EU-Kammer in Sorge Firmen koppeln ihr China-Geschäft vom Weltmarkt ab
Ausländische Unternehmen in China schotten ihr dortiges Geschäft zunehmend vom Weltmarkt ab. Grund sind veränderte chinesische Vorschriften. Die Europäische Handelskammer warnt vor steigenden Kosten, etwa für Lieferketten.
Eine Umfrage der Europäischen Handelskammer in China hat ergeben, dass dreiviertel aller teilnehmenden Firmen ihre Produkte oder Dienstleistungen aufgrund der Wünsche der Kunden an den dortigen Markt anpassen. Dabei handele es sich um ganz normale Lokalisierung, sagt Jens Eskelund, der Präsident der Europäischen Handelskammer in China.
Das sei ein typisches Verhalten von Unternehmen, um Kosten zu senken oder Produktivität zu steigern. Was der Kammer aber Sorgen bereitet, ist, dass 36 Prozent der Unternehmen gesagt haben, ihre Anpassungen hätten mit veränderten chinesischen Regularien zu tun.
Rechtslage verunsichert Konsumenten und Produzenten
Hier bestehe ein grundlegender Unterschied zur Lokalisierung und Diversifizierung, sagt Eskelund. Denn es gehe hier nicht in erster Linie um den Wunsch, die Lieferkette zu stärken, die Kosten zu senken oder das Geschäftsfeld zu erweitern.
"Es handelt sich hierbei um zusätzliche Kosten und Ineffizienzen, die man in Kauf nimmt, um lokale Vorschriften oder Erwartungen hinsichtlich politischer Veränderungen zu erfüllen, die man selbst nicht kontrollieren kann."
So würden chinesische Kunden beispielsweise wegen vermeintlicher Sicherheitsbedenken oder staatlicher Vorgaben immer häufiger rein in China entwickelte und produzierte Produkte kaufen. Unklarheit über die Rechtslage und das künftige Sicherheitskonzept der kommunistischen Führung verunsichere Konsumenten und Produzenten.
Davon betroffen seien nicht nur Tech- und IT-Firmen, sondern auch Maschinenbauer sowie die Medizinbranche und der Automobilbereich. Zu beobachten sei, dass sich ein System paralleler Standards entwickle: Einmal für China und einmal für den Rest der Welt, sagt Eskelund.
EU-Kammer appelliert an Chinas Führung
Dies sei kompliziert und teuer. "Das macht natürlich unmittelbar die Lieferketten komplexer und teurer, wenn man nicht mehr nur einen Standard einhalten muss", erklärte der Präsident der Europäischen Handelskammer in China.
So würde sich die Welt in eine Richtung entwickeln, in der Produzenten zwei oder vielleicht drei Standards einhalten müssten. "Wenn einige dieser Standards nicht miteinander kompatibel sind, muss man möglicherweise zwei unterschiedliche Lieferketten aufbauen."
Zwar lohne es sich für einige Firmen derzeit noch, ihr China-Geschäft zu isolieren und von internationalen Lieferketten abzukoppeln. Doch die EU-Kammer mahnt an, dass die Unternehmen dadurch ineffizienter und global weniger wettbewerbsfähig würden.
Chinas Führung müsse dies in Betracht ziehen, wenn sie neue Regularien implementiere. Denn diese seien ein Faktor, wenn sich Unternehmen entscheiden müssten, ob sie in der Volksrepublik oder lieber woanders investierten, teilte die Kammer mit. Die EU-Handelskammer in China vertritt mehr als 1.700 Mitgliedsunternehmen in der Volksrepublik. In der Umfrage wurden knapp 130 Firmen befragt.