Schäuble kündigt weitere Hilfen an Also doch ein neues Griechenland-Paket
Eigentlich war es keine Überraschung - und doch wollte die Regierung vor der Wahl genau diese Aussage vermeiden: Für Griechenland werde es ein weiteres Hilfspaket geben müssen, sagte nun Finanzminister Schäuble laut Agenturberichten auf einer Wahlkampfveranstaltung.
Griechenland braucht ein weiteres Hilfspaket - knapp fünf Wochen vor der Wahl hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble offen eingeräumt, dass Griechenland auch nach 2014 Finanzhilfen seiner internationalen Partner benötigt. "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen", sagte Schäuble nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg.
Das Finanzministerium teilte dazu mit, Schäuble habe bereits wiederholt gesagt, dass die Probleme Griechenlands nicht über Nacht gelöst werden könnten. Verwiesen wurde auch auf Beschlüsse der Finanzminister der Euro-Gruppe von 2012, wonach Griechenland auch nach Auslaufen der derzeit laufenden Rettungsmaßnahmen mit weiterer Unterstützung rechnen könne.
Bisher hatte die Bundesregierung bewusst offengelassen, wie sich Griechenland nach dem Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms Ende 2014 finanzieren soll. Denn wenn man Griechenland nun bereits ein weiteres Programm in Aussicht stelle, schwäche man die Reformanstrengungen der Regierung in Athen, lautete das Argument. Ähnlich äußerte sich heute erneut Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Wir haben in der Eurozone immer gesagt, dass wir die Lage Griechenlands Ende 2014 oder Anfang 2015 neu zu bewerten haben. Es ist vernünftig, diesem Zeitplan zu folgen", sagte sie den "Ruhr-Nachrichten". Die Opposition wirft der Regierung dagegen vor, den Wählern keinen reinen Wein über die auf Deutschland zukommenden Belastungen einzuschenken.
"Notwendigkeit weiterer Hilfe nichts Neues"
Noch am 12. August hatte auch ein Sprecher des Finanzministeriums betont, es gebe keinen Anlass für Überlegungen zu weiteren finanziellen Erleichterungen für Griechenland. Dagegen geht nach Medienberichten aber auch die Bundesbank von einem dritten Griechenland-Hilfspaket nach der Bundestagswahl am 22. September aus. Darüber werde wohl Anfang 2014 entschieden.
Schäuble betonte nun, die Notwendigkeit weiterer Hilfe sei nichts Neues. "Das ist der Öffentlichkeit auch immer gesagt worden." Allerdings lag der Tenor bisher immer darauf, ein neues Paket nicht explizit auszuschließen - diese Linie gilt bereits seit Verabschiedung des zweiten Hilfspakets.
Nein zu weiterem Schuldenschnitt
Schäuble nannte als mögliches Element in einem dritten Griechenland-Hilfsprogramm etwa die weitere Senkung der Kreditzinsen, die das Land zu zahlen hat. Zugleich machte er deutlich, dass es keinen weiteren Schuldenschnitt geben werde. Die Erfahrungen mit dem ersten seien nicht sonderlich gut gewesen. Damit schloss er sich der Position sowohl der Kanzlerin als auch von FDP-Chef Philipp Rösler und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer an.
Die Reformen in dem hoch verschuldeten Eurostaat lobte Schäuble - wie schon bei seinem Besuch in Athen vor einigen Wochen - ausdrücklich. "Natürlich macht Griechenland weiterhin Schulden. Aber sie machen nicht mehr Schulden als im Anpassungsprogramm vereinbart worden ist, sondern weniger." Das Land sei nicht über den Berg, aber auf dem Weg zur Besserung.
Merkel hatte sich vergangene Woche für Geduld mit dem Euro-Partner ausgesprochen. "Man muss Griechenland mal ein Stück Zeit geben, dass sich die Dinge entwickeln können." Sie verwies darauf, dass Griechenland in diesem Jahr erstmals wieder einen Primärüberschuss im Haushalt erreiche.
Opposition nennt Aussagen überfällig
SPD und Grüne nannten Schäubles Aussagen zu einem dritten Hilfspaket überfällig. "Schäuble lässt nun doch die Katze aus dem Sack", sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider der Nachrichtenagentur Reuters. Bisher habe der Minister stets offengelassen, ob Griechenland ein weiteres Hilfsprogramm bekomme. Schäuble sage allerdings erneut nur die halbe Wahrheit: "Denn die Zinsen für den laufenden Kredit sind schon fast bei Null, und ein neuer Kredit wird Griechenland nicht helfen, weil damit nur der Schuldenstand erhöht wird." Ein neues Hilfsprogramm bedeute, dass sich Griechenland nicht wie geplant ab 2015 wieder am Kapitalmarkt finanzieren könne. "Wenn Herr Schäuble nun sagt, dass Griechenland ein neues Programm braucht, dann muss er sagen, was das kosten soll. Die konkreten Zahlen müssen vor der Wahl auf den Tisch", sagte Schneider.
Die Chefhaushälterin der Grünen-Fraktion, Priska Hinz, sagte: "Der Bundesfinanzminister bricht das nächste selbst erklärte Tabu." Während er noch vor wenigen Tagen die aktuellen Hilfen als ausreichend bezeichnet habe, reiße er nun die nächste rote Linie ein. "Er gibt jetzt zu, was Experten des IWF und die Öffentlichkeit schon längst wussten: Griechenland braucht auch nach 2014 finanzielle Hilfen", sagte Hinz. Nach der Wahl werde Schäuble auch scheibchenweise seine Zustimmung zu einem zweiten Schuldenschnitt geben.