Neue EU-Finanzmarktaufsicht "Die europäischen Aufseher haben das Sagen"
Die EU-Parlamentarier feiern die neue europäische Finanzmarktaufsicht als ihren Erfolg. "Dem Parlament ist es gelungen, den Rat nieder zu ringen", resümiert etwa der SPD-Abgeordnete Bullmann. Das Vorhaben sei viel wirkungsvoller geworden als ursprünglich angedacht.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Im Normalfall starten Gesetzesvorhaben in der EU als europapolitische Tiger und landen als Bettvorleger. Bei der Finanzmarktaufsicht war es andersherum. Was die Abgeordneten jetzt letztlich absegneten, bringt der europäischen Ebene deutlich mehr Kompetenzen als ursprünglich vorgeschlagen.
"Ein Erfolg für Europa und die Menschen in Europa"
Der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann feiert das als großen Sieg des Parlaments über den Rat der EU-Regierungen: "Dem Parlament ist es gelungen, den Rat nieder zu ringen. Es wird eine echte europäische Aufsicht geben. Die europäischen Aufseher haben das Sagen und deswegen können wir sagen: Ein Erfolg für Europa und die Menschen in Europa."
"Konsequenzen aus der Krise gezogen"
Der grüne Finanzexperte Sven Giegold triumphiert ebenfalls:"Die Botschaft ist, Europa steht nicht still, Europa vertieft sich weiter und hat mit der Schaffung der neuen Finanzaufsichtsbehörden die Konsequenzen aus der Krise gezogen." Der FDP-Finanzpolitiker Wolf Klinz weist auf die ungewöhnlich breite Koalition hin, die sich für eine starke europäische Aufsicht eingesetzt hat. "Konservative, Liberale, Sozialisten, Grüne - alle haben sich hier sehr schnell verständigen können, über die Grenzen hinweg", sagte Klinz. Die Industrie habe das voll unterstützt, was erstaunlich sei. "Normalerweise versuchen die Industrievertreter ja zu bremsen."
SPD-Politiker Bullmann freut sich auch über die überraschend starken Rechte der neuen Behörden: Wenn beispielsweise "Müllprodukte" auf dem Markt seien, die die Altersversorgung der Menschen ruinieren, dann könne der europäische Aufseher eingreifen.
Eine Kröte für die Parlamentarier
Allerdings hätten die Parlamentarier auch eine Kröte schlucken müssen, bedauert der Fraktionschef der europäischen Sozialisten, Martin Schulz. Nicht die EU-Kommission oder der neue Risikorat bei der EZB können eine neue Finanzkrise feststellen, sondern nur der Rat der EU-Finanzminister. "Das bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten das Recht in die Hand bekommen zu entscheiden, was ist eine Krise und was nicht", so Schulz. "Die Erfahrung lehrt, dass Regierungen nur selten bereit sind festzustellen, dass man sich tatsächlich in der Krise befindet."