Italien Parlament verabschiedet Defizit-Etat
Trotz aller Warnungen hat sich Italien vom Ziel eines ausgeglichenen Etats auf unbestimmte Zeit verabschiedet: Das Parlament stimmte für einen Haushaltsplan, in dem ein Defizit von 2,4 Prozent fest vorgesehen ist.
Italiens Parlament hat trotz Warnungen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) das Haushaltsgesetz der Regierung verabschiedet. Der Senat stimmte dem Budget mit 165 zu 107 Stimmen zu, das Unterhaus folgte mit 331 zu 191 Stimmen.
Der Haushaltsplan lege "den Grundstein für einen Kurswechsel in der italienischen Politik", erklärte die Partei Fünf Sterne. Die populistische Bewegung, die zusammen mit der fremdenfeindlichen Lega regiert, kündigte in einer Mitteilung ein Ende der Sparpolitik der vergangenen Jahre sowie steigende Investitionen an. Das Gesetz sieht für 2019 ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent vor, das 2020 auf 2,1 Prozent und 2021 auf 1,8 Prozent sinken soll.
Defizite auch in den nächsten Jahren
Einen ausgeglichenen Haushalt peilt Italien nun erst nach 2021 an. Das Parlament stimmte für eine Verschiebung des bisherigen Termins im Jahr 2020, der von der Vorgängerregierung festgelegt wurde. Die im Juni gewählte neue Regierung hat dagegen kein konkretes Datum dafür festgelegt.
Vor der Abstimmung hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die italienische Regierung vor einer zu laxen Haushaltspolitik gewarnt. "Die italienische Regierung muss mit der hohen Staatsverschuldung umgehen, diese Verantwortung kann ihr niemand abnehmen", sagte Scholz dem "Handelsblatt".
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, rief Italien ebenfalls zur Haushaltsdisziplin auf. Rom müsse die "Regeln des Clubs" - der Europäischen Union - respektieren, sagte sie bei der IWF-Jahrestagung. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sagte, der Plan werde Italiens Verschuldung verschlimmern.
Das Bild einer eingerahmten EU-Flagge, die sich selbst schreddert, in Rom - eine Anspielung auf eine Aktion des Künstlers Banksy.
Ifo-Institut: "Gefährliche Gemengelage"
Die neue Regierung in Rom aus populistischer 5-Sterne-Bewegung und rechter Lega will mehr investieren und so für ein höheres Wirtschaftswachstum sorgen. Dafür plant sie eine höhere Neuverschuldung ein - zum Missfallen der EU-Kommission. Ökonomen sind skeptisch, ob die Pläne aufgehen oder letztlich zu einer neuen Schuldenkrise in Europa führen. In der kommenden Woche soll Italien - wie alle anderen Eurostaaten - seinen Haushalt in Brüssel vorlegen.
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte im Deutschlandfunk, die italienische Regierung gehe von zu optimistischen Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung aus. Anleger zögen sich aus guten Gründen aus italienischen Staatsanleihen zurück. Wichtig sei nun, dass sich der Rest Europas gegen die Krise abschirme, die Gemengelage sei sehr gefährlich, vor allem für Italien.
Italiens Verschuldung ist die zweithöchste in der Euro-Zone nach Griechenland. Die Schulden belaufen sich laut Ökonomen auf 130-Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), in der Eurozone gilt jedoch das Defizitkriterium. Das schreibt jedem Mitgliedsstaat eine jährliche Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des BIP vor.