Turbulenzen an den Märkten Warum Aktienkurse trotz Krieg steigen
Als erste Reaktion auf Russlands Angriff auf die Ukraine waren die Börsen weltweit eingebrochen, heute erholen sie sich zunächst - obwohl Wladimir Putin Krieg in Europa führt. Dahinter steckt ein typisches Anlegerverhalten.
Gestern noch Panik-Verkäufe, heute griffen Anleger schon wieder zu, als wäre nichts gewesen: Ausgerechnet am Tag, an dem Putin in die Ukraine einmarschierte, schlossen die US-Börsen deutlich im Plus - allen voran die technologielastige Nasdaq mit Gewinnen von 3,44 Prozent. Zwar startete der gestrige Handelstag auch in den USA mit stark sinkenden Aktienkursen. Doch nach der Rede von US-Präsident Joe Biden zu neuen Sanktionen gegen Russland drehten die Börsen ins Plus.
Sanktionen gegen Russland könnten deutlich härter sein
Ein möglicher Grund: die beschlossenen Strafmaßnahmen gegen Russland sind vorerst nicht so scharf ausgefallen, dass sie auch die westliche Wirtschaft empfindlich treffen könnten. Der Volkswirt Thomas Gitzel von der VZ Bank verweist darauf, dass der Öl- und Gassektor, aber auch das globale Zahlungsabwicklungssystem Swift ausgenommen bleiben.
Die Signale aus den USA haben auch Anleger in Deutschland am Morgen zu Käufen veranlasst. Gestern hatte der DAX nach dem ersten Schock über den russischen Angriff auf die Ukraine fast vier Prozent verloren. Marktkenner Andreas Lipkow von der Comdirect Bank erklärt das gegenüber tagesschau.de so: "Die Risikoaversion führt dazu, dass vor allem institutionelle Anleger in unübersichtlichen Situationen erstmal an die Seitenlinie treten. Das führt zu einem Verkaufsdruck, der übertriebene Bewertungen nach unten auslöst."
Weiter starke Kursschwankungen erwartet
Wenn die Marktteilnehmer die Situation dann etwas besser abschätzen könnten, gebe es eine Gegenreaktion - daher die aktuelle Kurserholung. Allerdings verweist Lipkow darauf, dass die Börsen je nach Meldung und Lage jederzeit wieder abrutschen könnten.
Auch der Kapitalmarktkenner Robert Halver von der Baader Bank geht davon aus, dass es weiterhin zu starken Kursschwankungen kommen wird. Anlegern rät Halver in der aktuellen Lage, auf diesem Niveau nicht mehr zu verkaufen. Bei Neu-Investitionen solle man das tun, was eigentlich immer sinnvoll sei: Engagements sollten auf Robustheit und ein intaktes Geschäftsmodell abgeklopft werden. Und so haben Anleger offensichtlich nach dem Schock über den Krieg in Europa wieder Aktien von Unternehmen gekauft, an deren Geschäftsmodell sie glauben.