Nach Standard & Poor's-Entscheidung Herabstufung entsetzt Italien
Die Herabstufung Italiens durch Standard & Poor's schockt das Land: Denn gerade schien der Reformkurs bei Investoren Vertrauen zu wecken. Die Zinsen für Staatsanleihen waren gesunken. Nun wird die Kritik am Euro-Krisenmanagement - und vor allem an der Haltung Berlins - lauter.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Serie B heißt in Italien die zweite Fußball-Liga. Das Wortspiel liegt auf der Hand: Standard & Poor's hat Italien in die zweite Liga versetzt. Zum ersten Mal erhält das Land von einer Ratingagentur ein B-Rating: BBB+. Das sind zwei Stufen weniger als bisher. Damit gibt Standard & Poor’s Italien dieselben Noten wie Peru, Kolumbien und Kasachstan.
Der Chefvolkswirt der Bank UniCredit hält das Negativ-Urteil von Standard & Poor's für falsch: "Natürlich kommt diese Herabstufung nicht unerwartet, aber zwei Stufen scheinen mir völlig übertrieben. Italien tut gerade viel für die Haushaltskonsolidierung und auch das Wachstumsprogramm scheint ja praktisch fertig zu sein."
Für Italien ist diese Herabstufung ein Schock. Gerade erst schien es, als habe das Land bei den Investoren wieder etwas Vertrauen zurückgewinnen können. Die Auktionen von italienischen Staatsanleihen am Donnerstag und Freitag bestätigten diesen Eindruck.
"Wir brauchen nicht noch mehr Sparmaßnahmen"
Für einjährige Staatsanleihen muss Italien nur mehr halb so viel Zinsen zahlen wie noch im Dezember. Das entlastet die Staatskasse. Das ist Rückenwind für die Regierung von Mario Monti. Der hatte vor seinem Besuch in Berlin die Anleger und die europäischen Partner aufgefordert, die italienischen Sparanstrengungen mehr zu würdigen: "Wir brauchen, was den Haushalt angeht, nicht noch mehr Sparmaßnahmen. Was wir brauchen - und was in den nächsten Wochen umgesetzt wird - sind Maßnahmen der Wirtschaftspolitik, die besser verdaulich sind und auf ein größeres Wirtschaftswachstum abzielen."
Am Freitagabend traf sich Monti mit den Vertretern der Parteien, die seine Regierung unterstützen, zu turnusmäßigen Gesprächen. Monti soll dabei die Herabstufung durch Standard & Poor’s als Kritik am europäischen Krisenmanagement interpretiert haben. Vor allem Deutschland müsse kapieren, dass es so nicht weitergehe und dass man der Europäischen Zentralbank die volle Freiheit lassen müsse, in die Schuldtitel von Krisenstaaten zu investieren.
Ein Scheitern der deutschen Politik?
Einer der Gesprächspartner Montis war der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Pierluigi Bersani. Und er sagte: Das sei das Scheitern der deutschen Politik. "Wenn es keine gemeinsame Verteidigung der Währung und auch der Schulden gibt, die natürlich mit Haushaltsdisziplin bekämpft werden müssen, dann wird es immer ein Land geben, das mehr als die anderen der Spekulation auf den internationalen Märkten ausgesetzt ist."
Deutschland, der Klassenprimus in der Eurozone, muss in Italien um seinen guten Ruf fürchten. Selbst der sonst so besonnene Ministerpräsident Monti fürchtet Proteste gegen Deutschland, das als "Anführer der EU-Intoleranz" gelte, wenn es für die Italiener nicht bald greifbare Erfolge ihrer Sparbemühungen gibt.