Aktienhandel bei Xetra Als der Computer das Parkett übernahm
Es war der Anfang vom Ende des Aktienhandels auf Zuruf: Vor 25 Jahren führte die Deutsche Börse das Computerhandelssystem Xetra ein. Ganz ist der Mensch aus dem Handelssaal aber nicht verschwunden.
Es sind die 1990er-Jahre. Im Radio laufen Synthie-Beats rauf und unter. Und an den Börsen pulsiert der Beat der Händler. Laute Rufe, Trubel, wildes Gestikulieren: Genau so war Börse damals.
Doch am 28. November 1997 ist damit Schluss: Das digitale Computersystem Xetra übernimmt die Arbeit der sogenannten Kursmakler, die bis dahin die Preise für Aktien festgelegt haben. Aber die Skepsis ist zunächst groß. Kritiker monieren, der Computerhandel mache die Börse zum "reinen Kasino". Auch gibt es Befürchtungen, Privatanleger könnten schlechter an Informationen gelangen.
"Sozialkontakte kann man auch anders pflegen"
25 Jahre später ist die Kritik verhallt. Heute will kaum ein Börsianer Xetra missen. 80 Prozent der Aktiengeschäfte in Deutschland werden darüber abgewickelt: Rund eine Million Orders im Schnitt pro Tag.
"Es ist ja immer so, wenn etwas aufgegeben wird. Dann trauert man zuerst der guten alten Zeit hinterher", sagt der Börsenhändler Robert Halver von der Baader Bank. Die Vorteile seien offenkundig. "Wenn man es heute mal nüchtern betrachtet: Sozialkontakte kann man auch anders noch pflegen. Entscheidend ist, dass eine Plattform gefunden wurde, die - wie ich finde - funktioniert, die fair ist, und man kann sehr viel mehr Geschäft abwickeln."
Geschäft im Millisekunden-Bereich
Und noch einen großen Vorteil hat Xetra: Es ist kostengünstiger, deshalb nicht nur bei großen institutionellen Anlegern, sondern auch bei Privatanlegern beliebt. Und: Jeder bekomme denselben Preis für eine Aktie, erklärt Benjamin Clapham von der Goethe-Universität Frankfurt. "Ich würde sagen, dass der Handel definitiv demokratischer geworden ist. Einfach dadurch, dass nicht mehr gewisse Marktteilnehmer - die ehemaligen Börsenmakler beispielsweise - extreme Macht auf ihrer Seite haben und extrem mehr Wissen als alle anderen Marktteilnehmer", so der Experte.
Heute hat die größte Macht, wer die größten Server hat, den besseren Algorithmus und wer dem Börsencomputer am nächsten ist. Denn Börse ist ein Geschäft im Mikrosekunden-Bereich geworden. Kritik gibt es aber durchaus noch, inwieweit das Handelssystem vor Manipulationen und Kursturbulenzen sicher ist. "Hier gibt es entsprechende Sicherheitsmechanismen, die dazu führen, dass so etwas genau nicht passiert. Das keine Preisfeststellungen funktionieren, die nicht von den Marktteilnehmern so gewollt sind", sagt Michael Krogmann, Geschäftsführer der Frankfurter Wertpapierbörse.
Mittlerweile nutzen auch die Börsen in Wien, Malta und Sofia die Computertechnik aus Frankfurt. Handel auf dem Parkett wollten die Frankfurter aber nicht aufgeben. Noch immer sitzen Händler von neun Banken im großen Handelssaal. Aber der Beat ist leiser geworden.