Novelle des EEG Deutschland, Land der aufgehenden Sonne?
Der Bundestag hat die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verabschiedet. Die Neufassung sieht für 2021 insbesondere den Ausbau von Solarstrom vor.
Das Jahr 2020 könnte in Sachen Ökostrom einen neuen Rekord markieren. 46 Prozent des hiesigen Stromverbrauchs dürften laut Prognosen aus erneuerbaren Energien kommen. So viel wie nie zuvor. Und das neue EEG setzt eine weitere Zielmarke: Bis 2030 soll der Ökostromanteil auf mindestens 65 Prozent steigen. Umweltministerin Svenja Schulze drückt aufs Tempo: "Wir müssen die Erneuerbaren Energien engagierter ausbauen. Wenn der Stahl der Zukunft mehr Strom braucht, wenn die Chemieindustrie, wenn die Elektromobilität, wenn die Wärmepumpen mehr Energie brauchen, dann brauchen wir auch mehr Erneuerbare."
Die Große Koalition will ihr Ausbauziel absehbar sogar noch erhöhen, weil die Europäische Union gerade dabei ist, ihre Klimaziele zu verschärfen. Allerdings: Ziele auf dem Papier sind das eine - deren Umsetzung ist das andere. Wo soll der viele zusätzliche Ökostrom herkommen? Die Antwort lautet: Deutschland, Land der aufgehenden Sonne.
Seit zwanzig Jahren gibt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Es legt fest, dass Energieunternehmen wie etwa die Stadtwerke Ökostrom vorrangig abnehmen müssen. Betreiber von Wind-, Solar- oder Biogasanlagen erhalten für ihren Strom eine feste Einspeisevergütung. Die wird aus der EEG-Umlage mitfinanziert, die auf den Strompreis der Verbraucher draufgelegt wird.
Das EEG hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion in Deutschland massiv gestiegen ist - voraussichtlich auf 46 Prozent in diesem Jahr. Kritiker bemängeln, dass das deutsche System besonders teuer sei: Die Strompreise hierzulande liegen im europäischen Vergleich mit an der Spitze.
Mit dem neuen EEG soll der Anteil der Erneuerbaren bis 2030 auf mindestens 65 Prozent erhöht werden. Insbesondere durch mehr Solarstrom, durch Anreize vor allem für kleine Solaranlagen auf Hausdächern. Und um Windräder attraktiver zu machen, sollen Standortgemeinden zukünftig stärker finanziell profitieren.
Die EEG-Umlage auf den Strompreis wird im kommenden Jahr auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt und sinkt damit leicht. Im Gegenzug müssen sich Verbraucher ab 2021 auf die CO2-Bepreisung für Verkehr und Gebäude einstellen. Benzin, Diesel und Heizöl werden damit teurer.
Künftig wird auf Photovoltaik gesetzt
Bislang galt hierzulande: Windanlagen produzieren den größten Teil des Ökostroms. Denn Windräder sind vergleichsweise wirtschaftlich, und zumindest im Norden des Landes gibt es meist eine Brise. Aber seit Jahren kommt der Ausbau der Windanlagen kaum mehr voran. Die Gründe: Proteste von Anwohnern, Klagen von Vogelschützern; dazu der Unwille in vielen Gemeinden und insbesondere süddeutschen Bundesländern, Flächen bereitzustellen für die ungeliebten Stromerzeuger auf Stelzen.
Andreas Lenz von der CSU, Experte für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung, will deshalb mehr auf Solar setzen: "Wir haben, und das ist ja kein Geheimnis, beim Wind schon auch Akzeptanzfragen, die zu klären sind, die sich in der Art und Weise bei Photovoltaik nicht stellen. Und wir müssen nun mal schauen, was ist machbar in Deutschland, was ist tatsächlich umsetzbar. Und da sehen wir bei der Photovoltaik im Moment hohes Potenzial, das wir auch nutzen wollen."
Konkret heißt das im neuen EEG: Die Stromkapazitäten aus Solar sollen sich bis 2030 beinah verdoppeln, die Kapazität der Windräder an Land soll dagegen um ein Drittel ausgebaut werden. In zehn Jahren könnte die Photovoltaik daher eine wichtigere Rolle spielen als Onshore-Wind. Die Koalition setzt auf Anreize vor allem für kleine Solar-Anlagen etwa auf Wohnhäusern: Befreiung von der EEG-Umlage, Mieterstrommodelle, bessere Bedingungen für Altanlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung fallen.
Die Grünen sind skeptisch
Die Grünen bezweifeln, dass damit der große Wurf gelingen kann beim Ökostromausbau. Sie fordern mehr Unterstützung auch für Windkraftanlagen, gerade wenn es darum geht, alte Windräder durch neue und leistungsstärkere zu ersetzen - das sogenannte Repowering.
Und in Sachen Photovoltaik plädiert Grünen-Chefin Annalena Baerbock für eine Solar-Pflicht für neue Wohn- und Gewerbegebäude. Der Umweltpolitiker Oliver Krischer sieht für die Photovoltaik große Chancen: "Wir brauchen deutlich mehr, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Und das ist in unserem Land leicht möglich, weil wir nach wie vor über 90 Prozent der Dächer in unserem Land haben, die für die Solarstromerzeugung geeignet wären, die aber nicht genutzt werden. Und dazu brauchen wir eine Entfesselung."
Bleibt die Frage nach den Kosten. Solarpanels sind in den vergangenen Jahren sehr viel günstiger geworden als früher. Trotzdem liegen die Fördersätze für kleine Anlagen in der Regel immer noch etwas höher als für Windenergie. Gut für Anlagenbetreiber, schlecht für die Kostenbilanz der Energiewende. Von einem Solarboom in Deutschland könnte übrigens vor allem ein Land ziemlich profitieren. China. Denn die meisten Solarpanels hierzulande kommen aus Fernost - da, wo die Sonne lange vor uns aufgeht.