Irland stellt Sparplan vor Milliarden-Mix aus mehr Steuern und Kürzungen
Drastische Einsparungen im Sozialbereich und im öffentlichen Dienst, höhere Einkommens- und Mehrwertsteuer: Die irische Regierung hat ihre Sparpläne vorgestellt. 15 Milliarden Euro will das Land bis 2014 einsparen. Die von vielen Staaten als zu niedrig angesehene Unternehmenssteuer bleibt dagegen unangetastet.
Die irische Regierung hat ihren Vier-Jahres-Plan zur Sanierung des Staatshaushalts vorgestellt. Danach soll der Haushalt - wie angekündigt - um 15 Milliarden Euro entlastet werden. Diese Summe soll sich aus Einsparungen in Höhe von zehn Milliarden Euro und Steuererhöhungen im Umfang von fünf Milliarden Euro zusammensetzen. Allein im nächsten Jahr will Irland sechs Milliarden Euro einsparen.
Allein im Bereich der Sozialleistungen sollen 2,8 Milliarden Euro eingespart werden; zudem soll es Kürzungen im öffentlichen Dienst und bei den dort gezahlten Gehältern geben. Unter anderem sollen knapp 25.000 Stellen gestrichen werden. Auch bei den Pensionären sind Kürzungen geplant. Auf der Einnahmenseite will die Regierung knapp zwei Milliarden Euro durch höhere Einkommenssteuer erzielen, außerdem soll die Mehrwertsteuer 2013 um einen Prozentpunkt auf 22 Prozent und ein Jahr später auf 23 Prozent erhöht werden. Davon erhofft sich Irland 620 Millionen Euro Mehreinnahmen. Ab 2014 müssen die Iren zudem erstmals ihr Trinkwasser bezahlen. Der Mindestlohn soll um einen Euro auf 7,65 Euro sinken, um dadurch die Beschäftigungszahlen zu erhöhen.
Unternehmenssteuer bleibt bei 12,5 Prozent
Der Rechnung liegt ein angenommenes durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 2,75 Prozent pro Jahr bis 2014 zugrunde. Der von anderen europäischen Staaten heftig kritisierte Satz für die Unternehmensbesteuerung in Höhe von konkurrenzlos niedrigen 12,5 Prozent soll dagegen unangetastet bleiben.
Den detaillierten Sparplan veröffentlichte das irische Finanzministerium im Internet unter dem Titel "The National Recovery Plan 2011 - 2014". "Die Ziele dieses Plans sind anspruchsvoll, aber realistisch", heißt es darin. "Dieser Plan wird Vertrauen im Land und außerhalb schaffen." Die Einsparungen bewirkten, dass die Ausgaben wieder auf das Niveau von 2007 zurückgeführt würden. Irland werde auch keine Hochsteuer-Volkswirtschaft. Die Änderungen bei der Einkommenssteuer würden lediglich dazu führen, dass wieder eine ähnliche Steuerstruktur geschaffen werde wie sie bis zum Jahr 2006 existierte.
Voraussetzung für Milliardenhilfen
Der Plan ist laut Premierminister Brian Cowen "elementare Voraussetzung" dafür, dass Hilfen aus dem Rettungsschirm des Internationalen Währungsfonds und der EU fließen können. Ferner müsse der Haushalt 2011 am 7. Dezember vom Parlament bestätigt werden. Diese Bestätigung gilt aber als unsicher - Cowens grüner Koalitionspartner forderte bereits Neuwahlen und bislang ist nicht klar, ob alle Koalitionsabgeordneten für den Haushalt stimmen werden.
Die EU begrüßte das irische Sparpaket. Währungskommissar Olli Rehn sprach von einer "soliden Basis" für die Verhandlungen über die Finanzhilfen.
Irland war am Wochenende nach langem Zögern unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft und soll nun aus dem 750-Milliarden-Topf vermutlich eine Summe in der Größenordnung von bis zu 90 Milliarden Euro erhalten, um sein marodes Bankensystem zu sanieren und das Haushaltsloch zu stopfen. Cowen erklärte, eine Summe stehe noch nicht fest, aber in den Verhandlungen sei über die Zahl von 85 Milliarden Euro diskutiert worden.
S&P stuft Irlands Kreditwürdigkeit zurück
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) stufte inzwischen die Note für die Kreditwürdigkeit Irlands zurück. S&P teilte mit, sie habe ihre Bewertung von "AA-" auf "A" gesenkt. Zudem stellte die Agentur weitere Herabstufungen in Aussicht, indem sie das Land auf ihre Beobachtungsliste setzte. Der Ausblick sei negativ, erklärte S&P.
S&P begründete die Herabstufung mit der Aussicht auf zusätzliche Belastungen des irischen Staatshaushalts durch die Bankenkrise auf der Insel. Die angekündigte Hilfe für Irland durch Europäische Union und Internationalen Währungsfonds dürfte zwar die Unsicherheit etwas verringern - der Rettungsschirm werde aber weder die hohen Staatsschulden verringern noch die ungünstigen Konjunkturaussichten verbessern. Zudem verweist S&P darauf, dass die irische Bonität ohne die Finanzhilfe wohl noch stärker gesenkt worden wäre.
Auch die Agentur Fitch kündigte an, die Kreditwürdigkeit Irlands zu überprüfen. Fitch stuft Irlands Bonität derzeit mit der Note "A+" ein und hat diese Bewertung mit einem negativen Ausblick versehen. Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken und Staaten. Je schlechter sie die Bonität eines Marktteilnehmers beurteilen, desto teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen.
Nach Angaben des irischen Finanzministeriums nehmen zurzeit 16 Banken und Immobiliengesellschaften den staatlichen Rettungsschirm in Anspruch - entweder in Form von Bürgschaften oder in Form von staatlichen Kapitalspritzen. Insgesamt könnte die Rettung nach Berechnungen der Ratingagentur Standard & Poor's bis zu 90 Milliarden Euro verschlingen.
Das größte Sorgenkind ist die Anglo Irish Bank - sie wird bis zum Jahresende bereits 30 Milliarden Euro an Steuergeldern erhalten haben. Die Allied Irish Bank kommt bis dahin auf mehr als zehn Milliarden, Irish Nationwide Building auf 5,4 Milliarden Euro. Weitere Milliarden gingen bereits an die Bank of Ireland.
All diese Zahlen sind vorläufig. Laut irischer Zentralbank könnte allein die Anglo Irish weitere vier Milliarden Euro benötigen. Zudem haben die Banken mit der Tatsache zu kämpfen, dass Kunden ihre Gelder abziehen und die Kapitalausstattung dadurch weiter geschwächt wird. Allied Irish verlor seit Jahresbeginn Kundeneinlagen im Wert von 13 Milliarden Euro, bei der Bank of Ireland zogen vor allem Firmenkunden allein im vergangenen Quartal zehn Milliarden Euro ab.