Verhandlungen über das griechische Hilfsprogramm "Zeit für eine historische Entscheidung"
Zum Auftakt der wohl entscheidenden Gesprächen über den griechischen Antrag auf weitere EU-Hilfe bemühen sich alle Seiten um moderate Töne. Von einem "guten Signal" aus Athen sprach Kanzlerin Merkel, Griechenlands Regierungschef Tsipras von Respekt gegenüber den Regeln der EU.
Zum Auftakt des womöglich entscheidenden Treffen der Euro-Finanzminister über eine Fortsetzung der Finanzhilfen für Griechenland hat Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis Kompromissbereitschaft angedeutet: "Ich hoffe, dass wir zu einer Vereinbarung kommen und ich glaube auch daran." Die griechische Regierung habe sich bereits zehn Meilen bewegt. "Jetzt erwarte ich von unseren Partnern, dass sie uns auch entgegenkommen, nicht auf halbem Wege, sondern bei einem Fünftel." Das würde bedeuten, dass auch Griechenland noch nachgeben könnte.
Ministerpräsident Alexis Tsipras zeigte sich optimistisch. Er sei sicher, dass der Antrag seiner Regierung auf eine sechsmonatige Verlängerung der Kreditvereinbarung akzeptiert werde, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Auch er betonte, Athen habe alles dafür getan, um zu einer für beide Seiten vorteilhaften Lösung zu kommen. Diese Lösung müsse auf Respekt fußen - "sowohl für die Regeln der EU als auch für das Wahlergebnis von Mitgliedsstaaten". Er sagte weiter: "Dies ist der Zeitpunkt für eine historische politische Entscheidung über die Zukunft Europas."
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Nachbesserungen von der griechischen Regierung. "Es bedarf noch erheblicher Verbesserung bei der Substanz dessen, was da beraten wird", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande in Paris. Ziel sei es aber, dass Griechenland im Euroraum bleibe. Griechenland habe Opfer gebracht und Reformen in Angriff genommen. Zuvor hatte Merkel durch eine Sprecherin mitteilen lassen, dass sie das Schreiben aus Athen durchaus als "gutes Signal" und Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen sehe.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte, nicht allein Griechenland stehe zur Debatte: "Es geht nicht nur um einen Einzelnen, es geht um Europa." Er sagte: "Es geht darum, dass wir uns gegenseitig vertrauen können und dass wir das Vertrauen der Menschen in allen europäischen Ländern für den Fortgang des europäischen Einigungswerks bestärken."
Schäubles Sprecher hatte gestern den Antrag Athens auf Fortsetzung der Hilfen als "substanzlos" zurückgewiesen. Die Kriterien der Eurogruppe seien nicht erfüllt.
EU-Staaten fordern Bekenntnis zu Reformen
Die Bundesregierung fordert von Griechenland ein Bekenntnis zu den zugesagten Reformschritten als Gegenleistung für weitere Kredite. Ähnlich äußerte sich Portugals Regierungschef Pedro Passos Coelho. Es sei klar, dass Athen ein weiteres Paket mit Finanzhilfen benötige. Das Land wolle das Geld, aber sich "nicht auf ein Paket von Verpflichtungen festlegen, das Grundlage für den Kredit ist", sagte Coelho im portugiesischen Parlament - das sei "nicht hinnehmbar".
"Einigung ist möglich, wenn alle vernünftig sind"
Die EU-Kommission zeigte sich optimistisch, dass ein Kompromiss erzielt werden kann. "Wir sind zuversichtlich, dass eine Einigung in absehbarer Zeit möglich ist, wenn alle vernünftig sind", sagte ein Sprecher. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sei in ständigem Kontakt mit allen Beteiligten.
Unklar ist, ob die griechische Regierung nicht nur die Kreditbedingungen, sondern auch alle Reformauflagen der internationalen Geldgeber akzeptiert. Denn die Milliardenhilfen des ersten und zweiten Griechenland-Rettungspakets wurden von Beginn an nur unter der Voraussetzung bewilligt, dass die Regierung in Athen gleichzeitig die vereinbarten Reformen und Auflagen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen erfüllt.