Fragen und Antworten Kurzarbeit - was bringt das?
VW, BASF, Siemens: die Liste der Unternehmen, die wegen der Auftragsflaute auf Kurzarbeit setzen, wird Woche für Woche länger. Hunderttausende Beschäftigte in Deutschland sind betroffen. Kurzarbeit soll ihre Arbeitsplätze in der Rezession retten. Doch wie funktioniert das? tagesschau.de hat Fragen und Antworten zusammengestellt.
Was bedeutet Kurzarbeit?
Mit Kurzarbeit versuchen Unternehmen, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kündigungen zu vermeiden. Wenn Aufträge fehlen und die Produktion gedrosselt wird, arbeiten die Beschäftigten nur noch einen Teil der üblichen Zeit oder vorübergehend gar nicht. Die Firma zahlt nur den Lohn für die geleistete Arbeit und spart sofort Personalkosten. Der Arbeitnehmer bekommt aber einen Großteil des gewohnten Einkommens, weil die Arbeitsagentur einen Teil der Lohneinbußen ausgleicht.
Wer kann Kurzarbeitergeld beantragen?
Firmen können nach vorheriger Zustimmung des Betriebsrats Kurzarbeit anmelden. Sie stellen bei der Bundesagentur für Arbeit den Antrag auf konjunkturelles Kurzarbeitergeld. Die Unternehmen entscheiden selbst, welche Mitarbeiter wie viel weniger arbeiten und im Gegenzug Kurzarbeitergeld bekommen sollen. Der Betrieb muss aber einen erheblichen Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen nachweisen. Mit dem Konjunkturpaket II wurde die Definition eines "erheblichen Arbeitsausfalls" so vereinfacht, dass deutlich mehr Unternehmen Kurzarbeitergeld beantragen können. Bis Ende 2010 genügt es de facto, wenn mindestens ein Mitarbeiter durch die Auftragsflaute zehn Prozent weniger arbeiten und verdienen würde.
Voraussetzung für Kurzarbeitergeld ist auch, dass die Drosselung der Produktion nur vorübergehend und nicht vermeidbar ist. Diese Regeln gelten für das konjunkturelle Kurzarbeitergeld, das derzeit im Mittelpunkt steht. In anderen Fällen kann das Saison-Kurzarbeitergeld greifen, das vor allem dem Baugewerbe im Winter hilft. Eine dritte Variante ist das Transfer-Kurzarbeitergeld. Es wird gezahlt, wenn Beschäftigte nicht gekündigt, sondern von einer Transfergesellschaft übernommen werden, um einen neuen Arbeitgeber zu finden und sich weiterzubilden.
Wer bekommt Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld landet letztlich auf dem Konto des Arbeitnehmers. Doch die Bundesagentur für Arbeit zahlt es an das Unternehmen, das die Kurzarbeit angemeldet hat. Der Arbeitgeber überweist dann den niedrigeren Lohn plus Kurzarbeitergeld an die Beschäftigten.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Arbeitnehmer erhalten bis zu 67 Prozent des Nettoentgelts, das ihnen durch den Arbeitsausfall entgeht, als Kurzarbeitergeld. Die Arbeitsagentur ermittelt dazu aus dem regulären Bruttoentgelt und dem durch Arbeitsausfall geminderten Lohn Nettoentgelte. 60 Prozent der Differenz beider Werte bekommen Kinderlose als Kurzarbeitergeld. Bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind sind es 67 Prozent.
Das Konjunkturpaket II sieht vor, dass die Arbeitsagentur dem Arbeitgeber auch die Hälfte dieser Sozialabgaben auf das Kurzarbeitergeld erstattet, das er bisher alleine zahlen musste. Wer sein Personal beruflich weiterqualifiziert, kann alle Sozialabgaben zurückbekommen. Das Kurzarbeitergeld selbst muss der Arbeitnehmer zwar nicht versteuern. Allerdings wird es berücksichtigt, wenn es um die Berechnung des Steuersatzes für den regulären Lohn geht.
Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?
Für die Beschäftigten kann ein Unternehmen laut Gesetz bis zu sechs Monate Kurzarbeitergeld beantragen. Die Bundesregierung verlängerte diese Frist aber ab Juli 2007 auf zwölf Monate. Mit dem Konjunkturpaket I wurde für 2009 eine weitere Ausweitung auf 18 Monate beschlossen. Im Mai 2009 brachte die Bundesregierung eine nochmalige Verlängerung auf 24 Monate auf den Weg, die ab 1. Juli 2009 gelten soll.
Schützt Kurzarbeit vor Kündigung?
Nein. Für die Kündigung von Kurzarbeitern gelten dieselben gesetzlichen Regelungen wie für andere Beschäftigte. Mit der Kündigung endet die Zahlung des Kurzarbeitergeldes.
Kann Kurzarbeit Jobs retten?
Die Bundesregierung hofft, mit dem längeren Kurzarbeitergeld Jobs zu retten. Die Unternehmen können ihre Kosten dadurch sofort senken. Im Fall einer Kündigung müssten sie Fristen einhalten und die vollen Löhne zunächst weiterzahlen. Außerdem bleibt das Personal im Betrieb. Wenn der Aufschwung einsetzt, müssen keine neuen Fachkräfte gesucht werden. Seit Anfang der Wirtschaftskrise schnellten die Anmeldungen für konjunkturbedingte Kurzarbeit in die Höhe. 2008 stieg die Zahl der Kurzarbeiter gegenüber dem Vorjahr bereits um 26.000 auf durchschnittlich 94.000. Für 2009 rechnet die Bundesagentur für Arbeit im Schnitt mit 260.000 Kurzarbeitern. Kurzfristig sichert das Arbeitsplätze und federt die Folgen der Rezession ab.
Das ifo-Institut geht aber davon aus, dass ab Mitte des Jahres die Arbeitslosenzahl rapide steigt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung verweist jedoch darauf, dass die Dauer der Krise über den langfristigen Erfolg der Kurzarbeit entscheide. Falls sich im zweiten Halbjahr eine wirtschaftliche Erholung abzeichne, könne dies viele Unternehmen dazu bringen, die Durststrecke mit Kurzarbeit und ohne Kündigungen zu überbrücken.
Welche Firmen haben Kurzarbeit angemeldet?
Vor allem in der Autoindustrie melden viele Unternehmen für Teile ihrer Belegschaft Kurzarbeit an. VW, BMW, Daimler, Audi, Opel und MAN entschieden sich dafür, die Produktion an ausgewählten Standorten zeitweise zu unterbrechen oder zu drosseln. Betroffen sind mehr als 175.000 Beschäftigte. Bei Bosch, Continental, Schaeffler und weiteren Zulieferern summiert sich die Zahl der Kurzarbeiter auf mehrere Zehntausend. Auch Siemens, ThyssenKrupp, BASF, Altana, Evonik und andere Konzerne - etwa im Maschinenbau - setzen auf Kurzarbeit. Zwischen Oktober 2008 und März 2009 haben deutsche Unternehmen für bundesweit insgesamt 2,15 Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet.
Allerdings markieren die Anmeldungen nur die mögliche Höchstgrenze. Erst im Nachhinein erhält die Bundesagentur für Arbeit die Meldungen, wieviele Beschäftigte ein Unternehmen wie lange tatsächlich in Kurzarbeit geschickt hat. Wegen der Abwrackprämie und der daraus resultierenden Nachfrage verzichteten beispielsweise Autohersteller auf die geplante Kurzarbeit in einigen Werken.
Wie stark belastet Kurzarbeit den Staat?
Nach Angaben von Arbeitsagenturchef Frank-Jürgen Weise entstehen seiner Behörde 2009 durch krisenbedingtes Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld Mehrkosten von 3,6 Milliarden Euro. Allein der Etat für das Kurzarbeitergeld wurde inzwischen für das laufende Jahr auf 2,1 Milliarden Euro aufgestockt.