Giga-Factory in Grünheide Tesla-Beschäftigte verlangen bessere Bedingungen
Krankenstände von rund 30 Prozent, gravierende Mängel beim Arbeitsschutz, hohe Arbeitsbelastung: Mehr als 1000 Tesla-Beschäftigte in Grünheide fordern bessere Arbeitsbedingungen.
Mehr als 1000 Mitarbeitende des US-amerikanischen Elektroauto-Herstellers Tesla haben bei einer erstmaligen Aktion in der Grünheide-Fabrik gemeinsam verbesserte Arbeitsbedingungen gefordert. Das berichtet die Gewerkschaft IG Metall.
In der Nacht- und Frühschicht trugen sie T-Shirts mit IG Metall-Aufklebern und der Aufschrift: "Gemeinsam für sichere & gerechte Arbeit bei Tesla". Die Aktion soll im Laufe des Tages fortgesetzt werden. Damit bekennen sich die Tesla-Mitarbeiter laut der Gewerkschaft auch zur IG Metall.
Schon länger knirscht es zwischen dem E-Autohersteller und der Gewerkschaft, die die Arbeitsbedingungen des Konzerns anprangert. Bereits im Juli wurden Aufkleber der IG Metall mit der Aufschrift "Unsere Gesundheit ist wichtiger als die nächste Milliarde von Elon" in der Fabrik in Grünheide verteilt. Kurz darauf wurden die Mitarbeiter vor disziplinarischen Maßnahmen bis hin zur fristlosen Kündigung gewarnt, berichtete das Online-Portal "Business Insider".
Kurze Taktzeiten und hohe Arbeitsbelastung
Zahlreiche Tesla-Beschäftigte klagen der IG Metall zufolge über schlechte Arbeitsbedingungen. Sie schätzen danach die Arbeitsbelastung wegen kurzer Taktzeiten, Personalmangels und überzogener Produktionsziele als extrem ein. Beschäftigte wiesen auch auf gravierende Mängel bei Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit hin, die zu Krankenständen von bis zu rund 30 Prozent und einer hohen Zahl von Arbeitsunfällen führten, wie die IG Metall weiter mitteilte.
Die Aversion des Tesla-Chefs Elon Musk gegen Gewerkschaften ist bekannt. Anfang des Jahres versuchten US-Mitarbeiter eines Tesla-Werks in Buffalo eine Arbeitnehmervertretung zu gründen - und wurden prompt gekündigt. Angaben der Mitarbeiter zufolge wurde in dem Werk mit 800 Mitarbeitern der Druck stark erhöht und sogar Tastenanschläge an den Computern überwacht. Einige Beschäftigte trauten sich daraufhin nicht mal mehr, eine Toilettenpause zu machen.
Der Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze, sagte zu den Zuständen in Grünheide: "Wenn Einzelne Verbesserungen einfordern, bekommen sie entweder Probleme oder es passiert nichts. Gemeinsam aber ist es möglich, Forderungen durchzusetzen."
"Stern"-Recherche zu Tesla-Arbeitsunfällen
Der "Stern" hatte jüngst von auffallend vielen Arbeitsunfällen in der Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin berichtet. So habe Tesla 190 meldepflichtige Unfälle zwischen Juni und November 2022 angegeben. Nach Angaben der Berufsgenossenschaft Holz und Metall traten 2022 statistisch bei Autoherstellern und Zulieferern 16 meldepflichtige Unfälle bei 1.000 Beschäftigten auf.
Wenn die Mitarbeiterzahl von Tesla für Mai 2022 von rund 4.000 Beschäftigten zugrunde gelegt wird, läge die statistische Zahl meldepflichtiger Unfälle der Branche bei 64 - das wären deutlich weniger als 190 im "Stern"-Bericht. Die Genossenschaft nannte aber keine konkreten Zahlen für Tesla.
11.000 Beschäftigte in Grünheide
In der Tesla-Fabrik ereigneten sich nach Angaben des Brandenburger Sozialministeriums seit 2021 mindestens sieben schwere Arbeitsunfälle, in drei Fällen waren Tesla-Beschäftigte betroffen. Das Ministerium stufte die Zahlen nicht als ungewöhnlich ein. Der Autobauer verwies auf engmaschige Kontrollen der Behörden.
Tesla stellt seit März 2022 in Grünheide Elektroautos her. Umwelt- und Naturschützer sehen Gefahren. In der Fabrik arbeiten nach Angaben des Unternehmens rund 11.000 Mitarbeiter, die hochgerechnet etwa 250.000 Fahrzeuge im Jahr herstellen. Tesla will das Werk ausbauen.