Putin in Berlin Der Gasprinz ist da
Russlands Ministerpräsident Putin ist eine der entscheidenden Figuren im Gasstreit mit der Ukraine. Sein heutiges Gespräch mit Kanzlerin Merkel in Berlin dient der Suche nach einem Weg aus der Krise. Putin möchte, dass die Europäer den Ukrainern den Weg aus dem Gasstreit weisen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel berät heute mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin in Berlin über die Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen nach Europa über die Ukraine. Die Kanzlerin will laut Vizeregierungssprecher Thomas Steg darauf drängen, dass beide Länder "in vollem Umfang und unverzüglich" die Gaslieferungen nach Deutschland und in andere europäische Staaten wieder aufnehmen.
Merkel hatte bereits gestern Russland und die Ukraine aufgefordert, ihre Gasstreitigkeiten umgehend am Verhandlungstisch zu klären. Diese dürften nicht länger die Lieferverpflichtungen Russlands für die europäischen Länder beeinträchtigen.
Technisches Gas aus Europa?
Putin selbst schlug vor, dass die Kunden in der EU die Kosten für den Transport des Erdgases durch die Pipelines zahlen. Die Gaskunden sollten ein Konsortium bilden, dass das sogenannte technische Gas kauft, das russisches Erdgas durch das ukrainische Pipeline-System in Richtung EU treibt, erklärte Putins Sprecher Dimitri Peskow gestern in Moskau. Das Konsortium würde dem technischen Gas einen "internationalen Charakter" geben, was die Ukraine abschrecken könnte, Gas zu stehlen. Das weit verzweigte und ineffiziente Pipeline-System in der Ukraine benötigt beträchtliche Mengen an technischem Gas.
Der Chef des italienischen Energiekonzerns ENI, Paolo Scaroni, sagte dazu, ein solches Konsortium könnte noch heute die Arbeit aufnehmen. Er wolle dazu auch andere europäische Versorger für das Konsortium gewinnen, darunter auch die deutsche E.ON. Die Frage der Vergütung werde zurückgestellt, bis Russland und die Ukraine ihren Streit beigelegt hätten. Ein Sprecher von E.ON Ruhrgas sagte allerdings, dass ein solches Gesuch bislang nicht eingegangen sei. Daher könne der Konzern es zunächst auch nicht kommentieren.
Gasreserven sinken angeblich
Nach einer Meldung der "Financial Times Deutschland" droht der Füllstand der deutschen Gasspeicher ohne eine Wiederaufnahme der russischen Lieferungen bereits kommende Woche unter 50 Prozent zu sinken. Das Blatt beruft sich auf Zahlen der Gasspeicher-Organisation Gas Storage Europe (GSE) in Brüssel. Demnach waren die 46 Gasspeicher in Deutschland am Montag nur zu 59 Prozent gefüllt. In der Vorwoche waren es noch 69 Prozent gewesen. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die Situation in den deutschen Gasspeichern noch entspannt.
Üblicherweise sollen die Speicher Lieferschwankungen bei besonders hohem Gasverbrauch im Winter ausgleichen. Inzwischen seien die Gasspeicher allerdings bereits so geleert wie üblicherweise gegen Ende der Heizperiode. Ein Grund sei auch, dass die Speicher zu Beginn des Winters weniger gut gefüllt waren als in Nachbarstaaten. Anfang Dezember habe der Füllstand der deutschen Speicher bei 82 Prozent gelegen. In anderen Ländern Westeuropas seien es laut GSE durchweg 90 Prozent gewesen.
Umstrittenes Krisentreffen
Russland hat für Samstag zu einem Gipfeltreffen nach Moskau geladen, an dem auch die ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und die Vertreter der EU teilnehmen wollen. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat dagegen eine Teilnahme abgelehnt und stattdessen die Staatschefs mehrere osteuropäischer Lände für heute nach Kiew eingeladen. Unter anderem werden der polnische Präsident Lech Kaczynski und sein Kollege aus Litauen, Valdas Adamkus, erwartet.
Vermittlungsversuche der EU, die ein Viertel ihres Gases von Russland über Leitungen durch die Ukraine bezieht, scheiterten bisher. Die Regierungen in Moskau und Kiew halten sich damit nicht an die Montag in Brüssel unterzeichnete Vereinbarung, die Gaslieferungen sofort wieder aufzunehmen und geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Besonders Bulgarien und die Slowakei leiden unter Energiemangel im Zuge des Lieferstopps.