Deutsch-französische EU-Pläne Wie neu ist die Idee einer "Wirtschaftsregierung"?
Deutschland und Frankreich wollen eine europäische "Wirtschaftsregierung". So viel Neues ist nicht an dem Vorschlag, denn längst kümmern sich die Euro-Finanzminister um eine wirtschaftspolitische Koordinierung. Und die Sparbemühungen der Mitgliedsländer soll eigentlich die Kommission überwachen.
Von Christoph Prössl, WDR/NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Idee für eine europäische "Wirtschaftsregierung" gibt es in Brüssel schon lange. Doch die Vorstellungen darüber gehen weit auseinander. Der Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist konkret - bietet aber eigentlich nicht viel Neues.
Denn bislang treffen sich die Finanzminister der Euroländer, um über wirtschafts- und finanzpolitische Fragen zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. Darüber hinaus haben sich die Staats- und Regierungschefs der Euroländer auch schon auf Gipfeln getroffen. "Die Idee ist, diesem informellen Gremium mehr Gewicht zu geben und es für die Öffentlichkeit sichtbarer zu machen", sagt Kommissionssprecher Olivier Bailly. "Nach den Treffen hat man uns oft gefragt, welche Bedeutung haben denn jetzt die Entscheidungen dieses informellen Treffens?"
Den Treffen, die zweimal im Jahr geplant sind, soll EU-Ratspräsident Herman van Rompuy vorsitzen. Er lädt derzeit schon zu den Gipfeln ein, wenn sich die Staats- und Regierungschefs aller 27 Länder treffen. Und er bestimmt auch, welche Themen auf die Agenda kommen.
Das soll auch bei den kleineren Runden der Euroländer so sein. Van Rompuy wird also viele Gestaltungsmöglichkeiten haben.
Finanzminister treffen sich weiter
Die Finanzminister, die bislang bedeutende Beschlüsse auf den Weg gebracht haben, sollen auch weiterhin zusammentreffen. Ihre Aufgabe wird eher die Ausarbeitung von Details sein, die die Regierungschefs anstoßen und am Ende auch abnicken. Ein Beispiel ist das Euro-Plus-Paket: Darin verpflichten sich die Euroländer, ihre Haushaltentwürfe der Kommission vorzulegen und wirtschaftspolitische Maßnahmen durch die Brüsseler Behörde bewerten zu lassen.
Die Kommission sieht sich im neuen Gremium in einer starken Position. "Wir sind in der Eurogruppe vertreten, aber auch im Kreis der Staats- und Regierungschefs", sagt Sprecher Bailly. "Und seit Beginn der Krise ist klar: Vorschläge, Lösungen schlagen wir mit unseren Experten und Fachleuten vor."
Parlament drängt auf strengere Regeln
Doch einigen in Brüssel ist die Position der Kommission nicht stark genug. Im EU-Parlament stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten gegen ein Gesetzespaket. Der Grund: Die Vorschläge sahen vor, dass die Staats- und Regierungschefs Strafmaßnahmen beschließen müssen, wenn ein Staat sich nicht an die finanzpolitischen Regeln hält.
Doch das Parlament will strengere Regeln: Konsequenzen sollen nur durch eine Mehrheit der Mitgliedsländer aufgehalten werden können. Darüber wird das Parlament im September erneut abstimmen.
Zudem wollen beide Länder 2013 - nur für Unternehmen in Deutschland und Frankreich - eine gemeinsame Körperschaftssteuer einführen. Hier geht es um eine Harmonisierung der Berechnungsgrundlage sowie der Steuersätze. Bei der Aufstellung der nationalen Haushalte wollen sich Berlin und Paris künftig in gemeinsamen Kabinettssitzungen abstimmen.
Ferner schlagen Deutschland und Frankreich den europäischen Partnern eine Finanztransaktionssteuer auf den Verkauf von Aktien, Wertpapieren, Devisen und anderen Finanzprodukten vor.
Schließlich drängt Frankreich auf die Festschreibung einer Schuldenobergrenze in den nationalen Verfassungen der 17 Euro-Staaten bis Mitte 2012.