Schuldenstreit mit Griechenland Die vergessene Krise
Griechenland steht momentan vor allem wegen der Flüchtlingskrise in den Schlagzeilen. Dabei kämpft das Land nach wie vor mit der Schuldenkrise. Athen braucht neue Milliarden - und zwar bald. Aktuell prüfen die Gläubiger den Fortschritt der Reformen.
Für Gerry Rice, den Sprecher des Internationalen Währungsfonds IWF, begann die erste Pressekonferenz in diesem Jahr in etwa so, wie die letzte 2015 aufgehört hatte: mit Griechenland.
Inzwischen kann man leicht den Überblick verlieren, wo genau sich die Verhandlungen der internationalen Geldgeber mit Athen befinden. Deswegen hier noch einmal die groben Koordinaten: Wir sind im dritten Hilfspaket über rund 86 Milliarden Euro, genauer, am Beginn der zweiten Tranche. Die erste Tranche von rund 26 Milliarden Euro wurde bereits in Etappen ausgezahlt. Die letzte Milliarde wurde im Dezember 2015 überwiesen.
Die Rentenreform tut am meisten weh
Doch bevor mehr Geld fließt, muss Athen weitere Reformen umsetzen. Die schmerzhafteste ist die Rentenreform: Unter anderem sind Kürzungen von bis zu 15 Prozent geplant - einer der Gründe für die aktuellen Massenproteste.
Doch von dieser Forderung wollen die Geldgeber nicht abrücken. Warum, das erklärt IWF-Sprecher Rice so: "Griechenland kann sich sein Rentensystem nicht leisten, die Beiträge reichen nicht aus und das System muss aus dem Haushalt bezahlt werden." Dies mache fast zehn Prozent des Bruttosozialproduktes aus, so Rice. "Und das zu reformieren ist die Voraussetzung, damit wir die ambitionierten Sparziele der Regierung ernst nehmen können."
Kurz gesagt: Griechenland muss es schaffen, sein Rentensystem aus Rentenbeiträgen und nicht aus dem Staatshaushalt zu finanzieren.
Die erste Prüfung hat in dieser Woche begonnen
Und das ist erst der Anfang: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem zählte beim letzten Finanzministertreffen im Januar auf, worüber aktuell noch gesprochen wird: "Es gibt einige Steuerfragen, den Haushalt 2016 und den Privatisierungsfonds, der aufgebaut werden muss: Da brauchen wir Einigkeit, all das ist Teil der ersten Prüfung."
Die erste Prüfung hat - nach einiger Verzögerung - in dieser Woche begonnen. Am vergangenen Montag nahmen Kontrolleure der EU-Kommission, des Stabilitätsmechanismus ESM, der Europäischen Zentralbank und des IWF in Athen ihre Arbeit auf.
Athen muss bis Ende März vier Milliarden zahlen
Geben sie ihr Okay, hat der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras die undankbare Aufgabe, die Reformen durch das Parlament zu bringen. Bis April will seine Regierung die Verhandlungen über weitere Zahlungen abgeschlossen haben. Die Zeit drängt, die Gläubiger warten: Laut Stabilitätsmechanismus muss Griechenland bis Ende März rund vier Milliarden Euro zurückzahlen.
Und über all dem schwebt außerdem noch eine weitere Forderung des Währungsfonds, so dessen Sprecher Rice. "Griechenland braucht einen Schuldenerlass durch seine europäischen Partner. Dabei bleiben wir, auch im Jahr 2016." Denn ohne diesen Schuldenerlass macht der IWF beim dritten Hilfspaket nicht mit.