Federal Reserve Bank, Washington, USA
marktbericht

Was macht die Fed? Zinssorgen und kein Ende

Stand: 18.04.2024 22:23 Uhr

Bei nervösem Handel haben die großen Wall-Street-Indizes Anfangsgewinne nicht halten können. Belastet wird der Markt insbesondere durch nachlassende Zinsfantasien. Auch der DAX konsolidierte weiter.

Ein früher Erholungsversuch ist an der Wall Street im Verlauf gescheitert. Die großen Aktienindizes gingen am Ende uneinheitlich aus dem Handel und konnten nicht mehr an ihre Tageshochs im frühen Geschäft anknüpfen und wechselten mehrfach das Vorzeichen. Die Gewinne im frühen Geschäft hatten zuvor den DAX noch nach oben gezogen.

Der Leitindex Dow Jones schwankte zwischen 37.681 und 38.083 Punkten. Am Ende ging der Index bei 37.775 Zählern um 0,06 Prozent höher und damit kaum verändert aus dem Handel. An der Technologiebörse Nasdaq überwogen hingegen die Minuszeichen, der Composite Index verlor 0,52, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,57 Prozent.

Am Vortag waren besonders die Papiere aus der Chip-Industrie unter Druck geraten, dies setzte sich heute fort. NXP Semiconductors, Applied Materials und Qualcomm verloren an Boden. Auch der marktbreite S&P-500-Index schloss leicht um 0,22 Prozent im Minus.

Insgesamt setzte sich damit der zuletzt uneinheitliche Trend an der New Yorker Weltleitbörse fort. Vor allem schwindende Zinsfantasien haben den Markt letztlich mal wieder ausgebremst. An den Märkten wird zunehmend darüber spekuliert, dass eine erste Lockerung erst im September kommen könnte. Auch am Rentenmarkt zogen die Renditen im Verlauf wieder an.

Währungshüter John Williams sagte, die Fed sei angesichts der starken Wirtschaft und hartnäckiger Inflation nicht in Eile, das Leitzinsniveau zu senken. Starke Signale kamen erneut vom US-Arbeitsmarkt: die Zahl der Amerikaner, die letzte Woche neue Anträge auf Arbeitslosenunterstützung stellten, blieb auf niedrigem Niveau unverändert. In der vergangenen Woche stagnierten sie bei 212.000.

Ein Wiederaufleben der Rally zum Jahresstart an den Aktienmärkten sei nicht wahrscheinlich, solange die Marktteilnehmer von länger hochbleibenden Zinsen ausgingen, sagte Pierre Veyret, Analyst bei ActivTrades. "Es besteht sogar das Potenzial für eine noch tiefere Korrektur, wenn die Anleger sich mehr Sorgen über die monetäre, geopolitische und unternehmerische Sphären machen."

Die Angst vor einer Eskalation im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel treibt die Investoren zudem weiterhin um, so auch heute. Deutlich wurde dies vor allem am Goldpreis, der sich wieder dem am Freitag erreichten Allzeithoch von 2.431 Dollar je Feinunze näherte. Das Edelmetall, das gerne als sicherer Hafen angesteuert wird, verteuerte sich in der Spitze um ein Prozent auf 2.383 Dollar je Feinunze.

Nach einem negativen Analystenkommentar gerieten Tesla unter die Räder. Die Aktien des E-Auto-Bauers verloren 3,57 Prozent auf 149,90 Dollar, nachdem die Deutsche Bank ihre Bewertung herabgestuft hatte. "Die Verzögerung der Arbeiten am Model 2 birgt das Risiko, dass Tesla in absehbarer Zeit kein neues Fahrzeug für den Endverbraucher anbietet, was das Volumen und die Preise für viele weitere Jahre unter Druck setzen würde", sagte Emmanuel Rosner, Analyst der Deutschen Bank.

Auch James Tierney vom Vermögensverwalter AllianceBernstein zeigte sich skeptisch: "Der Absatzmarkt für Elektrofahrzeuge ist umkämpft wie nie - mit drastischen Konsequenzen", schrieb der Chefinvestor. Der einstige Börsenliebling Tesla müsse seine Stellung verteidigen, werde aber von der Konkurrenz "links überholt".

Im Tagestief fiel die Aktie erstmals seit Anfang 2023 unter 150 Dollar bei 148,70 Dollar. Allein im bisherigen Börsenjahr 2024 summiert sich der Kursverlust auf rund 40 Prozent. Damit zählen die Papiere zu den größten Verlierern im Auswahlindex Nasdaq 100

Das Unternehmen will sich derweil einem Medienbericht zufolge von 300 Mitarbeitern an seinem deutschen Standort Grünheide trennen. Von dem Jobabbau ab Montag seien zunächst Leiharbeiter betroffen, berichtete das digitale Wirtschaftsmagazin "Business Insider" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Mit einem kräftigen Neukundenzuwachs hat Netflix die Markterwartungen das zweite Quartal in Folge deutlich übertroffen. Der Kundenstamm sei um 9,3 Millionen gewachsen, teilte der Streaming-Anbieter am Abend nach Handelsschluss mit. Das ist fast doppelt so stark wie von Anlaysten vorhergesagt. Dadurch stieg der Umsatz um fast 15 Prozent auf 9,4 Milliarden Dollar. Der Gewinn verdoppelte sich nahezu auf 5,28 Dollar je Aktie. Das Management zeigte sich in einem Kommentar zum Ergebnis zuversichtlich.

Netflix signalisierte unterdessen, dass das Wachstum weitergehen werde. Für das laufende Quartal stellte der Dienst ein Umsatzplus von rund 16 Prozent in Aussicht. Im vergangenen Vierteljahr stiegen die Erlöse im Jahresvergleich um rund 15 Prozent auf 9,37 Milliarden Dollar (8,8 Mrd. Euro). Der Quartalsgewinn sprang von 1,3 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf 2,33 Milliarden Dollar hoch.

Netflix hat nun weltweit 269,6 Millionen zahlende Kunden. Zugleich will der Dienst vom kommenden Jahr an nicht mehr jedes Quartal über die aktuelle Nutzerzahl informieren. Das war für Marktbeobachter bisher ein wichtiger Gradmesser für den Wettbewerb mit Disney und anderen Streaming-Anbietern. Die Netflix-Aktie gab im nachbörslichen Handel zeitweise um rund vier Prozent nach.

Frühe Kursgewinne an den US-Börsen haben den DAX moderat im Plus schließen lassen. Am Ende ging der deutsche Leitindex bei 17.837 Punkten um 0,38 Prozent höher aus dem Handel. Gestern hatte der DAX zum Handelsschluss kaum verändert bei 17.770 Punkten notiert.

Bei meist nervösem Handel lag die Handelsbandbreite zwischen 17.720 und 17.863 Punkten. Mit Kursen unter 18.000 Punkten blieben die Perspektiven allerdings getrübt, lautet die Einschätzung der Marktbeobachter der Helaba. Der MDAX der mittelgroßen Werte stand mit einem Plus von 1,01 Prozent auf 26.189 Punkte klar besser da.

Insgesamt sucht der Index derzeit besonders seine Richtung, nachdem er nach Ostern in eine Konsolidierungsphase eingetreten war. Hintergrund ist besonders die weiter unklare Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Nur schwer verdaulich scheint für viele Anleger, dass die Fed die von den Anlegern herbeigesehnte Zinssenkung auf die lange Bank schiebt. An den Märkten wird nun darüber spekuliert, dass eine erste Lockerung erst im September kommen könnte.

Hinzu kommt die Angst vor einer Eskalation im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende. Noch immer ist nicht klar, wie Israel auf den Angriff reagieren wird. Hinter den Kulissen glühen diesbezüglich die diplomatischen Drähte. Zudem wird in der Ukraine weiter erbittert gekämpft, ein Ende ist weiter nicht in Sicht.

Im DAX fielen unter den Einzelwerten Sartorius-Vorzugsaktien nach schwachen Quartalszahlen besonders negativ auf mit einem Kursverlust von 15,4 Prozent. Ein ungewöhnlich heftiger Einbruch für einen DAX-Wert.

Konkret kämpft der Göttinger Labor- und Pharmazulieferer Sartorius mit einer anhaltend schwachen Nachfrage aus China. Im Auftaktquartal sank der Umsatz um gut neun Prozent auf 820 Millionen Euro. Währungsbereinigt stand ein Minus von 7,6 Prozent zu Buche. Das operative Ergebnis (Ebitda) fiel um knapp 14 Prozent auf 234 Millionen Euro. Unter dem Strich ging der Gewinn in den ersten drei Monaten auf 70 Millionen von 116 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum zurück. Der Start ins Jahr sei schwächer ausgefallen als befürchtet, sagte Odysseas Manesiotis, Analyst bei der Berenberg Bank.

Die völlig andere Zinssituation in Europa hilft den europäischen Märkten derzeit nicht, zu groß ist der Einfluss der Fed. Dabei wird laut LSEG-Daten erwartet, dass die Gewinne europäischer Firmen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 12,1 Prozent zurückgehen werden.

Gedämpfte Erträge könnten eine schwächelnde Konjunktur widerspiegeln, sagte Ipek Ozkardeskaya, Marktanalystin bei der Swissquote Bank. Dies gäbe der Europäischen Zentralbank einen weiteren Grund, die Zinsen zu senken, was wiederum die Risikobereitschaft für europäische Aktien steigern könnte.

Mehrere hochrangige EZB-Notenbanker haben zuletzt Hoffnungen gemacht, dass schon im Juni die Zinsen fallen werden, unter anderem Bankchefin Christine Lagarde. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel tatsächlich schon im Juni erstmals wieder die Zinsen senken. Der EZB-Rat habe sich nicht festgelegt, sagte Nagel der "WirtschaftsWoche". "Wir werden in den nächsten Wochen die eingehenden Daten genau analysieren und dann entscheiden. Aber eine Leitzinssenkung im Juni ist wahrscheinlicher geworden."

Die Konjunktur in Deutschland hat sich nach Einschätzung der Bundesbank zudem etwas aufgehellt. "Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im ersten Quartal leicht zugenommen haben", heißt es im Monatsbericht. Zuletzt waren die Experten noch von einem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn ausgegangen.

Update Wirtschaft vom 18.04.2024

Antje Erhard, HR, Update Wirtschaft, 18.04.2024 09:00 Uhr

Der Euro tendiert heute wenig bewegt und wurde zuletzt im US-Handel etwas schwächer bei 1,0646 Dollar und damit nahe Tagestief gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0679 (Mittwoch: 1,0638) Dollar fest.

In der vergangenen Woche war die Gemeinschaftswährung zum Dollar merklich unter Druck geraten. Commerzbank-Expertin Antje Praefcke erwartet sobald keine Trendwende zugunsten des Euro. Der Euro habe dem Dollar wenig entgegenzusetzen.

Die Annahme, dass die US-Notenbank angesichts robuster Wirtschaftsdaten und einer hartnäckigen Inflation ihre Leitzinsen länger als bisher erwartet hochhalten könnte, stützt aktuell den Dollar. "Eigentlich könnte nur noch eine große Überraschung der EZB, dass sie den Leitzins noch nicht im Juni senkt, dem Euro ordentlich Auftrieb geben, aber auf ihrer letzten Sitzung hat sich Notenbankchefin Christine Lagarde ja schon recht deutlich auf Juni festgelegt", schreibt Praefcke.

Die Ölpreise haben heute ein wenig nachgegeben. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni 86,95 Dollar. Das waren 0,6 Prozent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel zuletzt um 0,4 Prozent auf 81,96 Dollar.

Der Markt ist weiterhin durch den Konflikt im Nahen Osten geprägt. Die US-Regierung rechnet laut einem Bericht des Senders ABC mit einem möglichen israelischen Gegenangriff auf den Iran nicht vor Ende des Monats. Die Ölpreise waren am Mittwoch noch deutlich unter Druck geraten. Gestiegene US-Lagerbestände hatten die Preise belastet.

Unter den Einzelwerten im DAX waren die zinssensitiven Banken gefragt, Commerzbank gewannen knapp 2,1 Prozent, auch Deutsche Bank legten zu. Gestützt wurden die Geldhäuser auch von einer überwiegend positiv aufgenommenen Berichtssaison der Branche in den USA.

In einer Gegenbewegung legten auch Continental knapp 2,8 Prozent zu und eroberten die DAX-spitze. Gegenbewegungen gibt es auch bei Rheinmetall, die rund 3,7 Prozent verloren, zuletzt aber von einem Hoch zum anderen gelaufen waren. "Einsam" am DAX-Ende standen Sartorius-Vorzüge. Im MDAX waren Lufthansa auf niedrigem Niveau wieder stärker gefragt, nachdem die Airline zuletzt ein schwaches Quartalsergebnis vorgelegt hatte.

Der europäische Automarkt hat im März den ersten Rückgang des Jahres verzeichnet. Die Neuzulassungen sanken in der Europäischen Union nach Daten der Herstellerverbandes ACEA um 5,2 Prozent auf eine Million Fahrzeuge. Zum Teil liege das am frühen Termin des Osterfestes, erklärte der Verband.

Einen Einbruch gab es bei Elektroautos mit minus elf Prozent. In Deutschland war der Rückgang sogar 29 Prozent, was die Autobauer auf die gestrichene staatliche Kaufförderung zurückführen. Auf das erste Quartal bezogen stiegen die Verkäufe um 4,4 Prozent auf 2,8 Millionen.

Aussagen des MFE-Finanzchefs haben bei ProSiebenSat.1-Anlegern Spekulationen über eine Übernahme des Medienkonzerns zurückgedrängt. Die im SDAX notierten Papiere verloren als schwächster Wert in dem Nebenwerteindex 6,7 Prozent auf 7,33 Euro ab. Marco Giordani, Finanzchef des italienischen Großaktionärs, hatte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters, gesagt, dass MFE aktuell keine Übernahme von ProSiebenSat. plane. Vielmehr sei der Medienkonzern ein langfristiges Investment, betonte der Manager.

Spekulationen um einen Kauf von ProSiebenSat.1 hatten jüngst zusammen mit ansprechenden Zahlen für das erste Quartal die Papiere angetrieben. Dass derzeit keine Übernahmepläne mehr bestehen, habe nun Dampf aus den jüngst gut gelaufenen Papieren gelassen, kommentierte ein Händler. Ungeachtet des aktuellen Rücksetzers sind sie mit einem Zuwachs von fast einem Drittel seit Jahresanfang noch immer unter den besten Werten im SDAX.

Die skandinavische Bank Nordea ist dank eines weiter steigenden Zinsüberschusses stark ins laufende Jahr gestartet. Der Gewinn des Deutsche Bank-Konkurrenten sei im ersten Quartal um fast ein Fünftel auf 1,36 Milliarden Euro gestiegen, teilte die im EuroStoxx 50 notierte Bank heute in Helsinki mit. Der Zinsüberschuss legte trotz des schon hohen Niveaus von Anfang 2023 noch einmal um elf Prozent auf 1,95 Milliarden Euro zu. Insgesamt zogen die Erträge um sechs Prozent auf etwas mehr als drei Milliarden Euro an.

Der französische Kosmetikkonzern L'Oreal hat im ersten Quartal seinen Umsatz überraschend kräftig gesteigert. Auf vergleichbarer Basis kletterte der Umsatz von Januar bis März um 9,4 Prozent auf 11,24 Milliarden Euro, wie der Konzern mit Marken wie Maybelline und Lancome am Abend nach Börsenschluss mitteilte. Analysten von Jefferies hatten dagegen lediglich ein Umsatzplus von 6,1 Prozent prognostiziert.

L'Oreal zufolge kletterten die Umsätze sowohl in Nordamerika als auch in Europa um mehr als zwölf Prozent, dabei konnten Artikel für den Massenmarkt und dermatologische Produkte die Schwäche im Luxussegment ausgleichen. Die Aktie aus dem Eurostoxx 50-Index legte nachbörslich zu.

Die Nachfrage nach Halbleitern für Künstliche Intelligenz hat das Geschäft des taiwanischen Chipherstellers TSMC angekurbelt. Im ersten Quartal stieg der Nettogewinn auf 225,5 Milliarden Taiwan-Dollar (6,53 Milliarden Euro) von 207 Milliarden Dollar im Vorjahr. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 13 Prozent auf 18,87 Milliarden US-Dollar, etwas mehr als der Konzern selbst erwartet hatte. TSMC beliefert mit seinen Produkten unter anderem Apple und Nvidia.

Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé steht wegen Babynahrung in der Kritik. Nach einer Analyse der Schweizer Organisation Public Eye, die für die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz einsteht, setzt das Unternehmen Babynahrung in manchen Ländern Zucker zu. Betroffen seien Entwicklungs- und Schwellenländer, westliche Länder wie Deutschland dagegen nicht. Nestlé stritt die Ergebnisse der Laboranalysen auf Nachfrage nicht ab.