ifo-Geschäftsklima Stimmung in den Chefetagen eingebrochen
Russlands Krieg in der Ukraine hat die deutsche Wirtschaft stark getroffen. Das drückt auch auf die Stimmung in den Chefetagen: Der ifo-Geschäftsklimaindex fiel im März deutlich.
Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine spürbar eingetrübt. Der ifo-Geschäftsklimaindex, Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer, sank im März auf 90,8 Punkte, wie das Münchener ifo-Institut heute zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang auf 94,2 gerechnet. Zuvor war der wichtigste Frühindikator für die Konjunktur in Deutschland zwei Monate in Folge gestiegen. "Die Unternehmen in Deutschland rechnen mit harten Zeiten", sagte ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Führungskräfte beurteilten ihre Geschäftslage und vor allem die Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter als zuletzt.
Auswirkungen des Krieges überall zu spüren
Im Februar hatte die deutsche Wirtschaft noch auf ein Ende der Corona-Krise gesetzt und der Barometer für das Geschäftsklima hatte auf 98,9 Punkte zulegen können. Durch den Krieg stiegen allerdings die Öl- und Gaspreise auf Rekordhöhen. Das trifft Verbraucher, Spediteure und energieintensive Industrien.
"Über alle Branchen hinweg nennen neun von zehn Unternehmen höhere Energiekosten als spürbaren Effekt im eigenen Betrieb", teilte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vergangene Woche nach einer Blitzumfrage unter 3700 Unternehmen mit. Zudem beklagen drei Viertel der Industriebetriebe Störungen in der Lieferkette und Logistik, 90 Prozent fehlende Rohstoffe und Vorleistungen.
Baustopps möglich
In der Autoindustrie fehlen Kabelbäume aus der Ukraine, in ihren deutschen Werken stehen Bänder, Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Der Verband der Chemischen Industrie berichtete, 54 Prozent seiner Mitgliedsunternehmen rechneten jetzt mit einem Produktions- und Umsatzrückgang in diesem Jahr.
"Die Baubranche schließt Baustopps für eine Vielzahl von Projekten nicht mehr aus", sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands HDB, der dpa. "Wir können heute nicht sicher sagen, ob genügend Material für alle Baustellen in Deutschland vorhanden sein wird." Die Einschränkung der Stahlproduktion wirke sich in Preissteigerungen von 50 und teilweise 70 Prozent aus.
Höchste Inflation seit 40 Jahren?
Die Verbraucherpreise waren schon im Februar um 5,1 Prozent gestiegen. Wirtschaftsforscher und Verbände erwarten einen weiteren Anstieg. Damit schrumpft die Kaufkraft der Konsumenten. Das spüre auch der Einzelhandel, schrieben die ifo-Konjunkturforscher in ihrer jüngst vorgelegten Prognose. Die Münchner rechnen mit 5,1 bis 6,1 Prozent für 2022. Das wäre die höchste Rate seit 40 Jahren.
Auch ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr hatten sie zuletzt gesenkt. Sie erwarten nur noch ein Wachstum zwischen 2,2 und 3,1 Prozent, nachdem sie zuvor noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,7 Prozent gerechnet hatten. Unter deutschen Finanzexperten sind die Konjunkturerwartungen inzwischen ebenfalls so stark eingebrochen wie nie: Das Stimmungsbarometer des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW fiel im März gegenüber dem Vormonat um 93,6 Punkte auf minus 39,3 Punkte.