Fragen und Antworten Der gigantische Hilfsplan der US-Regierung
Es ist die größte staatliche Finanzhilfe der US-Geschichte: In höchster Not hat die Regierung ein 700-Milliarden-Paket zum Aufkauf fauler Kredite geschnürt. Doch was weiß man über den Rettungsplan? Und woher soll das Geld eigentlich kommen? Fragen und Antworten zur "Operation Bankenrettung".
In höchster Not hat die US-Regierung ein 700-Milliarden-Paket zum Aufkauf fauler Kredite geschnürt. Um die Zustimmung im Senat zu sichern, wurden noch einmal 100 Milliarden Dollar hinzugefügt, mit denen in Hausbesitzern und Unternehmern unter die Arme gegriffen werden soll. Die größte Finanzhilfe in der US-Geschichte soll jetzt den Befreiungsschlag in der nicht enden wollenden Finanzmarktkrise bringen. Fragen und Antworten zur "Operation Bankenrettung".
Was weiß man über den Rettungsplan?
Finanzminister Henry Paulson will im Laufe der nächsten zwei Jahre bis zu 700 Milliarden Dollar (480 Milliarden Euro) neue Schulden machen. Damit sollen den Banken ihre faulen Kredite abgekauft werden. Andernfalls werde die Kreditvergabe der Banken insgesamt blockiert, was der ganzen Ökonomie schwer schaden könne. Von dem Rettungspaket profitieren sollen Institute mit "erheblichem Geschäft" in den USA, also auch ausländische Banken.
Regierung und Abgeordnete stritten bis zum Ende über die Frage, wie man die riesigen Geldbeträge kontrollieren kann, die jetzt in die maroden Banken und Finanzinstitute gepumpt werden sollen. Republikaner und Demokraten einigten sich schließlich darauf, die Gesamtsumme in mehrere Tranchen aufzuteilen - doch überraschend lehnte das US-Repräsentantenhaus den Kompromiss zunächst ab. Erst in einer zweiten Abstimmung passierte der Plan das Parlament.
Dem Kompromiss zufolge sollten Finanzminister und US-Notenbank zunächst lediglich 250 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt bekommen, um sogenannte "faule Kredite" von Finanzinstituten aufzukaufen. Auch die Forderung nach parlamentarischer Kontrolle bei der Vergabe der Gelder sei in der jetzt vorliegenden Vereinbarung festgeschrieben worden, hieß es dazu in Washington. Für die Gehälter von Topmanagern der Geldinstitute, denen mit dem staatlichen Programm geholfen wird, sollte es eine Obergrenze geben. Sie wird nach Berichten bei maximal 500.000 Dollar jährlich liegen. Außerdem dürfe es keine sonderlich hohen Abfindungen für gefeuerte Bankmanager geben.
Der US-Senat und kurz darauf auch das Repräsentantenhaus billigten das Rettungspaket Anfang Oktober. Es war vor der Abstimmung leicht verändert worden: Unter anderem sollen private Bankkonten künftig bis zu einer Summe von 250.000 statt 100.000 Dollar geschützt sein. Direkte Hilfen für in Zahlungsschwierigkeiten geratene Hausbesitzer und Steuererleichterungen für Unternehmen wie auch Privathaushalte mittlerer Einkommen im stolzen Umfang von zusätzlich rund 100 Milliarden Dollar wurden hinzugefügt.
Hat es schon einmal etwas Vergleichbares gegeben?
Ja, Anfang der neunziger Jahre in Schweden. Damals waren viele schwedischen Banken in einer existenziellen Krise, wurden verstaatlicht, saniert und wieder verkauft. Dies hat die schwedische Regierung nach Berechnungen der Commerzbank sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts gekostet - hochgerechnet die Dimension des Paulson-Vorhabens. Laut Commerzbank hat Japan in den neunziger Jahren sogar 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in seinen Finanzsektor gesteckt.
Woher stammen die Milliarden für das Rettungspaket?
Letztlich von den amerikanischen Steuerzahlern. "Zumindest sind sie es, die das Geld in letzter Instanz zurückzahlen müssen", sagt Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner. Allerdings werde die gigantische Summe womöglich nie ganz beglichen: "Staatsschulden gibt es, seit es Regierungen gibt, und sie wurden eigentlich nie vollständig zurückgezahlt." Allerdings werde auch frisches Geld ausländischer Anleger in amerikanische Staatsanleihen fließen. "Und die gelten immer noch als die sichersten Anleihen überhaupt. Wobei das Misstrauen mit der Krise wächst."
Was spricht dafür, dass die Krise schnell beendet werden kann?
"Man geht allgemein davon aus, dass die faulen Kredite der zentrale Faktor sind, der den Bankensektor nach unten zieht", sagt Weidensteiner. Mit dem Rettungsplan werde es daher wohl gelingen, zumindest die kriselnden Banken zu stabilisieren.
Was spricht dafür, dass die Krise weitergeht?
Neben der schwachen US-Konjunktur vor allem die fallenden Preise auf dem US-Immobilienmarkt. Sinken die Häuserpreise weiter, belastet dies nicht nur die Banken, sondern verringert auch das Vermögen der amerikanischen Konsumenten. Hinzu kommt: "Auf den Kreditmärkten herrscht immer noch ein großes gegenseitiges Mistrauen, was in hohen Kreditaufschlägen und in einem geringen Kapitalangebot zum Ausdruck kommt", sagt Christian Koziol, Lehrstuhlinhaber an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung Vallendar. "Solange sich dies nicht substanziell ändert - insbesondere auch auf dem wichtigen Markt für Wertpapierverbriefungen - kann von einem Ende der Krise keine Rede sein."
Sollten andere Regierungen dem US-Vorbild folgen?
"Nein, denn der, der den Schaden verursacht hat, soll ihn auch beheben", sagt Weidensteiner. Finanzmarkt-Experte Koziol sieht das etwas anders: "Die Finanzkrise ist ein globales Problem, das nicht nur die USA sondern alle Industrieländer betrifft. Aus diesem Grund können wir uns nicht nur auf Alleingänge einzelner Staaten verlassen." In einer konzertierten Aktion sollten alle wichtigen Industrieländer darüber nachdenken, welchen Beitrag sie erbringen könnten.
(Quelle: AP)