DGB-Vize Sehrbrock zu Lohnunterschieden "Zulagen, Dienstwagen - bei Frauen fällt das oft weg"
Woran liegt es, dass Frauen noch immer deutlich weniger verdienen als Männer? DGB-Vize Sehrbrock sieht die hohe Quote von Teilzeit arbeitenden Frauen als ein Hauptproblem. In vielen Betrieben würden Frauen aber auch schlicht schlechter eingruppiert, so Sehrbrock im tagesschau.de-Interview anlässlich des "Equal-Pay-Days
tagesschau.de: Was ist der wichtigste Grund für den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen?
Ingrid Sehrbrock: Es gibt mehrere Gründe. Der eine Grund ist, dass Frauen sehr häufig, wenn sie Kinder haben, in Teilzeit wechseln und dann im Grunde abgekoppelt sind von der Lohnentwicklungen, die Männer in gleicher Funktion erleben können. Das zweite ist, dass sie häufig sowieso im Niedriglohnbereich arbeiten, dorthin auch abgedrängt werden in Minijobs. Von daher ergibt sich auch eine starke Lohndifferenz. Und es gibt natürlich auch den Grund, dass in den Tätigkeiten, die sie besonders häufig wahrnehmen - in der Pflege, in der Erziehung - doch erheblich schlechter bezahlt werden, als Männer, die in technischen Bereichen tätig sind.
tagesschau.de: Aber wir vergleichen doch, wenn wir von diesen 23 Prozent reden, nicht unterschiedliche Berufe, sondern wir vergleichen Männer und Frauen in denselben Berufen?
Sehrbrock: Wir vergleichen eigentlich die Einkommen von Männern und Frauen in allen Berufen und da ergibt sich dieser Unterschied von 23 Prozent. Aber es ist natürlich auch so, dass Frauen, die vergleichbare oder gleiche Tätigkeiten ausüben wie Männer, schlechter bezahlt werden. Und das hat sehr häufig mit der Eingruppierung in den Betrieben zu tun. Da gibt es Zulagen, die Frauen nicht erhalten, oder Zusatzstufen. Da gibt es einen Dienstwagen. Das alles fällt bei Frauen sehr häufig flach.
tagesschau.de: Oft werden Frauen in Teilzeit pro Stunde schlechter entlohnt als Vollzeitkräfte, die dieselbe Arbeit machen. Ist es nicht Aufgabe der Gewerkschaften, das zu ändern?
Sehrbrock: Das kommt besonders häufig vor im Bereich der Minijobs. Da gibt es keine Stundenbegrenzung, sondern die Obergrenze beim Geld sind die 400 Euro. Und dafür wird ein bestimmter Auftrag erteilt, den die Frauen leisten müssen. Je nachdem wieviel Stunden sie dafür brauchen, sinkt natürlich der Stundenlohn. Das ist ein Riesenproblem. Deshalb wollen wir auch, dass diese Minijobs ersetzt werden durch eine "kleine Teilzeit", die ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig ist.
Und wir wollen vor allem auch die Anreize für Arbeitgeber beseitigen, solche kleinen Beschäftigungsverhältnisse überhaupt anzubieten. Denn die allermeisten Frauen, die Teilzeit arbeiten, wollen eigentlich aufstocken, wollen mehr verdienen, wollen etwas für ihre Rente tun. Und das geht mit den Minijobs eben nicht.
Das Interview führte Katrin Prüfig, ARD aktuell/EinsExtra Aktuell