Veggie-Trend boomt weiter Fleischlos glücklich
Beyond Meat hat es vorgemacht. Mit den fleischlosen Alternativen lässt sich Geld verdienen. Traditionsunternehmen wie die Rügenwalder Mühle machen es nach. Ist das quasi die neue Antriebstechnologie dieser Branche?
Sie gehören inzwischen bei vielen Grillfesten mit auf den Teller: die fleischlosen Burger aus Erbsenproteinen, Weizen oder Soja. Sie sehen inzwischen aus wie die klassischen Hack-Buletten, riechen und ja, sie schmecken auch wirklich so.
Beyond Meat bleibt kein seltenes Einhorn
Das US-Start-Up Beyond Meat hat es im vergangenen Jahr vorgemacht. Weg von den etwas faden Soja-Varianten, kopiert das Unternehmen etwas schamlos in Aufmachung und Verpackung die klassischen Fleischprodukte. Sogar im Logo: schwarzes Rind auf grünem Untergrund. Aber nach Protesten aus der Industrie ist nun offiziell eine Anlehnung erlaubt. Das EU-Parlaments genehmigte die Bezeichnung "Veggie-Burger".
In der Branche nennt man erfolgreiche Start-Ups "unicorn", die eine Marktbewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar haben. Ein Fabelwesen, weil es so selten ist. "Doch so selten ist es nicht, dass mit dieser Art von Fleisch viel Geld verdient werden kann", sagt der Trendforscher Christian Rauch vom Thinktank Zukunftsinstitut zu tagesschau.de.
Veggie-Umsatz teilweise gleichauf mit Fleischprodukten
"Gerade die klassischen Fleischbetriebe wie etwa die Rügenwalder Mühle zeigen, dass die Entwicklung dieser Produkte zu einem echten Paradigmenwechsel führen kann", so Rauch weiter. Bereits vor einigen Jahren brachte das Traditionsunternehmen aus Niedersachsen fleischlose Produkte auf den Markt. "Im Juli 2020 haben wir tatsächlich erstmals mehr Umsatz mit den Fleischalternativen gemacht", teilt die Unternehmenssprecherin Claudia Hausschild tagesschau.de mit. "Da lag der Umsatzanteil bei 53 Prozent."
Auch die Corona-Pandemie habe sich hier bemerkbar gemacht. "Gerade in den vergangenen Monaten haben sich die Menschen viel mit dem Thema Ernährung beschäftigt, alleine schon, weil sie gewissermaßen gezwungen waren, zu Hause zu kochen und essen." Aktuell liegt der Umsatz gleichauf bei ungefähr 50 zu 50, "wobei das Ende aber noch nicht erreicht ist", so Hausschild.
Die Unternehmensberatung A.T. Kearney rechnet damit, dass bereits 2025 vegane Fleischersatzprodukte einen Marktanteil von zehn Prozent des globalen Fleischmarkts haben werden.
Druck auf traditionelle Fleischindustrie wächst
Der Fleischkonsum steht durch die massive Nutzung natürlicher Ressourcen als ein Klimatreiber in der Kritik. Die Veggie-Alternative gilt als nachhaltiger, weil weniger Land und Wasser verbraucht werden und weniger schädliche Klimagase entstehen - ganz zu schweigen vom Aspekt des Tierwohls. "Man könnte hier an ein ähnliches Auslaufmodell wie bei einem Verbrennungsmotor in der Autoindustrie denken", sagt Trendforscher Rauch. "Doch wird das klassische Fleisch nie ganz von den Tellern verschwinden." Daher hinke der Vergleich zwar etwas, jedoch versuche die Industrie auch hier, nicht den Anschluss zu verpassen.
Branche betreibt Veggie-Produktion nicht mehr als bloße Nische
Die Herta-Produkte gehören zum Nestlé-Konzern, das mit dem Label "Garden Gourmet" die zweitstärkste Marke im deutschen Veggie-Segment stellt. "Im dritten Quartal verzeichnete Nestlé global bei vegetarischen und pflanzlichen Angeboten ein kräftiges zweistelliges Wachstum", teilt das Unternehmen auf tagesschau.de-Anfrage mit. "Die Unternehmen behandeln schon alleine deswegen das Segment auch nicht mehr als bloßes green-washing, also Feigenblatt, für mehr Umweltschutz", so der Trendforscher.
Klassisches Fleisch: noch kein Auslaufmodell
Selbst ein klassisches Fleischunternehmen wie Tönnies ist auf dem Markt aktiv. "Wir nehmen die Konsumveränderung natürlich war", sagt Tönnies-Sprecher André Vielstädte zu tagesschau.de. "Wir haben auch schon ein eigenes Veggie-Werk, wo wir für unsere Marke Gutfried aber auch die Eigenmarken einzelner Supermärkte produzieren." Vielstädte sieht nicht, dass der Fleischmarkt einem ähnlichen Ende zusteuert wie ein Verbrennungsmotor. "Wir sehen hier keine Konkurrenz zwischen den Fleisch- und den fleischlosen Produkten", sagt der Tönnies-Sprecher, aber das Wachstumspotential sei unbestritten vorhanden.
Man wird sicherlich nicht in absehbarer Zukunft ganz auf echtes Fleisch verzichten. Mit dem Blick auf die aktuellen Quartalszahlen des US-Unternehmens Beyond Meat ist die Aktie auch nicht mehr auf ihrem gewohnten Höhenflug. Dennoch wird die Burger-Alternative vom Markt nicht mehr wegzudenken sein.