Röslers Griechenland-Reise Griechen hoffen auf Geld für Solarstrom-Projekt
Griechische Unternehmer erhoffen sich von dem Besuch von Wirtschaftsminister Rösler vor allem neue Investitionen in ihrem Land. Sie setzen besonders auf den Bereich Solarenergie. Das Ziel: Auf rund 200 Quadratkilometern Land soll Sonnenstrom erzeugt werden. Ein Projekt mit Hindernissen.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, zzt. Athen
Insgesamt verbringt Wirtschaftsminister Philipp Rösler gerade einmal 24 Stunden in Griechenland. Entsprechend dicht ist das heutige Programm in Athen. Heute früh eröffnete er gemeinsam mit seinem griechischen Kollegen Michalis Chrysohoidis ein griechisch-deutsches Wirtschaftsforum. Danach wurde er vom griechischen Ministerpräsidenten Giorgios Papandreou empfangen.
Im Laufe des Nachmittags stehen weitere politische Termine auf dem Programm, unter anderem ein Treffen mit dem griechischen Umwelt- und Energieminister Giorgios Papakonstantinou. Thema dieses Gesprächs dürfte vor allem das sogenannte Helios-Projekt sein. Die Idee, die hinter dem Namen Helios steckt: Griechische und deutsche Firmen bauen in Griechenland Solarkraftwerke, und zwar in großem Stil. Der produzierte Sonnenstrom soll dann, so der Plan, auch nach Deutschland verkauft werden. Gebaut werden sollen die Photovoltaikkraftwerke auf rund 200 Quadratkilometern Land, die dem griechischen Staat gehören.
"Ein ambitioniertes Projekt, aber es ist machbar"
Umweltminister Papakonstantinou macht sein Wochen kräftig Werbung für seine Helios-Idee: "Es handelt sich um ein ambitioniertes Projekt. Aber es ist machbar. Eine große Rendite ist möglich. Die Grundstücke, auf denen gebaut werden soll, existieren, das ist öffentliches Land. Die Gesamtkosten betragen zwar 20 Milliarden Euro, aber man kann ja klein anfangen."
Die griechische Unternehmerin Victoria Kerner-Alexandratou betreibt bereits heute ein Solarkraftwerk und drei Windparks, unter anderem auf den Urlaubsinseln Kreta und Kos. Zurzeit sucht Kerner-Alexandratou Investoren für eine neue Solarstromanlage. Das Helios-Projekt ihres Umweltministers findet sie grundsätzlich zwar gut, sie hat aber auch Bedenken. "Griechenland hat eine unglaubliche Bürokratie, die ein Bein an jede Investition stellt. Darüber hinaus gibt es einen sehr instabilen juristischen Rahmen, der jegliche Investitionen im Keim erstickt."
"Hinter den Zahlen sind Menschen, sind Schicksale"
Die Ökostrom-Unternehmerin wird heute am griechisch-deutschen Wirtschaftsforum in einem Vorort von Athen teilnehmen. Während Minister Rösler von Ministerium zu Ministerium eilt, treffen sich beim Wirtschaftsforum Unternehmer aus beiden Ländern, um gemeinsame Projekte anzuschieben. Kerner-Alexandratou, die in Kaiserslautern studiert hat, will das Forum aber auch nutzen, um ihren deutschen Geschäftspartnern die schlechte Stimmung zu erklären, die zurzeit in Griechenland herrscht. "Die Leute sind frustriert, die Leute demonstrieren, die Leute werfen Steine. die Leute sind außer sich. Man wirft auch der Regierung vor, dass sie die Reformen nicht genügend umsetzt. Doch hinter den Zahlen sind Menschen, sind Schicksale, sind Familien, sind Kinder. Es ist nicht einfach für jemanden, 200.000 Leute zu entlassen."
In der griechischen Presse und in der Öffentlichkeit wird die Reise von Wirtschaftsminister Rösler so gut wie gar nicht wahrgenommen. Zu einer Protestaktion vor der deutschen Botschaft in Athen kamen gestern nur etwa zwei Dutzend Menschen. Sie demonstrierten in Nazi-Uniformen gegen den Druck, den Deutschland zurzeit auf Griechenland wegen der Schuldenkrise ausübt. Die Kundgebung löste sich schnell wieder auf. Philipp Rösler wird Griechenland am späten Nachmittag bereits wieder verlassen. Zuvor will er mit seinem Amtskollegen Chrysochoidis eine Erklärung unterschreiben. Sie soll unter anderem Zahlungsstreits zwischen griechischen und Deutschen Firmen lösen. Außerdem sollen Investitionen deutscher Unternehmer in Griechenland vereinfacht werden.