Endrunde im Opel-Bieterkampf Drei Angebote - wer wird's?
Beim US-Autohersteller General Motors (GM) haben sich drei Bieter um den Zuschlag für Opel beworben. Der Konzern bestätigte das, nannte aber nicht die Namen der Interessenten. Die endgültigen Angebote würden nun analysiert und verglichen. tagesschau.de stellt die Bieter vor.
Von Natalia Bachmayer, HR
Magna - der berechenbarste Bieter
Der österreichisch-kanadische Zulieferer findet - aus deutscher Perspektive - die meisten Fürsprecher. Man kenne und schätze Magna aus langjähriger Zusammenarbeit, hat Opel-Betriebsratschef Klaus Franz immer wieder betont. Arbeitnehmern, Gewerkschaftern und vielen Politikern gilt Magna als berechenbarste Größe unter den Bietern.
Und das, obwohl ausgerechnet die Österreicher die happigsten Forderungen stellen: 4,5 Milliarden Euro an staatlichen Finanzhilfen wollen sie. Eine bittere Pille für die Mitarbeiter dürfte der geplante Arbeitsplatzabbau sein: 10.000 Stellen europaweit – mehr droht selbst Magnas aussichtsreichster Mitbewerber, der Finanzinvestor RHJ International, nicht an. Und: Der Anteil der Leiharbeiter soll aufgestockt werden. Das riecht nach Beschneidung von Arbeitnehmer-Rechten - Stoff für Gewerkschafter-Träume ist es jedenfalls nicht, wie mittlerweile auch Armin Schild eingeräumt hat, der für die IG Metall im Opel-Aufsichtsrat sitzt.
Magna sitzt nicht allein im Boot
Dass Magna den Opel-Deal nicht alleine abwickeln will, macht die Angelegenheit nicht einfacher. Für sich selbst hat der Zuliefer-Konzern nämlich lediglich 27,5 Prozent der Opel-Anteile vorgesehen, weitere 27,5 Prozent sollen bei der russischen Sberbank landen. 35 Prozent sollen bei der Opel-Mutter General Motors bleiben, zehn Prozent sind für die Opel-Mitarbeiter vorgesehen.
Insbesondere die Beteiligung der staatlichen russischen Sberbank hat für Unruhe gesorgt. Hinter der stehe der russische Premier Wladimir Putin, wurde immer wieder geargwöhnt: Es gehe letztlich nur darum, russische Autobauer günstig mit ausgereifter westlicher Technologie zu versorgen. Sberbank-Chef German Gref jedenfalls soll sich bei einem Besuch in Berlin über die "Arroganz" von General Motors beschwert haben.
Erstaunlich, denn in einer Mitteilung des Autobauers an die US-Wertpapieraufsicht, die dem HR vorliegt, war noch Anfang Juni von "final negotiations" - also "abschließenden Verhandlungen" - mit Magna die Rede. Vielleicht ist ja das Angebot von RHJ International an dem Sinneswandel schuld, denn der Finanzinvestor gilt mittlerweile als Favorit der Opel-Mutter in Detroit.
RHJ International - der Favorit der Opel-Mutter
RHJ International (RHJI), ein belgischer Ableger des US-Finanzinvestors Ripplewood, ist in der deutschen Öffentlichkeit bisher auf Argwohn gestoßen. Magna sei nach wie vor der bevorzugte Partner für Opel, betonten beispielsweise gebetsmühlenartig die Ministerpräsidenten der vier Bundesländer mit Opel-Standorten.
Dabei unterscheidet sich das Konzept der Brüsseler Investoren auf den ersten Blick gar nicht so sehr von dem des Konsortiums um Magna: An die 10.000 Arbeitsplätze will RHJI abbauen, die vier deutschen Opel-Werke sollen erhalten bleiben, die Belegschaft erhält - gegen einen entsprechenden Beitrag zum Sparprogramm - zehn Prozent der Anteile. RHJI möchte etwas mehr als 50 Prozent erwerben, für General Motors sind knapp 40 Prozent reserviert.
Ist RHJI nur Erfüllungsgehilfe für General Motors?
An Staatshilfen fordern die Belgier sogar weniger als Magna: "Nur" 3,8 Milliarden Euro. Klingt eigentlich nicht schlecht - nicht schlechter jedenfalls als das, was Magna einzubringen hat. Wenn da nur nicht immer wieder der Vorwurf über die Verhandlungsflure geisterte, RHJI - beziehungsweise Ripplewood - sei nur Erfüllungsgehilfe für General Motors. Der Konzern wolle Opel nach ein paar lukrativen Sanierungsjahren wieder zurückkaufen.
Das RHJI-Management unternimmt alles, um solche Bedenken zu zerstreuen: "Wir (werden) uns langfristig aktiv engagieren", beteuert RHJI-Chef Leonhard Fischer in einem Schreiben an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, das dem HR vorliegt. Und weiter: "Ich möchte nochmals betonen, dass wir mit GM weder mündlich noch schriftlich eine Rückkaufsoption vereinbart haben."
Branchenbeobachter argwöhnen allerdings, dass solche Beteuerungen nicht viel wert sind. Finanzinvestoren seien nun mal dazu da, ihr eingesetztes Kapital in kurzer Zeit zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen, meint Christoph Stürmer, Auto-Analyst bei IHS Global Insight.
Und wenn Teile des GM-Managements gerne RHJI den Zuschlag geben würden, sei das auch verständlich. Der US-Autobauer habe schließlich vor Jahren schon einmal schwächelnde Zulieferbetriebe in eine Unterfirma ausgelagert, dabei aber die operative Kontrolle übers Geschäft behalten: "Es ist jetzt zu vermuten, dass es Leute bei GM gibt, die hoffen, sie könnten diese Strategie auf Opel wieder anwenden", meint Stürmer.
BAIC - abgeschlagen trotz geringerer Forderung
Magna und RHJI haben den dritten Bewerber auf der Zielgeraden im Opel-Rennen offenbar abgehängt. Dabei fordern die chinesischen Bieter erheblich weniger Staatsgeld als ihre beiden Konkurrenten: sie glauben, mit 2,64 Milliarden Euro auszukommen. Und: Sie wollen "nur" gut 7500 Stellen abbauen.
Was spricht also gegen sie? Das Konzept der Chinesen biete keine eigenständige Perspektive für Opel, monierte der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch. Langfristig könnten Technik und Arbeitsplätze nach China abwandern.
Das Wort des Mannes hat Gewicht: Die Hessen sollen schließlich ein knappes Drittel der anderthalb Milliarden Euro beisteuern, die Deutschland zur Opel-Rettung bereitstellt. Und Auto-Analyst Stürmer bestätigt Poschs Sicht der Dinge: "Opel ist für BAIC eine Gelegenheit, westliche Technologie, Know-How und Logistik in einem Stück zu kaufen. Die Chinesen erfüllen damit einen strategischen Auftrag ihrer Regierung."
Kaufmännische Entscheidung - oder politische?
Drei Investoren, drei Konzepte - kaum ein Unternehmensverkauf hat wohl die Öffentlichkeit so sehr beschäftigt wie der von Opel. Und Spekulationen darüber, wer am Ende den Zuschlag erhält, gab es reichlich.
Fred Irwin jedenfalls, der Chef der Opel-Treuhand, die der GM-Entscheidung für einen Investor zustimmen muss, betont im Gespräch mit dem HR, dass die Entscheidung letztlich eine kaufmännische sei. Was natürlich nicht ausschließe, das auch Politiker ein gewichtiges Wort mitzureden hätten. Bei 1,5 Milliarden Euro Staatshilfen, die Deutschland beisteuere, sei das selbstverständlich.