Hintergrund

Das Unternehmen Google Der allwissende Gigant

Stand: 22.10.2015 16:28 Uhr

Wird Google zum Microsoft des neuen Jahrtausends? Was 1998 klassisch in einer Garage begann, ist heute praktisch gleichbedeutend mit der Suche im Internet. Immer wieder überrascht Google mit neuen Dienstleistungen - auch wenn die Konkurrenz sich nicht abschütteln lassen will und Google scharfe Kritiker hat.

Wird Google zum Microsoft des neuen Jahrtausends? Was am 7. September 1998 ganz klassisch in einer kalifornischen Garage begann, ist heute praktisch gleichbedeutend mit der Suche im Internet. Und immer wieder überrascht Google mit neuen Dienstleistungen - auch wenn die Konkurrenz sich nicht abschütteln lassen will und Kritiker vor einem Info-Monopol warnen.

Von Fiete Stegers, tagesschau.de

Das Ziel, das sich die Google-Gründer Sergej Brin und Larry Page setzten, ist ganz einfach: Ihre Internet-Suchmaschine sollte auf jede Frage das gewünschte Ergebnis liefern - intuitiv, ohne dass die Nutzer komplizierte Befehle lernen oder sich damit beschäftigen müssen, nach welchem Muster Internet-Seiten aufgebaut sind und wie die Suchsoftware diese analysiert. Der Weg dahin ist ungleich schwerer und wird auch nach Einschätzung von Google-Cheftechniker Craig Silverstein noch viele Jahre dauern.

Aber Google hat das erste Stück des Weges mit Bravour zurückgelegt. Das 1998 von Brin und Page, damals Informatikstudenten an der Eliteuni Stanford, in einer Garage im Silicon Valley gegründete Unternehmen hat die früher gestartete Konkurrenz wie Alta Vista oder Hotbot fast in Vergessenheit geraten lassen und ist längst mit großem Vorsprung Marktführer, in Deutschland noch stärker als in den USA.
Grund für den rasanten Aufstieg war Googles innovative Suchtechnologie, kombiniert mit einem schlichten Design, dass sich von den überladenen Portalseiten anderer Anbieter absetzte.

Googles Erfolgsgeheimnis: Die Technik

Als Suchmaschine orientierte sich Google nicht an einem reinen Text-Abgleich, also daran, welche Wörter der Suchanfrage auf einer Seite vorkommen. Stattdessen führte Google seinen "PageRank" ein: Je mehr andere Homepages auf eine Website verweisen, desto relevanter wird diese eingestuft. Bewertet wird außerdem die Aktualität eines Eintrags. Seinen Such-Algorithmus hält Google geheim und passt ihn immer wieder an. Damit will das Unternehmen unter anderem Manipulationsversuchen vorbeugen: Aus Spaß oder geschäftlichem Interesse suchen Website-Betreiber immer wieder nach Wegen, möglichst weit vorne in Googles Ergebnislisten aufzutauchen.

Gewinne durch schlichte Textanzeigen

Google ist nicht nur ein Börsenliebling, sondern schreibt auch schwarze Zahlen. Haupteinnahmequelle sind an den eingegebenen Begriffen orientierte Textanzeigen, die - deutlich gekennzeichnet - neben oder über den Suchbegriffen erscheinen. Bezahlte Treffer innerhalb der Suchergebnisse gibt es dagegen laut Google nicht. An dem Anzeigen-Programm können auch andere Websitebetreiber teilnehmen. Außerdem lizensiert die Firma ihre Technologie für die internen Suchfunktionen anderer Websites.

Immer besser, immer mehr

Google setzt weiterhin auf ein schlichtes Äußeres - aber unter der Haube gibt es längst eine Unzahl von Vereinfachungen und Tastaturbefehlen. So sucht Google beispielsweise bei der Eingabe von zwei Ortsnamen automatisch nach der nächsten Bahnverbindung von A nach B oder schlägt bei aktuellen Themen als obersten Suchtreffer auf den Seiten von Nachrichtenanbietern vor. Mit kurzen Befehlswörtern lässt sich Google als Taschenrechner benutzen oder beschränkt sich - mit dem Befehl "define" - auf Lexikoneinträge.

Spektakulärer sind die zahlreichen Sondersuchen, die Google nach und nach einführt und damit der Konkurrenz meistens wieder einen Schritt voraus ist. Satellitenfotos werden so mit Straßenkarten vernetzt, Zitate aus wissenschaftlichen Dokumenten und Bildinhalte aus Videos erschlossen und trotz Ärger um Urheberrechte ganze gedruckte Bibliotheken digital zugänglich gemacht.

YouTube und Mobil-Ambitionen

Die Wettbewerber lässt man meist hinter sich - auch wenn die beiden einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten auf dem Suchmaschinen-Markt, Microsoft und Yahoo, weiter an ihren Angebot feilen. Yahoo-Finanzechefin Susan Decker gestand der Nachrichtenagentur Bloomberg 2006 ein, dass ihre Firma Google nicht mehr überrunden könne.

Andererseits hat Google begonnen, sich auf Gebiete jenseits der puren Suche vorzutasten: Dazu zählen etwa Mobildienste, die 3D-Weltansicht Google Earth und ein Paket für internetbasierte Büro-Software wie Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Letzteres ist zwar eine Kampfansage an Microsoft, konnte sich aber gegen den marktbeherrschenden Klassiker "Office" aus Redmon bisher nicht durchsetzen. Bessere Chancen hat da möglicherweise Googles im September 2008 überraschend angekündigter Internet-Browser "Chrome", der gegen Microsofts ohnehin schwächelnden "Internet Explorer" antritt.

Spektakulär war Googles Kauf der 2005 gegründeten Plattform YouTube, die mit ihrem rasanten Aufstieg zum Symbol für Videos im Internet wurde. 2006 übernahm Google YouTube für 1,6 Milliarden Dollar. Frühere Käufe von Anteilen am Provider AOL für rund eine Milliarde Dollar oder des seinerzeit führenden Weblog-Anbieters Blogger nehmen sich dagegen relativ harmlos aus.

Der Kauf von YouTube - wohl getätigt, um die Plattform angesichts eines weiter erwarteten Bewegtbild-Booms im Netz und entsprechender Werbereichweite nicht in andere Hände fallen zu lassen - hat sich für Google aber bisher noch nicht in Gewinnen niedergeschlagen. Die Serverkosten sind enorm, außerdem müssen sich Google und YouTube mit Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen auseinandersetzen.

Warnung vor Meinungsmacht und gläsernen Nutzern

Die Copyright-Halter von Filminhalten sind nicht die einzigen, die Google kritisch beobachten. So enorm das Unternehmen das Auffinden von Informationen vereinfacht hat, so besorgt werden mögliche Folgen von Googles Ausnahmestellung gesehen. Nicht selten benutzen zum Beispiel Medien die Anzahl der Google-Treffer zu einem Begriff als Indiz für dessen Popularität. "Google bietet ein verzerrtes Bild der medialen Welt. Diese Zerrbild wirkt wiederum auf die Medien zurück", sagt der Fachjournalist Jochen Wegner. Im Extremfall gilt andersherum manchmal bereits: Was Google nicht findet, existiert nicht.

Heftig angegriffen wurde bei seinem Start auch Googles Gratis-Mail-Dienst, der dem Nutzer an den E-Mail-Inhalten angepasste Textanzeigen anbietet. Was wäre erst, wenn die allgegenwärtige Suchmaschine die Erkenntnisse seiner vielen Dienste miteinander vernetzt? Datenschützer warnen vor völlig durchsichtigen Nutzern, von denen Google weiß, was sie einkaufen, wem sie E-Mails schreiben, welche Internet-Seiten sie gesucht, welche Stadtpläne sie angeschaut und was in ihren medizinischen Akten steht. Für den User sind sie schon jetzt größtenteils mit dem gleichen Nutzer-Namen und Passwort personalisierbar. Auch Suchprotokolle von nichtregistrierten Nutzern werden bis zu zwei Jahre lang gespeichert. Die Speicherdauer der sogenannten Cookies, die sich Benutzer-Voreinstellungen merken, wurde laut Google reduziert - doch erst nach jahrelanger Kritik.

Google beharrt darauf, seinem Firmenmotto treu zu bleiben: "Tu nichts Böses". Aber während sich die Firma so einerseits weigerte, US-Fahnder mit Nutzerdaten zu Ermittlungszwecken zu versorgen, nahm sie andererseits für ihren chinesischen Dienst Zensurauflagen aus Peking in Kauf. Auch das Google-Streetview-Programm erweckte Argwohn: Nutzer können damit in ausgewählten Städten einen virtuellen Stadtrundgang unternehmen. Doch um dies anbieten zu können, muss Google diese zunächst fotografieren - Straße für Straße, Haus für Haus wird abgelichtet und gespeichert.

Vision von "Googlezon" im Jahr 2015

Googles Informationspolitik hilft nicht, die Kritiker zu beruhigen: Obwohl Google auf seiner Internetseite einen Überblick über derzeitige Entwicklungen bietet, konzentrieren sich die Mitteilungen auf Technik und Anzeigenverkauf. Neuerungen wurden bisher ohne große Ankündigungen freigeschaltet, sorgten dafür aber um so mehr für Aufsehen in der Internet-Gemeinde.

Wie geht es weiter mit Google? Die Vision der Medienspezialisten Robin Sloan und Matt Thompson schildert bereits 2004 eine Zukunft, in der sich Google und der Online-Shop Amazon zu Googlezon vereinigt haben und überall maßgeschneiderten Informationen, Produkte und Dienstleistungen anbieten. Die gedruckte "New York Times" ist dagegen in ihrem Flashfilm "Epic 2015" offline gegangen und zu einem Luxusprodukt für Reiche und Senioren geworden.