Gasleitung mit Beschriftung

Energiekrise Vorhersage über Winter-Gasvorräte unmöglich

Stand: 15.09.2022 11:36 Uhr

Kommt es im Winter zum Gasnotstand? Diese Frage beschäftigt Verbraucher und Unternehmen. Im Notfall regelt die Bundesnetzagentur die Vergabe. Ob es zum Äußersten kommt, sei ungewiss, sagt Behördenchef Müller.

Ob es im Winter einen Gasnotstand geben wird, ist nach Einschätzung der Bundesnetzagentur weiter offen. "Wir dürften erst über einen Gasmangel Bescheid wissen, wenn er nicht mehr aufzuhalten ist", sagte Behördenchef Klaus Müller dem "Handelsblatt". Die ausschlaggebenden Kriterien seien das Wetter und somit das private Heizverhalten sowie die Situation in den Nachbarländern, so Müller. Alle drei Faktoren lassen sich jedoch nicht vorhersagen.

Müllers Behörde arbeite an Modellen, um Politik und Wirtschaft einige Tage Vorwarnzeit vor einem Gasmangel geben zu können. "Durch die gut gefüllten Speicher können wir uns Zeit erkaufen, uns länger auf einen Gasmangel vorzubereiten", sagte Müller in dem Interview.

Europas Gasspeicher gut gefüllt
Land Füllstand in Prozent
Portugal 100
Polen 99,05
Frankreich 94,39
Dänemark 94,28
Deutschland 88,72
Italien 86,41
Österreich 71,91
Ungarn 67,84
Quelle: agsi.gie.eu

Zurzeit befindet sich Gas mit einem Energiegehalt von etwa 217.000 Terawattstunden in deutschen Gasspeichern, das entspricht einem Füllstand von 88,72 Prozent.

Die Gasmangellagen "kommen und gehen"

"Mehr als eineinhalb Wochen können wir beim Gasverbrauch aber nicht voraussehen", so Müller weiter. Sollte eine Gasmangellage auftreten, rechnet er mit Wellenbewegungen. "Es kommen Gasmangellagen, sie gehen, sie kommen wieder, sie treten mal hier, mal dort auf, womöglich auch deutschlandweit."

Eine seriöse Prognose sei nicht möglich. "In Deutschland kann es allerorten zu Kälteperioden kommen. Wenn wir einen sehr kalten Winter bekommen, haben wir ein Problem."

Gassparen kann Schlimmeres verhindern

Beim Gassparen stehe noch viel Arbeit bevor, sagte Müller dem "Handelsblatt" weiter. Der Verbrauch der Industrie sei im August um 22 Prozent gefallen, unter anderem durch Umstellung auf andere Energieträger. "Aber auch durch harte Produktionsstopps", so der Behördenchef. "Die Industrie trägt bei, was wir von ihr erbeten haben." Wenn das so weitergehe, helfe es, noch schlimmere Schäden durch Zwangsreduktionen zu vermeiden.

Bei den privaten Haushalten habe es in den vergangenen Tagen mehr Gasabflüsse gegeben, als er gehofft habe. "Angesichts der warmen Temperatur und der extrem hohen Gaspreise hat mich das sehr verwundert. Das muss sich ändern." Müller vermutet, dass viele Heizungsanlagen noch nicht umgestellt wurden.

Heizungen sind noch nicht neu eingestellt

"Eigentümer, Mieter und Wohnungsgesellschaften haben die Heizungen immer noch so eingestellt wie im vergangenen Herbst. Ab einer bestimmten Temperatur springen dann die Heizungen morgens an. Das ist ein Warnsignal, da muss dringend etwas passieren", so der Chef der Bundesnetzagentur.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 14. September 2022 um 22:15 Uhr.