Regierungspartei Syriza unter Druck Griechen wütend und verzweifelt
Vier Monate nach ihrem Wahlsieg ist der Glanz der Syriza verblasst. Bei den Bürgern wachsen Wut und Verzweiflung, weil sie glauben, dass bei den Verhandlungen um Reformen und neue Kredite nichts herauskommt. Auch intern ist die Regierungspartei über den weiteren Kurs zerstritten.
Mal sagt die griechische Regierung: Die Renten werden nicht angetastet. Dann heißt es auf einmal: Es könnte doch Kürzungen geben. Mal soll die Mehrwertsteuer erhöht werden. Dann heißt es wieder: Die Steuern bleiben, wie sie sind. Immer mehr Griechen sind von ihrer Regierung genervt: "Die lassen uns permanent im Unklaren. Wir wissen nicht, was morgen kommt. Ich hoffe sehr, dass das noch gut geht", sagt ein Mann.
Über den künftigen Kurs des Landes hat die Regierungspartei Syriza am Wochenende heftig gestritten; am Schluss der Tagung des Zentralkomitees der Linkspartei Syriza setzte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras gestern Abend knapp mit seiner Linie durch, und die heißt: weiterverhandeln mit den Kreditgebern. Dabei versprach er den Delegierten seiner Partei: "Wir werden den absurden Forderungen nicht nachgeben, die Mehrwertsteuer zu erhöhen oder Renten zu senken."
Hintertür für Kompromisse
Das klingt kämpferisch, lässt aber Raum für Verhandlungen. Nämlich: absurde Forderungen zur Rentensenkung will Tsipras ablehnen. Er lässt dabei ganz bewusst offen, ob es neben "absurden" auch vernünftige Forderungen gibt, Renten zu senken, wie etwa bestimmte Zusatzrenten. Mit seiner Rhetorik lässt Tsipras also Spielraum für Verhandlungen.
Der linke Flügel von Syriza hatte einen radikalen Schnitt gefordert, nämlich: Griechenland solle in der kommenden Woche die dann fällige Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds nicht zurückzahlen und alle Banken verstaatlichen. 75 Delegierte stimmten für diesen Antrag des linken Flügels, 95 dagegen – eine knappe Mehrheit also für den Kurs von Ministerpräsident Tsipras, weiter zu verhandeln.
Kein neues Sparprogramm
Tsipras versicherte noch einmal: Seine Regierung werde kein neues Sparprogramm unterschreiben. "Kameradinnen und Kameraden, wir haben noch viel Arbeit vor uns", beschwor die Delegierten seiner Partei. "In diesen kritischen Momenten müssen wir verantwortungsvoll, entschieden und solidarisch handeln - und wir müssen in unsere eigene Kraft vertrauen."
Tsipras hofft, in den nächsten Tagen eine Einigung mit den Kreditgebern zu finden. Die EU, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds sollen Hilfskredite in Milliardenhöhe freigeben. Im Gegenzug ist Tsipras bereit, Sparauflagen zu akzeptieren. Welche das sein werden, darüber verhandelt Tsipras seit Monaten mit den Kreditgebern.
Nur wenige glauben noch der Regierung
Die Griechen beobachten das mit wachsender Sorge. Immerhin, Frida Tasi, eine Rentnerin aus Athen, findet noch gute Worte für die Regierung: "Ich hoffe, dass die Dinge noch zu einem guten Ende kommen werden. Es ist gut, dass die Regierung so hart verhandelt, damit die Renten nicht noch weiter gekürzt werden, denn wir haben doch schon so viel Geld verloren. Ich bin froh, dass die für uns kämpfen, dass wir uns nicht gleich ergeben. Ich hoffe, es wird gut enden."
Die meisten Griechen aber haben die Hoffnung verloren, die sie in die Linkspartei Syriza gesetzt hatten - so wie dieser Mann: "Wenn Du kein Geld hast und einen Kredit brauchst, dann bist Du in einer ganz schlechten Verhandlungsposition. Dann bist Du auf Gedeih und Verderb von denen abhängig, die die Macht haben. Du musst Dich denen unterwerfen, um zu überleben" Eine Frau ergänzt.; "Unsere Regierung macht nicht das, was sie versprochen hatte und auch nicht das, was sie tun sollte. Jeden Tag hören wir etwas anderes. Morgens so, mittags so und abends so. Wir wissen überhaupt nicht, wo es langgehen soll."
Der Frust bei vielen Griechen wächst. Vier Monate nach dem grandiosen Wahlsieg von Syriza steckt Griechenland tiefer in der Krise als zuvor.