gegen Stellungen der Hisbollah-Miliz vor. Der Iran wiederum griff Israel am Abend mit Raketen an.
Allerdings verlief die Reaktion der Anleger nach anfänglich flächendeckenden Verlusten im Verlauf durchaus differenziert. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab moderat um 0,41 Prozent nach auf 42.156 Punkte. Das Tagestief hatte bei 41.945 Punkten gelegen.
Denn während insbesondere die hochbewerteten Technologieaktien größere Verluste einstecken mussten, waren im Gegenzug Öl- und Rüstungsaktien gefragt. Titel von Unternehmen wie Raytheon, Lockheed Martin oder Northrop Grumman im S&P 500 legten teils deutlich zu. Unter den Ölwerten rückten ExxonMobil oder Conoco Phillips vor. Im Dow waren Chevron und Boeing auf der Gewinnerseite, Apple, Intel und Microsoft gaben hingegen nach.
Das Unternehmen Boeing trotzte einem Bericht, wonach sich der Flugzeugbauer mindestens zehn Milliarden Dollar über den Verkauf neuer Aktien beschaffen möchte. Ziel sei es, die durch den laufenden Streik von 33.000 Arbeitern erschöpften Barreserven wieder aufzufüllen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Die Aktie stieg um 1,43 Prozent.
Am Ende verlor die technologielastige Nasdaq 1,53 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 sackte um 1,43 Prozent ab. Der Marktbreite S&P-500-Index verlor 0,93 Prozent auf 5.708 Zähler.
Belastend wirkte sich neben den Spannungen im Nahen Osten auch der Hafenarbeiter-Streik in den USA aus, durch den sämtliche Warenströme in den betroffenen Häfen gestoppt wurden. Analysten befürchten, dass der Ausstand zu Lieferengpässen und höheren Preisen für die Verbraucher führen und die US-Wirtschaft Milliarden US-Dollar kosten könnte. Mit größeren wirtschaftlichen Verwerfungen rechnen die Experten von Capital Economics allerdings nicht. Daten zur Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe und zum Arbeitsmarkt hinterließen in den Kursen kaum Spuren.
Nicht nur Ölwerte profitierten von den Nachrichten zu einem möglichen Flächenbrand im ölreichen Nahen Osten, auch der Ölpreis selbst zog deutlich an. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verteuerten sich zunächst um rund fünf Prozent. Vor dem Angriff des Iran hatte der Stratege Clay Seigle gesagt, dass der wichtige Ölproduzent mit einem Beschuss einen großen Fehler begehen würde.
"Denn Jerusalem wird nicht zögern, seine Militäroffensive auszuweiten und den Iran direkt zu treffen. Und die iranischen Ölvorkommen stehen sehr wahrscheinlich auf der Zielliste." Ein solcher Angriff könne dann die globale Ölversorgung um mehr als eine Million Barrel pro Tag verringern.
Als sich abzeichnete, dass der iranische Beschuss begrenzt war, gaben die Preise wieder nach und notierten am Abend noch rund 2,5 Prozent höher.
Zuletzt waren die Ölpreise trotz der zugespitzten Lage im Nahen Osten tendenziell gefallen. Ein Angriff des Iran könnte dies jedoch ändern. Der Iran ist Mitglied im Ölkartell OPEC. Zuletzt hatten vor allem Angebotssorgen die Ölpreise belastet. Vor allem die anhaltende Konjunkturflaute in China sorgte für Verkaufsdruck bei den Ölpreisen. Im dritten Quartal ist Brent-Öl um etwa 15 Dollar je Barrel billiger geworden.
Trotz der geopolitischen Verwerfungen heute bestimmt an den US-Börsen derzeit das Thema Geldpolitik den Handel. Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Federal Reserve, rechnet in diesem Jahr noch mit zwei weiteren Zinssenkungen um insgesamt 50 Basispunkte. "Wenn sich die Wirtschaft wie erwartet entwickelt, wird sich die Zinspolitik mit der Zeit in Richtung einer neutraleren Haltung bewegen", sagte er.
Er verpasste hingegen Spekulationen einen Dämpfer, dass nach Einleitung der Zinswende mit einer erneuten überraschend starken Zinssenkung um 0,5 Prozent ein vergleichbar großer Schritt auf der Zinstreppe nach unten bevorstehe. "Dies ist kein Ausschuss, der es eilig hat, die Zinsen schnell zu senken", sagte Powell auf der Finanzkonferenz in Nashville im Bundesstaat Tennessee. Einige US-Anleger zeigten sich daraufhin enttäuscht.
Volatil ging es heute auch am Devisenmarkt zu, wird doch der Dollar traditionell in Krisenzeiten gesucht. Zuletzt wurden im US-Handel 1,1069 Dollar für den Euro bezahlt.
Neben den aktuellen Nachrichten aus Nahost belastete aber auch die Aussicht auf eine nur "kleine" Zinssenkung der US-Notenbank um 0,25 Prozent den Euro. Zudem deuten die sinkenden Inflationsdaten in der Eurozone auch auf Zinssenkungen durch die EZB hin, was die Attraktivität der Gemeinschaftswährung schwächt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1086 (Montag: 1,1196) US-Dollar fest.
Auch der Goldpreis zog an und erreichte im Verlauf bei 2.672,99 Dollar knapp ein neues Rekordhoch. US-Staatsanleihen als weiterer "sicherer Hafen" zogen ebenfalls an, die Rendite zehnjähriger Bonds fiel deutlich auf 3,74 Prozent.
Die jüngste Preisentwicklung habe die Zuversicht verstärkt, dass die Inflation rechtzeitig zum angepeilten Zielwert von mittelfristig zwei Prozent zurückkehren werde, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu Beginn der Woche in einer Rede vor dem EU-Parlament. Sie bezog sich damit ausdrücklich auf die jüngsten Inflationsdaten. "Wir werden dies bei unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Oktober berücksichtigen", sagte sie.
Nach Meldungen aus US-Regierungskreisen, dass der Iran einen Raketenangriff auf Israel plant, zogen auch die Anleger an der Frankfurter Wertpapierbörse schnell die Reißleine.
Der DAX drehte in kürzester Frist ins Minus, nachdem er im Tageshoch zuvor noch bei 19.448 Punkten bis knapp an sein Allzeithoch bei 19.491 Punkten gestiegen war. Der deutsche Leitindex ging letztlich bei 19.213 Punkten um 0,58 Prozent schwächer aus dem Handel. Das Tagestief lag bei 19.149 Punkten.
Auch der MDAX der mittelgroßen Werte gab seine Gewinne von deutlich über einem Prozent wieder ab, sank aber am Ende nur leicht um 0,06 Prozent auf 26.837 Punkte. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx 50 sank sogar um 0,93 Prozent auf 4.954 Zähler.
Im Gegenzug stiegen die Kurse am Rentenmarkt. Der Euro Bund Future gewann an der Terminbörse Eurex über 80 Stellen, die Rendite für die marktführende zehnjährige Bundesanleihen sank auf 2,04 Prozent.
Die Furcht vor einer weiteren Eskalation des Konflikts im Nahen Osten hat heute die Aktien von Rheinmetall an die DAX-Spitze gehievt. Die Papiere des Rüstungskonzerns zogen zuletzt um 5,14 Prozent auf 509,60 Euro an und erreichten damit das Niveau von Mitte September. Rüstungswerte wie Rheinmetall sind in Zeiten geopolitischer Spannungen oft gefragt.
Sinkende Inflationsraten schürten vor der Verschärfung der geopolitischen Lage zunächst weiterhin die Zinsfantasie. Die Inflationsdaten aus der Eurozone standen an, nachdem gestern bereits die Verbraucherpreisdaten für Deutschland publiziert worden waren.
Die Inflation in der Eurozone ist dabei im September erstmals seit langem wieder unter zwei Prozent gefallen. Die Verbraucherpreise legten um 1,8 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Dies ist der niedrigste Stand seit April 2021.
"Dass die Inflation deutlich unter die Marke von zwei Prozent fallen würde, war wegen des Rückgangs der Energiepreise klar", kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. Bemerkenswert sei hingegen, dass die Inflation auch ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel gesunken sei.
"Auch wenn diese Kernrate wegen der stark steigenden Löhne in den kommenden Monaten wieder anziehen sollte, wird die EZB ihre Zinsen vermutlich bereits auf der nächsten Sitzung in gut zwei Wochen noch einmal senken."
In einem für Technologiewerte günstigen Umfeld haben die Aktien von SAP heute ihre Rekordjagd wieder aufgenommen, ehe sie mit dem Gesamtmarkt zurückfielen. Die Papiere des Softwarekonzerns erreichten im Verlauf einen neuen Höchststand bei 208,55 Euro, am Ende schlossen sie wenig verändert bei 204,30 Euro.
Der Sektor profitiert von der Aussicht auf weiter sinkende Zinsen im Zuge der mittlerweile vollzogenen Zinswende der großen Notenbanken. Niedrigere Zinsen lassen die erwarteten hohen Gewinne von Wachstumsunternehmen aus dem Technologiebereich aus heutiger Sicht attraktiver erscheinen.
Auch die Aktien von Siemens Energy haben heute ihre monatelange Erholungsrally mit dem Sprung auf ein Rekordhoch gekrönt. Die Papiere des Energietechnikkonzerns erreichten bei 34,65 Euro ihren Höchststand. Zuletzt stand trotz des politischen Gegenwinds noch ein Plus von gut 2,6 Prozent zu Buche. Damit gehörten sie zu den größten Gewinnern im DAX.
Ausschlaggebend für den aktuellen Kursschub von Siemens Energy war eine Einigung mit der US-Justiz. Eine US-Tochterfirma will in den USA mit der Zahlung einer Millionensumme Ermittlungen zum Schummeln bei einer Auftragsbewerbung beenden. Der Fall geht auf 2019 zurück, also auf einen Zeitpunkt vor der Abspaltung von der ehemaligen Mutter Siemens. Nun werde ein Schlussstrich unter die ganze Angelegenheit gezogen, schrieb Analyst Philip Buller von der Privatbank Berenberg.
Im Fokus stand im DAX auch die Covestro-Aktie, die deutlich um gut 3,8 Prozent zulegte. Denn der Ölriese Adnoc ist nach langem Werben bei Covestro am Ziel. Der Staatskonzern aus Abu Dhabi übernimmt den Leverkusener Kunststoffhersteller für bis zu 12,9 Milliarden Euro. Adnoc bietet 62 Euro je Aktie, wie die beiden Unternehmen mitteilten. Zusätzlich zeichnet Adnoc eine Kapitalerhöhung um zehn Prozent, die Covestro weitere knapp 1,2 Milliarden Euro in die Kasse spült.
Die neue Chefin der vom italienischen Konkurrenten UniCredit umworbenen Commerzbank, Bettina Orlopp, hat zu ihrem Amtsantritt die Mitarbeiter auf eine Strategie der Unabhängigkeit eingeschworen. Die Strategie der Commerzbank "basiert auf der Eigenständigkeit der Bank", sagte Orlopp heute in einer Video-Botschaft an die Commerzbank-Belegschaft.
"Das gesamte Vorstandsteam und ich sind von dieser Strategie überzeugt und wir werden uns mit aller Kraft für diese Strategie und die Weiterentwicklung unserer Bank einsetzen." UniCredit-Chef Andrea Orcel sagte dagegen, er sehe in großen und starken Banken einen Vorteil für Europa. Ein fragmentierter Banken-Markt sei ein Hindernis für weiteres Wachstum.
Im Ringen um den Abbau von Überkapazitäten bei Volkswagen in Deutschland wächst der Druck auf das derzeit noch mit Porsche-Modellen beschäftigte VW-Werk in Osnabrück. "Bei Porsche gestaltet sich das China-Geschäft derzeit bekanntermaßen schwierig", erklärten heute VW und Porsche.
"Deshalb kann eine Überlauffertigung für das Werk Osnabrück zukünftig nicht mehr gewährleistet werden." An dem Standort werden derzeit noch Aufträge für die Sportwagenmodelle 718 Cayman und Boxster abgearbeitet, die über die Produktionskapazität im Porsche-Hauptwerk Stuttgart Zuffenhausen hinausgehen. Die Aussage zum schwindenden Bedarf an dieser Überlaufproduktion bezieht sich nicht nur auf diese, sondern auch ein erwartetes künftiges neues Porsche-Modell, wie ein VW-Sprecher ergänzte.
Der Leasingspezialist Grenke hat wie angekündigt rund 2,3 Millionen eigene Aktien zurückgekauft. Dabei habe das SDAX-Unternehmen pro Anteilschein im Durchschnitt 23,92 Euro gezahlt, wie es am Abend in Baden-Baden mitteilte.
Das Gesamtvolumen liegt bei rund 55,4 Millionen Euro und damit unter dem Maximalbudget von rund 70 Millionen Euro, das Grenke für den Aktienrückkauf eingeplant hatte. Die zurückgekauften Aktien entsprechen knapp fünf Prozent des ausstehenden Kapitals.
Der Sportartikel-Konzern Nike hat im Olympia-Sommer einen deutlichen Umsatzrückgang verbucht. Im Ende August abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal schrumpften die Erlöse im Jahresvergleich um zehn Prozent auf 11,6 Milliarden Dollar. Unter dem Strich fiel der Gewinn um 28 Prozent auf 1,05 Milliarden Dollar (950 Mio Euro). Die Nike-Aktie sackte nachbörslich in New York deutlich um über sechs Prozent ab.
Nike will die Probleme unter anderem mit einem Chefwechsel in den Griff bekommen: Mitte Oktober kehrt der frühere Top-Manager Elliott Hill aus dem Ruhestand zum Adidas-Konkurrenten zurück und übernimmt den Spitzenjob. Zur Strategie seines Vorgängers John Donahoe gehörte, stärker auf Direktverkäufe zu setzen. Die Kehrseite war jedoch, dass der von Nike aufgegebene Regalplatz in Läden durch Produkte der Konkurrenz gefüllt wurde. Dadurch wurden die Rivalen mehr von Verbrauchern wahrgenommen.