Portugals neue Sparmaßnahmen Nun trifft es den öffentlichen Dienst
Portugals Ministerpräsident Passos Coelho hat das neue Sparprogramm vorgestellt. Hart wird es vor allem für den öffentlichen Dienst. Die Einschnitte seien aber notwendig, weil sonst eine noch größere Katastrophe drohe, erklärte der Regierungschef.
Von Michael Castritius, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Auf den Titelseiten portugiesischer Zeitungen schockieren heute weitere, einschneidende Sparmaßnahmen: "Neue Abgaben belasten die Rentner", schreibt der "Correio da manha" in dicken Lettern. "Staatsbedienstete und Rentner zahlen weitere 3,5 Milliarden", erweitert der "Diário de Notícias".
Ministerpräsident Passos Coelho hatte am Vorabend das revidierte Sparprogramm seiner Regierung vorgestellt. Die Sozialabgaben der Staatsbediensteten steigen demnach in diesem und im nächsten Jahr um insgesamt einen Prozentpunkt, verkündete er.
"Kündigungen im gegenseitigen Einvernehmen"
"Wir brauchen einen Sozialplan, der auch Kündigungen im gegenseitigen Einvernehmen festlegt. Zudem muss die öffentliche Verwaltung umstrukturiert werden, angepasst an die Anforderungen unseres Landes und an die Kapazitäten unserer Wirtschaft", erklärte Passo Coelho. Das führe schließlich dazu, dass die Mitarbeiterzahl reduziert werden könne. Er sagte weiter: "Zudem gleichen wir die Bedingungen der Beamten an die der Privatwirtschaft an. Die wöchentliche Arbeitszeit steigt von 35 auf 40 Stunden, so lange arbeitet der größte Teil der Bevölkerung. Diese Maßnahmen sollten insgesamt etwa 30.000 Stellen im öffentlichen Dienst umfassen."
Oder deutlicher gesagt: überflüssig machen. Nur noch 580.000 Portugiesen wären dann im öffentlichen Dienst beschäftigt. Ein erhöhtes Rentenalter müssen dagegen alle Arbeitnehmer des Landes in Kauf nehmen. Statt mit 65 Jahren erhalten sie künftig erst mit 66 die vollen Altersbezüge.
Schmerzhafte Einschnitte für die Bürger
Passos Coelho betonte mehrmals, ihm sei bewusst, wie schmerzhaft die Einschnitte für die Bürger seien. Ohne sie würde Portugal aber nur auf eine noch größere Katastrophe zusteuern.
Das Land muss die Sparvorschriften des internationalen Euro-Rettungsprogramms erfüllen, von dem es seit zwei Jahren mit einem milliardenschweren Hilfspaket gestützt wird.
"Mit den heute angekündigten Maßnahmen können wir bis 2015 fast 4,8 Milliarden Euro einsparen. Also deutlich mehr als die bislang vorgesehenen vier Milliarden. Wenn wir jetzt zögerten, würde das unsere Glaubwürdigkeit schwächen, die wir bereits zurückgewonnen haben. So aber können unsere europäischen Partner nicht an der Härte unsere Sparwillens zweifeln", meinte der Regierungschef.
Der revidierte Sparkurs muss jetzt von der Gläubiger-Troika aus Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank abgesegnet werden.
Die Änderungen waren nötig geworden, nachdem das portugiesische Verfassungsgericht Anfang April Teile des rigiden Sparhaushaltes für nichtig erklärt hatte und damit eine Lücke von 1,25 Milliarden Euro riss. Die Regierung hatte bereits die Einkommensteuer um durchschnittlich 30 Prozent erhöht, die Renten gekürzt und Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe und im Gesundheitssystem beschlossen.