IWF-Delegation für zwei Wochen in Athen Griechenlands Finanzen unter der Lupe
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat einen Beraterstab nach Griechenland entsandt. Die Sachverständigen sollen der Regierung in Athen helfen, den Staatshaushalt wieder in den Griff zu bekommen. Die Mission sei unabhängig von einem möglichen EU-Hilfspaket für das Land, betonte ein IWF-Sprecher.
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Knapp zwei Wochen, nachdem sich die Euro-Staaten auf einen Notfallplan für Griechenland geeinigt haben, sind zwei Delegationen des IWF in Athen eingetroffen. Die Experten sollen rund zwei Wochen in der griechischen Hauptstadt bleiben. Während dieser Zeit werden sie die finanz- und wirtschaftspolitische Situation des angeschlagenen Landes genau unter die Lupe nehmen. Unter anderem sind auch Treffen mit Finanzminister Jorgos Papakonstantinou geplant.
Die Länder der Eurozone hatten sich geeinigt, Griechenland im Notfall gemeinsam mit dem IWF zu unterstützen. Der Schritt sollte helfen, Spekulationen auf eine Pleite Griechenlands an den Finanzmärkten zu stoppen. Die Entscheidung, für die sich besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel stark gemacht hatte, löste unterschiedliche Reaktionen aus. Während aus der Politik beinahe einheitliches Lob zu vernehmen war, hieß es aus Wirtschaftskreisen, die ins Auge gefasste Zusammenarbeit mit dem IWF könne die Souveränität und Glaubwürdigkeit der Eurozone gefährden.
Sparmaßnahmen von fast fünf Milliarden Euro
Obgleich die Regierung in Athen mittlerweile Sparmaßnahmen im Umfang fast fünf Milliarden Euro zur Eindämmung der Finanzkrise beschlossen hat, ist die Situation an der Ägäis nach wie vor brisant. So kletterte gestern der Risikoaufschlag für griechische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit gegenüber den deutschen Bundesanleihen deutlich nach oben. Mit 390 Basispunkten lag er gestern Abend so hoch wie seit dem 8. Februar nicht mehr. Damit muss Athen im Vergleich zu Deutschland fast 3,9 Prozent mehr Zinsen zahlen. Unterdessen kursieren zahlreiche Gerüchte in Griechenland. So hieß es am Montagabend, Athen wolle von der Europäischen Union eine Änderung des Notfallplans fordern. Denn Anleihen wolle man gegebenenfalls nur bei europäischen Staaten aufnehmen, nicht aber beim IWF. Sonst bekäme man andernorts keine Kredite mehr.
Neubewertung Griechenlands geplant
Zudem melden griechische Medien, die Regierung werde versuchen, Kredite in den USA und in asiatischen Staaten zu bekommen. Des Weiteren heißt es aus anderen Quellen, Athen habe im vergangenen Vierteljahr an die acht Milliarden Euro seiner Geldeinlagen-Ersparnisse in die Schweiz, nach Zypern und nach Großbritannien überwiesen. Bis zum 15. Mai wollen die Europäische Zentralbank, die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds eine Neubewertung Griechenlands vornehmen. Bis Ende Mai muss Athen laut Experten etwa 20 Milliarden Euro Staatsschulden refinanzieren. Bis Jahresende werden demnach insgesamt 55 Milliarden Euro gebraucht.