Gaslieferungen aus Russland Wie die EU Putin unter Druck setzen will
Russland und die Ukraine streiten ums Gas und Brüssel wird nervös. Die Sorge: Moskau könnte seine Gas-Lieferungen nach Europa einschränken. Deshalb braucht die EU neue Lieferanten - und will auch sonst einiges ändern.
Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Russland und die Ukraine streiten sich erneut ums Gas. Immer wenn das passiert, wird auch die EU nervös, weil Moskau in solchen Situationen stets warnt: Es könnte auch zu Lieferengpässen nach Europa kommen. Er sei "in fast ständigem Telefonkontakt" mit beiden Seiten, bestätigte jetzt EU-Kommissions-Vize Maros Sevcovic. Gegenwärtig versucht sich Brüssel also erneut als Vermittler. Die Lektion für die Zukunft angesichts der Ukraine-Krise aber lautet: Wenn die EU ihre Energie-Zufuhr sichern will, muss sie unabhängiger von Russland werden.
Viele Menschen in Europa heizen mit Gas.
Europa will unabhängiger von Russland werden ...
"Russland wird ein Partner der EU bleiben und ein wichtiger Gas-Lieferant. Wir wollen die besten Beziehungen zu Moskau. Aber wir müssen uns auch anderen Anbietern zuwenden", betonte EU-Energie-Kommissar Miguel Arias Canete. Die Europäer streben also neue Energie-Partnerschaften an, wie es in einem nun vorgestellten Kommissions-Papier heißt.
... und setzt auf andere fragwürdige Partner
Zum Beispiel auch mit einigen Ländern am Kaspischen Meer, in denen fragwürdig mit Menschenrechten umgegangen wird, wie Turkmenistan oder Aserbaidschan. "Sich breit aufzustellen, was die Anbieter angeht, ist strategisch wichtig. Es gibt Europa die Chance, auszuwählen und bessere Preise auszuhandeln", so der für die Energie-Union zuständige Kommissions-Vize auf die Frage, ob das denn eigentlich besser sei, als Verträge mit Putin zu machen.
Gemeinsam auf Shopping-Tour
Bislang handelt jedes EU-Land einzeln die Bedingungen zum Beispiel mit dem russischen Anbieter Gazprom aus. Das will Brüssel nun ändern. "Wir werden vorschlagen, dass die EU-Kommission Teil eines Verhandlungsteams ist, wenn zwischen Staaten wichtige Lieferverträge besprochen werden", erklärte Sevcovic die Strategie. Wenn mehrere EU-Länder gemeinsam und gebündelt auf Gas-Shopping-Tour gingen, so das Motto, dann ließen sich sicher bessere Preise aushandeln.
Bislang ließen sich die Einzelstaaten, gerade auch Deutschland, bei Energieverträgen nur ungern über die Schulter schauen. Energiepolitik ist weitgehend nationale Angelegenheit. Das ist auch der Grund dafür, dass man bislang in Europa weniger von einer "Energie-Union" als vielmehr von - mal besser mal schlechter miteinander verbundenen - "Energie-Inseln" spricht. "Die Lösung ist ein gemeinsamer Energiemarkt. Autobahnen machen ja auch nicht an Landesgrenzen halt. Kabel sollten das auch nicht tun", so der EU-Energie-Kommissar Canete. Von dessen Heimatland Spanien aus ist es derzeit zum Beispiel fast unmöglich, Strom ins Nachbarland Frankreich zu liefern.
Doch Europa wird weiter bei Russland kaufen
Die Europäer wollen sich also intern besser vernetzen und nach außen gleichzeitig geschlossener und damit stärker auftreten. Dass Russlands Präsident Wladimir Putin deshalb fürchten müsste, in Europa bald keine Gas-Abnehmer mehr zu finden, davon kann keine Rede sein. Aber ein bisschen weniger abhängig und damit auch weniger verletzlich will sich die EU schon machen. Auch wenn die "Europäische Union" noch weit davon entfernt ist, auch eine "Energie-Union" zu sein.