Hedgefonds Die dunklen Herrscher der Finanzwelt?

Stand: 10.02.2007 14:17 Uhr

Schon seit einiger Zeit will die Bundesregierung die hochriskanten Hedgefonds an die Leine nehmen. Worum es dabei geht, wie die Fonds ihr Geld verdienen und warum sie ein so schlechtes Image haben, fasst tagesschau.de zusammen.

Was sind Hedgefonds?

In der Regel werden damit private Geldverwalter bezeichnet, die bei ihren Kunden - privaten oder institutionellen Anlegern - Kapital einsammeln, es in alle nur denkbaren Anlageformen stecken, um damit möglichst schnell die größtmögliche Rendite zu erzielen. Anders als für traditionelle Investmentfonds gibt es für Hedgefonds praktisch keinerlei Vorgaben, was sie kaufen oder verkaufen dürfen - der jeweilige Fondsmanager hat weitgehend freie Hand. Weil sie ihren Sitz oft in Steuerparadiesen in der Karibik oder in Asien haben, unterliegen sie nicht der Kontrolle irgendeiner Finanzaufsicht.

Wie viele Hedgefonds gibt es? Wer sind die bekanntesten?

Weltweit gibt es zurzeit zwischen 9000 und 10.000 Hedgefonds. Sie verwalten schätzungsweise 1,6 Billionen Dollar, die größten von ihnen jeweils zweistellige Milliardenbeträge. Große Bekanntheit erlangte vor einigen Jahren der Fonds Quantum des amerikanischen Investmentbankers George Soros, der 1992 fast das Europäische Währungssystem (EWS) zum Einsturz brachte. Soros und andere spekulierten damals im großen Stil gegen das ihrer Meinung nach überbewertete britische Pfund. In der Folge des "Black Wednesday" verlor die britische Währung fast ein Viertel ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar, Großbritannien musste das Europäische Währungssystem (EWS) verlassen.

Wie verdienen sie ihr Geld?

Auf ganz unterschiedliche Weise. Während traditionelle Investmentfonds in aller Regel darauf setzen, dass die Kurse von Aktien, Devisen oder Anleihen steigen, läuft das Geldverdienen bei Hedgefonds anders. Hier können Anleger auch dann gewinnen, wenn die Kurse fallen - vorausgesetzt natürlich, ihr Hedgefonds-Manager hat genau auf diese Entwicklung gesetzt. Hedgefonds spekulieren mit dem Geld ihrer Kunden auch auf bestimmte Ereignisse in der Zukunft - beispielsweise auf Unternehmenszusammenschlüsse, Pleiten oder den Verfall einer Währung. Die Fonds verdienen ihr Geld beispielsweise auch damit, dass sie geringe Kursschwankungen zwischen einzelnen Handelsplätzen ausnutzen: Gekauft werden Aktien beispielsweise in London, um sie dann in Frankfurt mit geringem Aufschlag wieder zu verkaufen.

Stichwort
Hedgefonds gelten als die risikoreichste Form unter den Fonds. Ihnen steht die gesamte Trickkiste der Finanzmärkte zur Verfügung. Die Fonds sind in der Lage, auch mit fallenden Kursen Geld zu verdienen und setzen auf eine absolute Rendite unabhängig vom Marktumfeld.
Das englische Wort "to hedge" bedeutet auf deutsch "absichern". Mit Hedgefonds können sich Anleger absichern, indem sie auf positive oder negative Entwicklungen spekulieren. Der erste Hedgefonds wurde 1949 von dem Australier Alfred Winslow Jones in den USA gegründet. Er verkaufte Aktien, die er sich nur ausgeliehen hatte, und versuchte, sich damit gegen Kursschwankungen abzusichern. 2009 verwalteten die weltweit etwa 9000 Fonds mehr als 1,2 Billionen Euro.

Eines der wichtigsten Instrumente für Hedgefonds sind die so genannten Leerverkäufe. Dabei verkaufen die Fonds Aktien oder Devisen im großen Stil, hoffen auf sinkende Kurse, um die Papiere anschließend billiger wieder zu kaufen. Meistens gehören ihnen die Aktien noch nicht einmal: Die Fonds leihen sie sich von Brokern und machen das Geschäft.

Zunehmend - und hier werden die Fonds eigentlich am häufigsten öffentlich wahrgenommen - kaufen sich die Hedgefonds auch in Unternehmen ein. Anders als klassische Private-Equity-Gesellschaften liegt ihnen aber in der Regel nichts an einem längeren Engagement in dem Betrieb: Das wirtschaftliche Überleben der Firmen steht augenscheinlich nicht im Vordergrund. Ihre Ziele: Die eigene Beteiligung möglichst gewinnbringend einzusetzen - sei es, indem sie die Unternehmen mit ihrer Beteiligung dazu bringen, höhere Dividenden zu zahlen oder das Management auszutauschen.

Woher bekommen Hedgefonds ihr Geld?

Im Prinzip kann jeder risikobereite, liquide Anleger investieren. Da die Mindesteinlagen hoch sind - sie liegen je nach Fonds zwischen mehreren zehntausend und einigen Millionen Euro - sind die Anleger Superreiche und immer häufiger institutionelle Anleger. In den USA legen immer beispielsweise mehr Pensionsfonds das Geld ihrer Anleger in Hedgefonds an - sicher ein Grund, warum die allgemeinen Vorbehalte gegen die Fonds dort weniger groß sind als hierzulande. Laut "Frankfurter Rundschau" gehen Branchenbeobachter davon aus, dass inzwischen mittlerweile jeder zweite Dollar aus der Kasse eines institutionellen Großinvestors stammt. In Deutschland allerdings halten sich solche Investoren noch zurück. So dürften Versicherungen hierzulande ohnehin nur zehn Prozent ihres Kapitals in solche Fonds stecken. Laut "Frankfurter Rundschau" liegt die Quote aber weit darunter.

Warum ist der Ruf der Hegdefonds so schlecht?

Wenn von Hedgefonds die Rede ist, wird der Ton auch schon mal schärfer: Von "finanziellen Massenvernichtungswaffen" ist dann die Rede, von den "dunklen Herrschern der Finanzmärkte" oder eben auch von den "Heuschrecken". Das hängt zum einen mit ihrer wachsenden finanziellen Macht zusammen, zum anderen damit, dass sie niemandem Rechenschaft schuldig sind über ihr Tun. Kritiker monieren, dass die Hedgefonds meist im Verborgenen arbeiten - vielen Unternehmen ist dann gar nicht klar, dass ein solcher Fonds Aktien in größerem Stil aufgekauft hat. Erst, wenn gewisse Schwellenwerte überschritten sind, geben sich die Fonds dann zu erkennen.

Berüchtigt sind die Fonds vor allem nach Aktionen wie der von George Soros. In Erinnerung dürfte vielen auch noch die Beinahe-Pleite des Fonds Long Term Capital Management sein, die 1998 fast die Weltmärkte mit nach unten riss. Damals gelang es nur durch eine konzertierte Aktion mehrerer Banken, ein Milliarden-Hilfspaket zu schnüren und die Katastrophe zu verhindern. Problematisch ist vor allem, dass die Hedgefonds viele ihrer Geschäfte auf Pump abschließen. Inzwischen sollen von jedem eingesetzten Dollar etwa 40 Cent geliehen sein. Für die Banken lohnt sich der Einsatz, weil sich ihr Engagement teuer bezahlen lassen. Andererseits ist das Risiko auch immens: Gehen die hochriskanten Geschäfte der Fonds einmal schief, gerät unter Umständen das gesamte Finanzsystem in Bedrängnis.

Nun will unter anderem die Bundesregierung sich einmischen. Wie stellen sich die Politiker das vor?

In Deutschland hatte im Frühjahr 2005 der heutige Bundesarbeitsminister die Debatte so richtig angeheizt: Franz Müntefering hatte die Finanzinvestoren mit gefräßigen Heuschrecken verglichen. Inzwischen hat sich die Stimmungslage wieder etwas beruhigt, da auch Politiker den Fonds die positiven Seiten der Fonds zugestehen müssen. Weil die Risiken für die globalen Finanzmärkte aber so groß sind, ist mehr Transparenz gefordert.

So sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Banken ins Boot geholt werden. Man erhofft sich von ihnen Informationen darüber, wie viel Geld sie an die Fonds verliehen haben und wo diese gestreut sind. Im Gespräch sind auch ein freiwilliger Verhaltenskodex für die Fonds und eine Art Gütesiegel, das von Rating-Agenturen erstellt werden könnte.

Von Andrea Krüger, tagesschau.de