Russische Reaktion auf EU-Sanktionen Nun droht der nächste Gasstreit
Noch sind die neuen EU-Sanktionen nicht in Kraft, schon hat Russland eine Antwort parat: Brüssel unterstütze die "aggressive Politik" der Ukraine. Es droht ein neuer Streit um russische Gaslieferungen. Diese als politische Waffe einzusetzen, hat lange Tradition.
Es war Ministerpräsident Dimitri Medwedjew, der zu Beginn der Woche in einem Interview mit asymmetrischen Maßnahmen drohte, ohne die genau zu definieren: "Angesichts dieser ungerechten Handlungen der EU kann ich nur versichern, dass wir reagieren werden. Und dass wir den russischen Unternehmen, die ohne ihre Schuld auf die Sanktionsliste kommen, zur Seite stehen", sagte Medwedjew. Es sei die Pflicht des Staates, sie in Schutz zu nehmen.
Während Europa hofft, mit den Sanktionen Druck auf den Kreml auszuüben, sieht Moskau die Schuld für eine neuerliche Eskalation in der Ukraine nun in Brüssel. Mit der Verhängung von Sanktionen würde die aggressive Politik Kiews unterstützt, so die Version, die auch der Vorsitzende der Duma, Sergej Naryschkin, vertritt. "Anscheinend gibt es noch ein weiteres Ziel der EU. Nämlich die Kiewer Regierung in ihrer Politik zu ermuntern. Wenn dem so ist, dann ist die EU dafür verantwortlich, wenn die Waffenruhe in der Ukraine gebrochen wird", so Naryschkin.
Gasstreit hat Tradition
Dass Russland ohne Skrupel Gas als politische Waffen einzusetzen bereit ist, zeigte sich im Gasstreit mit der Ukraine in den Jahren 2005 und 2006. Im Januar 2006 stoppte der Energiekonzern Gazprom - wie wochenlang angedroht die Gaslieferungen - an die Ukraine.
Auch jetzt liefert Russland kein Gas an den Nachbarstaat. Mit der Folge, dass der Ukraine ein kalter Winter droht. Aus Solidarität, aus wirtschaftlichen und aus politischen Überlegungen pumpen Polen, die Slowakei und auch ein deutsches Unternehmen wiederum Gas zurück in die Ukraine. Ein Vorgehen, das der Kreml aufs schärfste kritisiert.
Beobachter in Moskau glauben, dass deshalb nun die Gaslieferungen eingeschränkt werden. Der scheidende polnische Ministerpräsident Donald Tusk gehört zu den schärfsten Kritikern Wladimir Putins. Polen erhielt in den letzten 48 Stunden nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte weniger Gas als vereinbart. Gazprom weist das in einer Stellungnahme aber zurück. Russland müsse erst einmal seine eigenen Speicher füllen. Auch der deutsche Energiekonzern E.ON meldete eine geringere Liefermenge.
Nachteile, auch für Russland
Fest steht jetzt schon: Der Konflikt mit der Ukraine hat auch große wirtschaftliche Nachteile für Russland. So hat die Ukraine ausstehende Gasschulden in Höhe von etwa 5,3 Milliarden Dollar nicht beglichen. "Die Ukraine muss ihre Schulden bezahlen. Und zwar in der Summe, die wir genannt haben. Und für die nächsten Lieferungen muss Vorkasse geleistet werden", sagte Alexey Miller, Vorsitzender von Gazprom. Passiert ist das nicht.
Die Ukraine als der sechsgrößte Energieverbraucher der Welt ist für Russland als Kunde quasi ausgefallen. Mit gravierenden Folgen für Gazprom. Der Energiekonzern, der wesentlich mit zum russischen Haushalt beiträgt, hat im ersten Quartal einen Gewinneinbruch von 41 Prozent hinnehmen müssen.