Snoop Dogg, Eminem, Billie Eilish Wie virtuelle Konzerte ein Millionenpublikum anziehen
Billie Eilish, Snoop Dogg, Eminem: Künstler nutzen verstärkt Gaming-Plattformen für Konzerte - Millionen schauen und hören ihnen dort zu. Auch für die Plattformen ein lukratives Geschäft.
Die Grenzen zwischen Musik und Gaming verschwimmen. Immer mehr Künstler nutzen virtuelle Konzerte auf Gaming-Plattformen als eine zusätzliche Einnahmequelle. In den vergangenen Jahren haben Superstars wie Travis Scott oder Billie Eilish Millionen von Fans in die virtuellen Welten gelockt.
Vor wenigen Tagen brachen Snoop Dogg, Eminem und Ice Spice einen neuen Rekord: Mehr als 14 Millionen Spielerinnen und Spieler sahen gleichzeitig ihr virtuelles Konzert in Fortnite, wie das Entwicklerteam mitteilte. Das übertrifft selbst die Zuschauerzahlen traditioneller Großveranstaltungen wie der NBA-Endspielserie. Drei Millionen weitere Menschen hätten sich das knapp 15-minütige Event als Videostream über Youtube und Twitch angeschaut. Auch der bereits Ende 2019 verstorbene Rapper Juice WRLD wurde für die Show animiert.
Warum Musiker den virtuellen Raum erobern
"Künstler brauchen Reichweite, die ihnen Gaming-Plattformen bieten - und sie erreichen dort ein Publikum, das sie auf ganz neue Art und Weise ansprechen können", erklärt Tobias Kollmann, Professor an der Uni Duisburg-Essen und für Experte für digitale Wirtschaft. Aufmerksamkeit und Bekanntheit seien in der Popkultur entscheidend, um Verkäufe zu steigern - auch für Konzerte in der realen Welt.
Das Prinzip virtueller Konzerte ist simpel: Musiker treten in einer digitalen Welt auf, Gamer nehmen als Avatare teil. Es geht nicht nur um Musik, sondern um eine spektakuläre Inszenierung, die Musik und Gaming miteinander verschmelzen lässt. So erleben Fans ihre Stars in einer völlig neuen Dimension.
Grenzenlose Reichweite und lukratives Geschäft
Was die Konzerte auf Fortnite und Co. für Künstler besonders reizvoll macht: Die Stars können sich über virtuelle Avatare multiplizieren und so eine Reichweite erreichen, die in der realen Welt nicht möglich wäre. "Künstler werden so nicht mehr von Zeit und Raum in Ihren Auftritten limitiert", so Kollmann. Da viele Künstler ihr Haupteinkommen durch Konzertauftritte erzielen und nicht durch Musikverkäufe, ist dies ein willkommener zusätzlicher Weg. Virtuelle Konzerte bieten eine Möglichkeit, diese Einnahmequelle zu erweitern, ohne selbst anwesend sein zu müssen.
Für einen solchen Auftritt haben Künstlerinnen und Künstler mehrere Möglichkeiten. Zum einen können sie sich selbst digitalisieren und einen Avatar erstellen, der dann die Performance übernimmt. Eine andere Möglichkeit ist es, dass der Künstler über digitale Verkabelungen in einen virtuellen Raum eintritt, aber auch hier ist es der Avatar, der die Performance im Spiel ausführt.
Für die Plattformen ein cleverer Zug
Die Spieler können während des Events ihre Avatare mit spezieller Kleidung oder Tanzbewegungen ausstatten - natürlich bezahlt mit echtem Geld. Für die Plattformen wie Fortnite ist das ein profitables Geschäft: Sogenannte In-Game-Käufe generieren Einnahmen, die sowohl den Plattformbetreibern als auch den Künstlern zugutekommen. Zusätzlich gibt es zum Beispiel Sponsoren. Allein Travis Scott soll durch sein zehnminütiges Fortnite-Konzert 2020 rund 20 Millionen US-Dollar verdient haben.
Für die Spieleplattformen ist das auch ein strategischer Schritt, um Nutzerinnen und Nutzer zu binden und ihre Zeit auf der Plattform zu verlängern. Wenn Superstars im Spiel auftreten, erreichen sie eine riesige Fangemeinde, die das Spiel herunterlädt oder mehr Zeit dort verbringt. "Alle kämpfen um die Aufmerksamkeit der Nutzer. Diese Events tragen dazu bei, dass Nutzer mehr Zeit auf der Plattform verbringen", so Kollmann. In Zukunft könnten Spieler zusätzlich für exklusive Konzerte oder Events zahlen. Der Fokus liege aber weiterhin auf der Maximierung der Nutzerbindung.
Die Zukunft der Unterhaltungsbranche
Virtuelle Konzerte sind kein völlig neues Phänomen. Bereits vor vier Jahren trat Travis Scott in Fortnite auf, ein Jahr später folgte Ariana Grande, ebenfalls mit Millionen von Zuschauern. Die Corona-Pandemie beschleunigte die Entwicklung. Kollmann sieht darin kein vorübergehendes Phänomen, sondern eine nachhaltige Veränderung: "Wir sehen eine Verschmelzung von realer und virtueller Welt." Dies werde durch künstliche Intelligenz und digitale Avatare weiter vorangetrieben.
Der Trend zu virtuellen Konzerten werde nicht nur auf Fortnite, Roblox und ähnlichen Plattformen stattfinden. Auch Plattformen wie Twitch und YouTube würden viel Potenzial bieten und auch im Metaverse würde man durch Virtual Reality in neue Welten eintauchen. "Vielleicht erleben wir irgendwann auch Hologramme von Künstlern in unseren Wohnzimmern“, so Kollmann. "Die Technologien entwickeln sich ständig weiter, und die Zukunft ist vielversprechend."
Virtuelle Konzerte als Ergänzung, nicht als Ersatz
Als Konkurrenz zu traditionellen Bühnenauftritten sieht der Experte virtuelle Konzerte jedoch nicht. Sie seien eine Ergänzung. "Für Künstler sind sie eine Chance, neue Fans zu gewinnen und ihre Reichweite zu vergrößern. Für Fans bieten sie die Möglichkeit, Konzerte zu erleben, ohne weite Reisen auf sich nehmen zu müssen." Den Charme eines echten Konzerts, bei dem die Atmosphäre hautnah spürbar werde, könne die virtuelle Welt jedoch nicht ersetzen.
Die Entwicklung virtueller Konzerte steckt noch in den Kinderschuhen. In Zukunft könnten nicht nur Musikevents, sondern auch Sport- oder andere Unterhaltungsevents in digitalen Welten stattfinden. "Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein Fußballspiel oder einen Boxkampf aus der Perspektive des Athleten erleben. Die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos", sagt Kollmann. Die virtuelle Bühne ist noch lange nicht zu Ende erzählt. Aber sie ist definitiv gekommen, um zu bleiben.