Eine Familie sitzt vor einem Haus auf einer Terrasse.
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Ältere Generation War früher alles besser am Immobilienmarkt?

Stand: 27.03.2024 06:40 Uhr

Der Immobilienmarkt von vor 20 Jahren löst heute bei vielen Menschen Nostalgie und Neid aus - wenn man die Preise mit heute vergleicht. Aber war ein Eigenheim damals wirklich erschwinglicher?

Von Antonia Mannweiler, ARD-Finanzredaktion

Wer über Immobilien spricht, verliert sich schnell in Nostalgie: Früher war alles besser - und vor allem günstiger, heißt es oft. Damals hätten sich Eltern und Großeltern noch ein Haus in zentraler Lage für 250.000 Euro leisten können. Heute bekomme man dafür nicht einmal mehr eine Wohnung.

Tatsächlich haben sich die Immobilienpreise allein seit 2010 in Deutschland fast verdoppelt. In Frankfurt kostete eine 100-Quadratmeter-Eigentumswohnung 2009 noch etwas mehr als 300.000 Euro. Zehn Jahre später waren es schon mehr als 600.000 Euro. Die absoluten Preise sind gerade in den 2010er-Jahren stark gestiegen.

Zinsniveau damals höher

Um zu beurteilen, ob es heute wirklich schwieriger ist, sich eine Immobilie zu leisten, muss der Kaufpreis allerdings ins Verhältnis gesetzt werden. Dafür kann das Zinsniveau nicht ausgeklammert werden. Das spielt beim Thema Finanzierung eine äußerst wichtige Rolle, weil es die wenigsten schaffen, den Kauf ihres Hauses oder ihrer Eigentumswohnung ohne die Hilfe der Bank zu finanzieren.

Aktuell zahlen Käufer für eine zehnjährige Baufinanzierung der FMH Finanzberatung zufolge im Schnitt mehr als drei Prozent Zinsen. Ende 2021 lagen sie noch bei einem Prozent. Damit ist es zwar derzeit deutlich teurer, eine Immobilie zu finanzieren, als noch vor drei Jahren.

Aber wie war das Zinsniveau vor der langen Niedrigzinsära? In den 1990ern mussten Immobilienkäufer noch fast neun Prozent Hypothekenzinsen an die Bank zahlen. Das ist nahezu das Dreifache des heutigen Niveaus. In den 2000ern sind die Zinsen dann auf 6,5 Prozent gesunken. Und 2010 lagen sie bei vier Prozent, also in etwa der Stand, auf dem sich die Zinsen auch aktuell wieder bewegen.

Antonia Mannweiler, ARD-Finanzredaktion, zu den Veränderungen am Immobilienmarkt über Jahrzehnte

tagesschau24, 27.03.2024 09:00 Uhr

Niedrigzinsphase außergewöhnlich

Der Eindruck täusche, dass früher alles besser gewesen ist, sagt Immobilienprofessor Günter Vornholz im Podcast "Gold & Asche: Projekt Hauskauf" der ARD-Finanzredaktion. Bei langfristiger Betrachtung sei es früher viel schwieriger und weniger erschwinglich gewesen, ein Haus zu kaufen.

Das habe sich im letzten Jahrzehnt durch die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) gewandelt. "Da haben sich viele Hoffnungen gemacht, sich bei einem Prozent Hypothekenzinsen eine Wohnung oder ein Haus zu leisten. Und nach dem raschen Zinsanstieg haben sich die Rahmenbedingungen vollkommen verändert."

Während sich vor drei Jahren ein Normalverdiener ein Haus gekauft haben könne, sei das bei den relativ hohen Zinsen heute nicht mehr möglich, so Vornholz. Durch die Niedrigzinsen habe man eine Situation gehabt, in der sich auf einmal zwei Drittel aller Haushalte Wohneigentum leisten konnten. "Heute ist wieder wie früher üblich, dass es die überdurchschnittlich Verdienenden sind, die sich Wohneigentum leisten können."

Gold und Asche
Podcast "Gold & Asche: Projekt Hauskauf"
In der ersten Staffel von "Gold & Asche" der ARD-Finanzredaktion wird in sieben Folgen Schritt für Schritt das Wichtigste beim Hauskauf beleuchtet - mit Hintergründen und Expertenwissen. Zu hören in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Die einzelnen Episoden finden Sie hier.

Folge 1: Lohnt es sich, ein Haus zu kaufen? (21. Februar)
Folge 2: Der richtige Zeitpunkt für den Hauskauf (21. Februar)
Folge 3: Wie viel Haus kann ich mir leisten? (28. Februar)
Folge 4: Worauf muss ich beim Kredit achten? (6. März)
Folge 5: Wie der Staat den Hauskauf finanziell unterstützt (13. März)
Folge 6: Alles rund um die energetische Sanierung (20. März)
Folge 7: War früher alles besser? (27. März)

Ist es heute erschwinglicher als früher?

Die Kaufpreise waren früher niedriger, nicht aber die Finanzierungskosten. Wie erschwinglich eine Immobilie heute ist, ist also abhängig von der Zinshöhe, vom Preis der Immobilie und auch vom Einkommen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat dazu Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - kurz OECD - herangezogen und einen Erschwinglichkeitsindex für Deutschland ab 1980 erstellt.

Das Resultat kommt für viele wahrscheinlich überraschend: Denn danach ist es heute wesentlich erschwinglicher, eine Immobilie zu kaufen als noch in den 1980ern. In den 2010er Jahren sind die Preise für Wohneigentum zwar sehr stark gestiegen, dies wurde aber durch die Zinssenkungen am Markt überkompensiert.

Am "unerschwinglichsten" war es tatsächlich im Jahr 1981. Am relativ günstigsten war es 2016. Seitdem ist es zwar wieder etwas teurer geworden, aber von dem Niveau der 1980er und 1990er ist man aktuell noch weit entfernt. Heute ist es in etwa so teuer eine Immobilie zu erwerben wie noch Mitte der 2000er.

Wohnqualität auf anderem Niveau

Und im Vergleich zu früher ist es heute zwar deutlich teurer zu bauen, dafür ist die Wohnqualität im Laufe der Jahre gestiegen. So ist zum Beispiel der Wohnflächenkonsum in den letzten 30 Jahren um 37 Prozent nach oben geklettert. Und auch die Qualität der Immobilien ist heute auf einem anderen Niveau.

"Es wird alles immer höherwertiger und teurer. Nicht nur, weil der Staat das zum Teil vorschreibt, sondern weil wir das so haben möchten", erklärt Finanzexperte Gerd Kommer im Podcast. Und das führe natürlich dazu, dass die Kosten für Eigentum und Mieten stiegen. "Wenn ich diese Qualitäts- und Flächeneffekte rausrechne, sehen die Zahlen schon nicht mehr so dramatisch aus."

Konsumverzicht und Arbeitsmoral

Also doch alles nicht so wild heute? Die Schauspielerin Whoopi Goldberg hat erst kürzlich über die Arbeitsmoral von Millennials und Gen Z gelästert und gesagt: "Sorry, aber wenn ihr nur vier Stunden arbeiten wollt, wird es schwieriger für euch, ein Haus zu bekommen." Stehen also Avocado-Toast, dreimal in Jahr in Urlaub fahren und häufige Restaurantbesuche einer Immobilie im Weg?

Laut einer Umfrage ist der Wunsch nach den eigenen vier Wänden gerade bei den jungen Menschen besonders groß. Drei Viertel der 18- bis 29-Jährigen und zwei Drittel der 30 bis 39-Jährigen würden gerne Wohneigentum besitzen. Und sie wären dafür durchaus zum Konsumverzicht bereit. Knapp 30 Prozent gab an, für den Kauf der Immobilie auch auf Urlaub zu verzichten, 17 Prozent wollte häufiger zu Hause kochen.

Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?

Dass es heute schwieriger geworden ist, sich eine Immobilie zu leisten, ist nicht komplett aus der Luft gegriffen. Ein Punkt ist: In den vergangenen Jahren war es aufgrund der niedrigen Zinsen nicht möglich, Eigenkapital konservativ bei der Bank anzusparen. Natürlich gilt das nicht für Renditen, die am Aktienmarkt zu erzielen waren.

Doch Kapital über Aktiensparen zu bilden ist in Deutschland noch immer nicht die Regel. Auch wenn sich dies langsam ändert, wagen sich noch immer zu wenige Deutsche an den Aktienmarkt. Stattdessen sparen sie eher konservativ, wodurch es lange kaum möglich war, genug Geld für eine Immobilie anzusparen.

Das Thema Ersparnisbildung sei früher nicht ganz so relevant gewesen, so auch IW-Experte Michael Voigtländer. "Das heißt, man hatte schneller den Betrag zusammen, den man brauchte, um ins Wohneigentum zu kommen." Derzeit gibt es zumindest wieder Zinsen auf dem Sparkonto.

Höherer Kapitalbedarf notwendig

Ein weiterer großer Unterschied zu früher ist der Kapitalbedarf, der während des Immobilienbooms der vergangenen Jahre stark gestiegen ist. Wer heute 30 Prozent des Kaufpreises einer 400.000 Euro teuren Immobilie inklusive Nebenkosten aufbringen muss, braucht theoretisch 120.000 Euro.

Selbst Gutverdiener im Doppelpack können das in ihren 30ern kaum stemmen. Deshalb schaffen es viele Haushalte nur noch mit der Hilfe ihrer Familie oder eines Erbes, eine Immobilie zu kaufen. Es geht da also nicht mehr um das monatliche Gehalt, sondern um das, was schon vor dem Immobilienkauf an Mitteln vorhanden ist.

Immobilienökonom Konstantin Kholodilin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) drückt es so aus: "Die Vermögensungleichheit ist viel, viel größer als die Einkommensungleichheit. Das heißt, alles, was die Vorfahren akkumuliert haben, trägt entscheidend dazu bei, wie wir Immobilien kaufen können." Das bedeutet beim Immobilienkauf also, dass die Bedeutung des Einkommens abnimmt, während das schon vorhandene Vermögen immer relevanter wird.

Kaufnebenkosten und Regulierung

Was sich in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls zu Ungunsten der jüngeren Generation verändert hat, sind die Kaufnebenkosten - wie etwa die Grunderwerbssteuer, die einen großen Teil der Kaufnebenkosten ausmacht. In einigen Bundesländern betragen sie mittlerweile 6,5 Prozent des Kaufpreises. Mitte der 1980er betrug sie gerade einmal zwei Prozent.

Auch die zunehmende Komplexität und ein Mehr an Regulierung, zum Beispiel durch Baubehörden oder den Gesetzgeber, sorgen dafür, dass der Bau einerseits immer teurer wird und andererseits immer weniger durch Eigenleistungen günstiger gestaltet werden kann.

Durch Eigenleistung habe man früher einiges kompensieren können, sagt Voigtländer. "Das ist heute deutlich schwieriger." Das habe unter anderem mit den komplexeren Anforderungen an den Bau zu tun. "Auch das macht es sicherlich heute schwieriger, Eigenleistung zu erbringen."