EU-Auflagen für Autobauer Kompromiss zu CO2-Ausstoß heftig umstritten

Stand: 07.02.2007 19:22 Uhr

Statt 120 Gramm wird die Obergrenze beim CO2-Ausstoß für die Autoindustrie ab 2012 nun 130 Gramm pro Kilometer betragen. Die deutsche Initiative hatte bei der EU Erfolg und wird von Bundesregierung und Wirtschaft gelobt. Umweltschützer sind dagegen entsetzt. Die Grünen schimpfen, "Autokanzlerin Merkel" stecke dahinter.

Die Autoindustrie in Europa muss weniger für saubere Motoren tun als zunächst vorgesehen. Auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der deutschen Hersteller verabschiedete die EU-Kommission in Brüssel abgeschwächte Empfehlungen, um den Ausstoß des gefährlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu verringern.

Die Industrie soll bis 2012 durch verbesserte Technik den CO2-Ausstoß auf durchschnittlich 130 Gramm je Kilometer bei Neuwagen senken, auf die gesamte Fahrzeugflotte aller Hersteller gerechnet. Ursprünglich waren 120 Gramm im Gespräch. Die Autoindustrie hatte eine zuvor vereinbarte Selbstverpflichtung zur Schadstoffreduzierung nicht eingehalten.

Gabriel: Kein "Arbeitsplatzkiller"

Die Bundesregierung lobte den Vorstoß. Umweltminister Sigmar Gabriel bescheinigte der Brüsseler Behörde, mit ehrgeizigen Zielen zur Abgas-Reduzierung Europas Rolle als weltweiter Vorreiter beim Klimaschutz gefestigt zu haben. Die Brüsseler Empfehlung solle möglichst noch unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft bis Ende Juni von allen Mitgliedstaaten beschlossen werden. Die Automobilindustrie müsse erkennen, dass die Vorgaben kein "Arbeitsplatzkiller" seien, sondern eine technologische Herausforderung zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Ähnlich äußerte sich Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, der einen "Innovationsschub" erwartet.

BUND: Weichgespülter Kompromiss

Umweltschützer kritisierten den Kompromiss als Erfolg der Autoindustrie. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wies das EU-Konzept zurück. Der "weichgespülte Kompromiss" eröffne der Branche eine Hintertür, nur halbherzig mitzuziehen, hieß es. Die Kommission habe dem Druck der deutschen Industrie nachgegeben. Ein Greenpeace-Verkehrsexperte erklärte: "Deutschland entwickelt sich zum größten Bremsklotz für den Klimaschutz ." Die EU signalisiere, dass Interessen der Wirtschaft vor denen der Menschen stünden.

Die Deutsche Umwelthilfe wertete die Pläne als "neuen Tiefpunkt der europäischen Klimapolitik" unter massiver Beteiligung der Bundesregierung. Der Verkehrsclub Deutschland bemängelte, die Politik habe sich als Lakai der Industrie erwiesen. Die Grünen im Europa-Parlament erklärten, die deutsche Politik habe kurzsichtigem Lobbying der Autobranche assistiert. "Autokanzlerin" Angela Merkel nutze die deutsche EU-Präsidentschaft, "um Partikularinteressen zu bedienen".

DIHK: Grenzwert für eine Automarke wäre fatal gewesen

Eine wohlwollende Reaktion kam aus der Wirtschaft. Ein einheitlicher Grenzwert für die gesamte Flotte eines Produzenten wäre für Deutschland fatal gewesen, da die Branche stark zum Wachstum beitrage, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben. "Es ist deshalb gut, dass die Diskussion vom Tisch ist."