Auftragsboom für die Pharmaindustrie Gute Geschäfte dank Schweinegrippe
Eigentlich sah es für die Pharmakonzerne nicht gut aus: Steigende Konkurrenz durch Generika-Verschreibungen drückten auf Umsätze und Gewinne. Doch die Schweinegrippe sorgt für Massenbestellungen für einen Impfstoff und explodierende Nachfrage nach Grippe-Medikamenten.
Von Ralph Sartor, tagesschau.de
Millionen Bestellungen, Milliarden Umsätze - gute Geschäfte mit einem Produkt, das es noch gar nicht gibt: Die Pharmakonzerne rechnen mit rasant steigenden Zahlen durch die Schweinegrippe. Mehrere Hundert Millionen Dosen des noch nicht existierenden Impsfstoffs wurden bereits bestellt, mindestens 50 Staaten unterzeichneten entsprechende Verträge oder sind in Verhandlungen mit den Konzernen.
Allein der britische Konzern GlaxoSmithKline verkaufte nach eigenen Angaben bereits 195 Millionen Dosen. Der Konzern erwarte weiter "erhebliche Bestellungen" für den Impfstoff gegen das H1N1-Virus. Die Auslieferung sei in der zweiten Jahreshälfte 2009 und zu Beginn des nächsten Jahres zu erwarten. Das Unternehmen sei wegen des Impfstoffes mit 50 Ländern in Gesprächen, sagte Glaxo-Chef Andrew Witty.
"Zurzeit können wir keine Aufträge annehmen"
Der Schweizer Novartis-Konzern gab bekannt, dass er "etliche" Bestellungen für einen H1N1-Impfstoff erhalten hat - und mit mehr als 35 Regierungen über Lieferungen spricht. "Wir dürften bei den Zahlen der Impfstoffsparte im vierten Quartal einen Effekt sehen. Wie groß, ist schwer zu sagen", erklärte ein Sprecher des Konzerns.
Der US-Konzern Baxter International musste bereits die weiße Flagge hissen: "Zurzeit können wir keine weiteren Aufträge annehmen", sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur Reuters. Der Konzern habe bereits Bestellungen aus Großbritannien, Irland, Neuseeland und weiteren Staaten.
Bereits bei der Vogelgrippe stark gefragt: Das Grippe-Mittel Tamiflu.
Umsatz bei Grippemitteln verdreifacht
Zwar rechnen Analysten damit, dass sich der weltweite Run auf den Impfstoff erst Ende des Jahres in den Bilanzen niederschlagen wird, doch H1N1 sorgt auch jetzt schon für gute Geschäfte: Glaxo kündigte an, bis Ende des Jahres das Grippemedikament "Relenza" auf 190 Millionen Dosen pro Jahr zu verdreifachen. In der Impfstoffsparte, die durch die Schweinegrippe in den Fokus gerückt ist, stieg der Umsatz bereits im zweiten Quartal um 14 Prozent.
Auch der Tamiflu-Umsatz bei Roche verdreifachte sich auf 1,01 Milliarden Franken, weil sich angesichts der weltweiten Ausbreitung der Schweinegrippe Regierungen und Unternehmen massenhaft mit dem antiviralen Medikament eindecken. Roche will die Produktion hochfahren und Anfang 2010 in der Lage sein, 400 Millionen Packungen jährlich zu liefern. Im gesamten Jahr soll der Tamiflu-Umsatz rund zwei Milliarden Franken erreichen.
Aber auch andere profitieren bereits heute. Der US-Mischkonzern 3M erhöhte seine Prognose. Einer der Hauptgründe: Die Schweinegrippe-Pandemie sorgte für einen höheren Absatz von Atemschutzmasken.