Kreditwürdigkeit deutlich herabgestuft Athen geht das Geld aus

Stand: 27.04.2010 23:23 Uhr

Griechenlands Finanzminister Papakonstantinou sieht keine Chance mehr, Geld auf den Finanzmärkten aufzunehmen. Zuvor hatte eine wichtige Ratingagentur die Kreditwürdigkeit der Griechen erneut stark heruntergestuft. Bis zum 19. Mai benötigt Athen frisches Geld, um alte Verbindlichkeiten zu bezahlen.

Angesichts der explodierenden Kosten für seine Staatsschulden kann Griechenland nach eigenen Angaben auf den Finanzmärkten kein Geld mehr aufnehmen. Der Zugang zu den Märkten sei "unmöglich", sagte Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Die Hilfen der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) müssten deshalb bis zum 19. Mai bereitstehen. Die griechische Regierung muss bis zum 19. Mai neue Schulden aufnehmen, um alte Verbindlichkeiten zu bezahlen

Zuvor hatte die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit des Landes auf "Junk" (Ramsch) heruntergestuft. Die Bewertung für griechische Anleihen wurde um drei Noten auf BB+ gesenkt. In diesem Fall geht die Ratingagentur davon aus, dass der Schuldner im Schnitt nur 30 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten begleichen werde. Die Kosten für die Schulden Griechenlands stiegen derweil auf immer neue Rekordwerte: Investoren verlangten für zehnjährige griechische Staatsanleihen eine Rendite von 9,622 Prozent.

Deutliche Verluste an den Börsen

Auf den internationalen Finanzmärkten brachen daraufhin die Kurse ein. Der Deutsche Aktienindex (DAX) verlor bis Handelsschluss 2,7 Prozent, auch der Euro gab gegenüber dem US-Dollar nach. Auch an den US-Börsen verzeichneten die Händler starke Verluste. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor bis zum Schluss 1,9 Prozent auf 10.992 Punkte. Selbst ein im April überraschend deutlich gestiegenes Verbrauchervertrauen in den USA und eine Reihe guter Zahlen vor allem aus dem verarbeitenden Gewerbe konnten die Talfahrt nicht verhindern.

Entscheidung über Griechenland-Hilfe am 10. Mai?

Griechenland hatte die Staaten der Euro-Zone am Freitag offiziell um Milliardenhilfen gebeten. Ein vereinbarter Hilfsmechanismus sieht vor, dass das Land dieses Jahr bis zu 30 Milliarden Euro Notkredite von den Euro-Ländern erhalten kann. Deutschland würde dazu bis zu 8,37 Milliarden Euro beitragen. Weitere Hilfen in Höhe von maximal 15 Milliarden Euro könnten vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kommen.

Die EU will das Hilfspaket nach Angaben aus Brüssel bis Anfang Mai unter Dach und Fach haben. Die Staats- und Regierungschef der Euro-Gruppe könnten bei einem Gipfeltreffen am 10. Mai darüber entscheiden, verlautete aus Kreisen der spanischen EU-Präsidentschaft.

Experten fühlen sich an Lehman-Desaster erinnert

Unterdessen verschärfte sich auch im Euro-Land Portugal die Lage. Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit Lissabons ebenfalls um zwei Stufen herab. Dies nährte Befürchtungen, Spekulanten könnten das Land nach Griechenland zu ihrem nächsten Ziel machen.

Experten verwiesen darauf, dass die griechische Schuldenkrise mittlerweile dem Lehman-Desaster von 2008 ähnele. So wie nach dem Fall von Lehman ein Unternehmen nach dem anderen nach unten gezogen worden sei, springe nun die Krise von Griechenland auf Portugal über, sagte ein Börsianer.

Infobox: Staatsanleihen
Bei Staatsanleihen handelt es sich um Schuldverschreibungen (Kredite), die der Staat ausgibt, um zusätzlich zu seinen Steuereinnahmen Geld zu bekommen. Genau wie Aktien werden sie an der Börse gehandelt. In der Regel sind es Banken, Investmentfonds und Versicherungskonzerne, die die Anleihen zu einem festgelegten Zinssatz erwerben. Staatsanleihen in der Euro-Zone gelten als relativ sichere und ertragreiche Anlage.
Wie bei anderen Anleihen auch besteht allerdings ein gewisses Restrisiko: Ist der Staat zahlungsunfähig, könnte das eingelegte Kapital nicht oder nicht fristgerecht zurückgezahlt werden. Durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands auf "Junk" (Ramsch) muss das Land noch höhere Zinsaufschläge zahlen, um Kredite zu bekommen.