DAX auf Allzeithoch Zinshoffnungen beflügeln DAX und Wall Street
An der Wall Street endet die Börsenwoche mit soliden Gewinnen, der DAX erreicht sogar ein Allzeithoch. Erfreuliche Inflationsdaten und die Hoffnung auf nicht weiter steigende Leitzinsen lockte die Anleger in den Markt.
Die US-Börsen haben die Woche mit Gewinnen beendet. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 0,5 Prozent höher auf 35.459,29 Punkten. Der marktbreite S&P 500 gewann 1 Prozent auf 4582,23 Punkte. Aktien aus dem Technologiesektor legten besonders stark zu, der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 1,9 Prozent auf 15.750,93 Zähler. Auf Wochensicht verbuchten alle drei Indizes Gewinne, dabei schnitt der Nasdaq 100 mit plus 2,1 Prozent am besten ab.
Aktuelle Inflationsdaten verstärkten die Hoffnung auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA und ließen viele Investoren zugreifen: Der von der US-Notenbank Fed besonders beachtete Preisindex PCE stieg im Jahresvergleich um 3,0 Prozent, nach 3,8 Prozent im Vormonat. Der Kernindex ohne Energie und Nahrungsmittel stieg um 4,1 Prozent, nach einem Zuwachs um 4,6 Prozent im Monat zuvor.
Die Daten gelten als ein wichtiger Faktor, den die US-Notenbank bei ihrem Zinsentscheid im September berücksichtigen wird. "Dass sich die Inflation in die richtige Richtung bewegt, dürfte den Aktien eine gewisse Atempause verschaffen", sagte Peter Cardillo, Chefvolkswirt beim Finanzdienstleister Spartan Capital Securities. "Nun können sich die Investoren wieder auf die Bilanzen konzentrieren, die weiterhin über den Erwartungen liegen."
Zuvor hatte der DAX mit einem Plus von 0,4 Prozent auf 16.469,75 Punkten geschlossen. Damit übertrumpft er sein bisheriges Rekordhoch von Mitte Juni bei 16.427,42 Zählern. Den höchsten Tagesstand erreichte er bei rund 16.490 Punkten. Auf Wochensicht ergibt sich für den deutschen Leitindex ein Anstieg von 1,8 Prozent.
"Die Fantasie in Richtung 17.000 Punkte und die Anziehungskraft der nächsten runden Marke dürften mit jedem positiven Handelstag weiter zunehmen", kommentiert Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets.
Für die gute Grundstimmung am Markt - sowohl hier als auch in den USA - hatten die Notenbanksitzungen der Federal Reserve (Fed) in den USA und der Europäischen Zentralbank (EZB) in dieser Woche gesorgt. Zwar hatten sowohl Fed-Chef Jerome Powell als auch EZB-Chefin Christine Lagarde die Leitzinsen abermals um jeweils 0,25 Prozentpunkte angehoben und die Tür für weitere Zinsanhebungen offen gelassen.
Doch die Investoren hoffen nun, dass sowohl in den USA als auch in der Eurozone der Zinsgipfel erreicht sein dürfte. "Die Aktienmärkte bekommen derzeit Rückenwind von den Signalen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank, dass die Phase steigender Leitzinsen auslaufen könnte", erläutert Analyst Andreas Hürkamp von der Commerzbank.
Konstantin Veit, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter Pimco, geht davon aus, dass die EZB die Zinssätze nach der gestrigen Zinserhöhung um 25 Basispunkte zwar weiter erhöhen könnte, doch der endgültige Zinsgipfel langsam näher rücke: "Allmählich verlagert sich der Fokus vom genauen Zinshöhepunkt auf die wahrscheinliche Dauer der Leitzinsanpassungen."
Für den Aktienmarkt sind das gute Nachrichten, denn die rasant gestiegenen Zinsen hatten zuletzt Anlagen in Anleihen attraktiver gemacht, viele Anleger schichteten deshalb von Aktien in Rentenpapiere um. Sollten Fed und EZB ihren Zinserhöhungszyklus tatsächlich beenden, würde der Druck auf Aktien von dieser Seite wieder nachlassen.
Doch die geldpolitischen Signale von Fed und EZB sind zumindest für den DAX wohl nur ein Grund für die rasanten Kurssteigerungen. Angesichts der steilen Kursrally seit Mittwoch sprechen Börsenexperten auch von einem so genannten Short-Squeeze: Leerverkäufer, die auf fallende Kurse im Vorfeld der Notenbanksitzungen gesetzt hatten, wurden von den steigenden Kursen auf dem falschen Fuß erwischt. Sie sahen sich daher gezwungen, ihre Short-Positionen aufzulösen. Dazu mussten sie den DAX kaufen und haben dadurch die Kursrally am deutschen Aktienmarkt weiter verstärkt.
Was der jüngste Kursanstieg und das Rekordhoch im DAX wirklich wert sind, muss sich nun an den kommenden Handelstagen weisen: Schafft es der deutsche Leitindex, neue "echte" Käuferinnen und Käufer anzuziehen?
"So richtig nachhaltig sieht der Ausbruch nicht aus", meint Jochen Stanzl, Chefanalyst des Brokers CMC Markets. "Es drängt sich das ungute Gefühl auf, dass vor allem Privatanleger im Moment deshalb kaufen, weil sie Angst haben, etwas zu verpassen. Die immer noch unterinvestierten institutionellen Investoren werden vermutlich einen echten Ausbruch im DAX abwarten wollen."
Marktbeobachter Andreas Lipkow ist ebenfalls skeptisch: "Die Argumentationsbasis für Kurse oberhalb dieser Marke wird zunehmend dünner", kommentierte er. Im schwachen Sommerhandel dürften die Marktteilnehmer wieder vorsichtiger werden und abwarten, lautet Lipkows Einschätzung.
Markus Reinwand, Marktexperte bei der Helaba, beschreibt die Faktoren, auf die die Investoren derzeit achten müssen: "An den Finanzmärkten wird das Spiel weiter von Zinsängsten und Konjunkturhoffnungen geprägt. Starke Zahlen müssen nicht positiv interpretiert werden, denn sie können ja auch die Sorgen vor Zinserhöhungen verschärfen. Umgekehrt könnten schwache Daten als ein Ende der geldpolitischen Straffung gedeutet werden und damit den Kursen von Renten und Aktien Auftrieb geben.
Positiv schlugen auch in Deutschland aktuelle Inflationsdaten zu Buche: Waren und Dienstleistungen kosteten im Juli durchschnittlich 6,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, hieß es am Freitag in der ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts. Im Juni hatte die Teuerungsrate noch bei 6,4 Prozent gelegen, im Mai bei 6,1 Prozent. Von Juni auf Juli erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 0,3 Prozent.
Aktuellen deutschen Konjunkturdaten mahnen aber zur Vorsicht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im zweiten Quartal - der allgemein erwartete leichte Anstieg blieb aus. Unlängst hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) die Wirtschaftsprognose für Deutschland in diesem Jahr gekappt. Nach Einschätzung des IWF wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen.
Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen rechnet für dieses Jahr ebenfalls mit einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaft und verweist auf die fallenden Frühindikatoren. Diese ließen befürchten, dass das reale Bruttoinlandsprodukt im zweiten Halbjahr wieder fallen wird.
Eine Verlangsamung der globalen Konjunktur sei nicht zu verleugnen schreiben die Experten der DZ Bank in ihrem Wochenausblick. "Allerdings wird weiterhin deutlich, dass das Wirtschaftsumfeld nur einen begrenzten (negativen) Einfluss auf die Ergebnisse der großen gelisteten Aktiengesellschaften hat, die maßgeblich die Performance der Blue-Chip-Indizes beeinflussen."
Die Deutsche Bank und die Commerzbank haben sich im Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) besser geschlagen als vor zwei Jahren. Dies geht aus den Ergebnissen des jüngsten Bankenstresstests hervor, die die EBA heute veröffentlichte. Demnach würde die harte Kernkapitalquote der Deutschen Bank im Fall des simulierten Wirtschaftseinbruchs gepaart mit diversen weiteren Stressfaktoren von knapp 13,4 Prozent Ende 2022 auf knapp 8,1 Prozent Ende 2025 sinken. Im vorigen Test war die Quote des harten Kernkapitals - ein Puffer für Krisenzeiten - binnen drei Jahren noch stärker und bis auf rund 7,4 Prozent abgesackt.
Die Commerzbank kam diesmal noch glimpflicher davon. Im simulierten Krisenfall mit Wirtschaftseinbruch, steigender Arbeitslosigkeit und höherer Inflation ging ihre harte Kernkapitalquote von rund 14,1 Prozent Ende 2022 auf rund 9,5 Prozent Ende 2025 zurück. Beim vorigen Stresstest von 2021 war die Kernkapitalquote der Commerzbank von 13,2 auf 8,2 Prozent geschrumpft.
Der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble (P&G) hat weitere Preiserhöhungen durchsetzen und damit Umsatz und Gewinn über den Erwartungen des Marktes steigern können. P&G, bekannt durch Marken wie Ariel, Gilette, Pampers oder Head & Shoulders, steigerte im vergangenen Quartal den Umsatz um fünf Prozent auf 20,55 Milliarden Dollar. Auch der Gewinn je Aktie legte zu. Vor allem im US-Heimatmarkt liefen die Geschäfte rund, sagte Finanzchef Andre Schulten. In China, dem zweitgrößten Markt des Konzerns nach den USA, sei die Nachfrage dagegen eher schwach geblieben.
Im DAX rückt die BASF-Aktie in den Fokus. Der Chemiekonzern will nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal und der Senkung der Jahresziele weiter Geld sparen. Aus dem zu Jahresbeginn angekündigten Sparprogramm erwartet das Unternehmen bis Ende 2023 bereits eine jährliche Ersparnis von mehr als 300 Millionen Euro. Im zweiten Quartal war der Gewinn von gut zwei Milliarden Euro im Vorjahr auf 499 Millionen Euro eingebrochen.
Der Versorger E.ON schraubt nach einer Entspannung auf dem Energiemarkt seine Prognose für das laufende Jahr nach oben. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte nun bei 8,6 Milliarden bis 8,8 Milliarden Euro liegen. Die bisherige Prognose lautete 7,8 bis 8,0 Milliarden Euro. Auch die Prognose für den bereinigte Konzernüberschuss korrigierte E.ON nach oben.
Die Aufrüstung in Europa beschert dem Verteidigungstechnik-Unternehmen Hensoldt Milliardenaufträge. In den ersten sechs Monaten seien Orders über 1,07 Milliarden Euro hereingekommen, teilte der Hersteller von Radaren für den "Eurofighter" und die Luftverteidigung sowie von Schutzsystemen für "Leopard"- und "Puma"-Panzer mit. Hensoldt sitzt damit nun auf Aufträgen im Wert von 5,67 Milliarden Euro.
Obwohl Audi im ersten Halbjahr deutlich mehr Autos verkauft hat, ist der Gewinn gefallen. Der Umsatz kletterte zwar um 14,4 Prozent auf 34,2 Milliarden Euro, unter dem Strich blieb aber ein um gut ein Viertel gesunkener Gewinn von 3,3 Milliarden Euro, wie die Ingolstädter VW-Tochter mitteilte. Dabei spielten unter anderem stark negative Effekte aus Rohstoffsicherungsgeschäften eine Rolle.
Der Telekomanbieter T-Mobile US will nach einem überraschend guten Quartal im laufenden Jahr eine Schippe drauflegen und peilt eine höhere Zahl an Neukunden an. Auch beim operativen Ergebnis schaut Unternehmenschef Mike Sievert etwas optimistischer in die Zukunft. Bereits jetzt machen sich die Synergien aus der Fusion der Deutschen-Telekom-Tochter mit dem kleineren Konkurrenten Sprint deutlich positiv in der Bilanz bemerkbar.
Schwache Geschäfte mit Mikrooptik durchkreuzen beim Chipausrüster Süss Microtec die Geschäftspläne für das laufende Jahr. Der Konzernumsatz dürfte daher statt 320 bis 360 Millionen nur 320 bis 340 Millionen Euro erreichen. Zudem dürften lediglich 9 bis 11 Prozent des Umsatzes als operativer Gewinn (Ebit) übrig bleiben. Bisher hatte der Vorstand hier 10 bis 12 Prozent in Aussicht gestellt.
Der Wirkstoffforscher Evotec rechnet infolge eines Hackerangriffs mit einer deutlich schlechteren Entwicklung seiner Geschäfte. Sowohl für den Umsatz als auch für das operative Ergebnis kappte der Konzern seine Prognosen. "Die geringere Produktivität während des zweiten Quartals hat unser Finanzergebnis des ersten Halbjahres von 2023 erheblich belastet", sagte Konzernchef Werner Lanthaler.
Der österreichische Energiekonzern OMV hat im zweiten Quartal wegen gesunkener Öl- und Gaspreise und eines schwächelnden Chemiegeschäfts deutlich weniger verdient. Der Nettogewinn brach um 80 Prozent auf 380 Millionen Euro ein. Beim Umsatz stand ein Minus von 39 Prozent auf 8,98 Milliarden Euro zu Buche.
Eine starke Nachfrage vor allem von Privatreisenden nach hochpreisigeren Flugsitzen stimmt die British-Airways-Mutter IAG optimistisch für die Hauptsaison. In der Hauptreisezeit des dritten Quartals seien bereits 80 Prozent des zu erwartenden Umsatzes im Passagierfluggeschäft gebucht, berichtete IAG-Chef Luis Gallego.
Der Luxuskonzern Kering steigt beim italienischen Haute-Couture-Unternehmen Valentino ein. Für 30 Prozent der Anteile zahlt Kering 1,7 Milliarden Euro. Zudem hat der Luxuskonzern die Option, Valentino bis zum Jahr 2028 vollständig zu übernehmen. Damit baut Kering sein Luxusbereich weiter aus. Zu Kering gehören bereits Gucci, Yves Saint Laurent, Balenciaga, Brioni und Bottega Veneta.
Der US-Autobauer Ford stellt sich auf einen deutlich höheren Milliarden-Verlust im Geschäft mit Elektroautos in diesem Jahr ein. Zudem wird die Produktion langsamer ausgebaut als geplant. Im vergangenen Quartal verbuchte Fords E-Auto-Sparte einen operativen Verlust von knapp 1,1 Milliarden Dollar bei 1,8 Milliarden Dollar Umsatz. Einzig die robuste Nachfrage nach Modellen mit Verbrennermotor rettete die Bilanz.
Der Halbleiter-Riese Intel ist im vergangenen Quartal in die Gewinnzone zurückgekehrt und hofft auf deutlich bessere Geschäfte in der zweiten Jahreshälfte. Unterm Strich gab es schwarze Zahlen von 1,48 Milliarden US-Dollar nach einem Verlust von 454 Millionen US-Dollar ein Jahr zuvor. Der Umsatz fiel unterdessen um 15 Prozent auf 12,95 Milliarden US-Dollar.