Verkauf abgeblasen General Motors entdeckt den Wert von Opel
Der Machtkampf unter den GM-Managern ist entschieden: Opel wird nicht verkauft. Grund für die Kehrtwende ist vor allem die bessere finanzielle Lage des Detroiter Konzerns. GM schreibt wieder schwarze Zahlen - der personelle Neuanfang macht sich offensichtlich bezahlt. Einsparungen wird es trotzdem geben.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Am Ende hat sich in Detroit niemand mehr so recht gewundert: "Damit musste man rechnen", meinten die Experten in der Auto-Stadt. Seit Wochen gibt es die Gerüchte, wonach General Motors nach wie vor überlege, die europäischen Töchter doch zu behalten. Hierfür gibt es vor allem einen Grund: Die Ertragslage von General Motors hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert.
Schreibt wieder schwarze Zahlen: Der Autokonzern General Motors in Detroit.
Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Insolvenzverfahren im Juni hat der Konzern den Neuanfang längst begonnen. Washington führte bei diesem Erneuerungsprozess Regie und veränderte das Management und besetzte den GM-Verwaltungsrat neu. Dies hat sich offensichtlich bezahlt gemacht. Denn erstmals seit Januar 2008 schreibt der Konzern wieder schwarze Zahlen. Im zurückliegenden Oktober verzeichnete GM im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 4,7 Prozent. Und das sind keine geschönten Zahlen - denn im vergangenen Monat profitierten die Autohersteller in den USA nicht mehr von der Abwrackprämie, die längst ausgelaufen ist. Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass sich der Aufwärtstrend auch in den nächsten Monaten stabilisieren wird.
Machtkampf unter den GM-Managern
Monatelang schwelte unter den Managern und Aufsichtsräten von GM ein Machtkampf um die Frage, wie es mit dem Europageschäft weitergehen solle. Die Befürworter eines Verkaufs - unter ihnen war auch Konzernchef Fritz Henderson - meinten, dass man wegen der maroden Finanzlage selbst nicht in der Lage sei, die europäischen Töchter zu retten. Sie seien nur finanzieller Ballast.
Die Gegner eines Verkaufs argumentierten dagegen, Opel und Vauxhall seien es mittelfristig wert, im Konzern zu verbleiben. Vor allem dürfe man nicht die wertvollen Opel-Patente leichtfertig aus der Hand geben. Skeptisch war man vor allem, weil der österreichisch-kanadische Interessent Magna den Kauf in einem Konsortium mit der russischen Sberbank stemmen wollte. Die Sberbank unterhält enge finanzielle Bindungen zu dem maroden russischen Autohersteller GAZ. Dies war für die amerikanische Seite keine gute Kombination.
GM hat wieder mehr Geld
Doch jetzt, nachdem sich die finanziellen Voraussetzungen bei GM wieder verbessert haben, hat man alles noch einmal überdacht. Fakt ist: GM ist zwar noch nicht aus allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten heraus, aber hat zumindest wieder mehr Geld zur Verfügung. Und selbst GM-Chef Henderson gab aufgrund der neuen Ausgangslage klein bei und meinte vergangene Nacht: "Wir sind jetzt zuversichtlich, die Restrukturierung des europäischen Geschäfts selbst einleiten zu können."
GM hat sich nun doch gegen einen Verkauf von Opel entscheiden.
Und als die EU-Kommission in Brüssel von der Konzernzentrale in Detroit jetzt auch noch wissen wollte, ob der beabsichtigte Verkauf von Opel an das Magna-Konsortium wirklich ohne finanziellen Druck von Berlin vonstatten gehe, war dies für die GM-Chefs ein guter Anlass, noch einmal über alles nachzudenken. Aber wahrscheinlich wäre diese Entscheidung auch ohne die Intervention aus Brüssel so gefallen.
Zu wessen Lasten gehen die Einsparungen?
Natürlich weiß man in Detroit, dass es gegen den Sinneswandel bei GM jetzt massive Proteste in Deutschland geben wird. Die Konzernchefs gehen aber davon aus, dass mittelfristig doch alle mit dieser Lösung zufrieden sein müssten. Schließlich, so heißt es in der GM-Erklärung, wolle man langfristig "das Beste für unsere Kunden, Beschäftigten, Zulieferer und Händler erreichen". Mit den Gewerkschaften wolle man sich schon demnächst an einen Tisch setzen - und auch der Regierung in Berlin macht GM die neue Realität schmackhaft: Während Magna für die Restrukturierung 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen haben wollte, beziffert Henderson die Kosten auf lediglich drei Milliarden Dollar. Bleibt jetzt nur zu fragen: Zu wessen Lasten diese Einsparungen gehen.