EU berät über Euro-Krise Reding will Ratingagenturen zerschlagen
Die Wut in der EU über die US-Ratingagenturen ist groß - so groß, dass EU-Kommissarin Reding ihre Zerschlagung anregt. Europa dürfe sich den Euro nicht kaputt machen lassen, sagte sie. Eine Alternative wäre die Gründung europäischer Agenturen. Fest steht: Die Märkte bleiben nervös.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat eine Zerschlagung der Ratingagenturen ins Spiel gebracht. "Europa darf sich den Euro nicht von drei US-Privatunternehmen kaputt machen lassen", sagte Reding der Zeitung "Die Welt" mit Blick auf die drei großen Agenturen Standard & Poors (S&P), Moody's und Fitch. Es seien mehr Transparenz und Wettbewerb bei der Bewertung von Unternehmen und Staaten nötig.
Zerschlagung oder Aufbau europäischer Alternativen
Sie sehe zwei Lösungen, sagte Reding: "Entweder beschließen die G20-Staaten gemeinsam, das Kartell der drei US-Ratingagenturen zu zerschlagen. Die USA könnten beispielsweise aufgefordert werden, aus den drei Agenturen sechs zu machen. Oder es werden unabhängige europäische und asiatische Ratingagenturen geschaffen." Es dürfe nicht sein, dass ein Kartell dreier US-Unternehmen über das Schicksal ganzer Volkswirtschaften und ihrer Bürger entscheide.
Plädiert für drastische Maßnahmen: Viviane Reding
Laut EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier prüft die EU-Kommision konkrete Pläne, um negative Folgen der Bewertungen der Ratingagenturen einzugrenzen. Demnach geht es um ein Verbot, die Kreditwürdigkeit von Staaten zu bewerten, die Finanzhilfe aus internationalen Kreditprogrammen bekommen. Er werde die polnische EU-Ratspräsidentschaft bitten, dieses Vorhaben auf die Tagesordnung eines der kommenden Treffen der EU-Finanzminister zu setzen, sagte Barnier laut Redemanuskript bei einem Auftritt in Paris. "Natürlich müssten wir noch die Machbarkeit eines solchen Schrittes untersuchen", räumte er allerdings ein.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, es müsse geprüft werden, "wie man das Oligopol der Ratingagenturen aufbrechen kann". Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier nannte Ratingagenturen "ein ernst zu nehmendes Problem für die Stabilität von Staaten". Sie seien nur dem Profit verpflichtet und trieben notleidende Staaten systematisch in die Pleite, sagte er der "Wirtschaftswoche". Die Ratingagenturen stehen seit Monaten in der Kritik. Zuletzt hatte die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens und Portugals breite Empörung ausgelöst. Auch die Bundesregierung spricht sich für die Schaffung europäischer Ratingagenturen aus. Bislang gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass private Unternehmen dem Aufruf folgen und eine Gründung vorbereiten.
Weitere Beratungen in Brüssel
Da die Unruhe an den Märkten groß bleibt, kommen heute Spitzenvertreter von EU und Europäischer Zentralbank (EZB) in Brüssel in informeller Runde zusammen. Das Gespräch im kleinen Kreis findet vor dem Treffen der Euro-Finanzminister statt, das am Nachmittag beginnt.