Gleiche Versicherungstarife Alles Unisex, alles gut?
Unisex - das Wort hat in den vergangenen Monaten Karriere gemacht. Gleichberechtigung gilt künftig auch bei Versicherungstarifen. Was heißt das für die Versicherten? Gelten alte Verträge weiter? Kommt jetzt die teure Gleichmacherei? Fragen und Antworten zu Unisex-Tarifen im Überblick.
Ein Wort hat in den vergangenen Monaten Karriere gemacht: Unisex. Ab 21. Dezember dürfen Versicherungen bei Neuverträgen von Frauen und Männern keine unterschiedlichen Tarife mehr berechnen. Es gilt Gleichberechtigung bei den Tarifen. Die Branche prophezeit unterm Strich höhere Tarife. Verbraucherschützer beklagen hingegen eine "Unisex-Hysterie" und warnen vor übereiltem Handeln - der Werbung zum Trotz. Fragen und Antworten im Überblick.
Wie war es bisher?
Für die Kfz-Versicherung etwa haben Frauen oft weniger bezahlt als Männer, da sie weniger Unfälle verursachen. Anders bei der privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie beim Schutz gegen Berufsunfähigkeit: Hier zahlten Männer bisher niedrigere Beiträge. So verlangten Krankenversicherer für Frauen mehr, unter anderem wegen der Schwangerschaftskosten. Der EuGH hatte im März 2011 mit Wirkung zum 21. Dezember 2012 die Regelung gekippt, die es EU-Staaten ermöglichte, geschlechterdifferenzierte Tarife anzubieten.
Bleiben alte Verträge gültig?
Ja. Vor dem Stichtag abgeschlossene Verträge sind von der Neuregelung nicht betroffen und gelten unverändert weiter. Mit Unisex-Tarifen werden Männer und Frauen - je nach Versicherungsart - besser oder schlechter gestellt als bisher. Die Versicherungswirtschaft hatte - auch mit Blick auf die Erfahrung in anderen Ländern - ein im Schnitt höheres Prämienniveau für Neuverträge vorausgesagt.
Aber in Deutschland verzögert sich doch die Gesetzgebung?
Das spielt keine Rolle. Die Unisex-Tarife kommen auch ohne deutsches Umsetzungsgesetz pünktlich zum Stichtag. Zwar hatte der Bundesrat Mitte Dezember das entsprechende Gesetz an den Vermittlungsausschuss überwiesen. Doch sowohl der Verband der Versicherungswirtschaft GDV als auch die Finanzaufsicht BaFin stellten klar, dass unverändert vom 21. Dezember an nur noch Verträge mit den neuen Tarifen verkauft werden dürfen. Denn das deutsche Gesetz, dass wegen des Bund-Länder-Streits nun erst im nächsten Jahr verändert wird, sei ab dem Stichtag europarechtswidrig. Die BaFin sieht sogar große Rechtsrisiken, sollten Versicherer nach dem 21. Dezember 2012 für neue Verträge noch alte, geschlechtsdifferenzierte Tarife anbieten.
Lohnt ein Tarif-Wechsel?
Einige Konzerne haben schon vor dem Stichtag Unisex-Tarife im Angebot oder bieten eine Tarif-Wechselmöglichkeit an. Andere weisen die Kundschaft seit Wochen auf das Datum hin. Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten rät aber zur Ruhe: "Man sollte immer erst den persönlichen Bedarf abklären, ehe man sich für oder gegen den Abschluss einer Versicherung entscheidet." Überhaupt gebe es noch längst keine aussagekräftige Übersicht über die tatsächlichen Auswirkungen.
Die Versicherungswirtschaft ist wenig begeistert von der EuGH-Entscheidung und sagt ein im Schnitt höheres Prämienniveau voraus. Sie begründet dies mit der neuen Risikoverteilung. Viele Unternehmen würden wohl einen Sicherheitszuschlag einkalkulieren, wie Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sagt. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Oxera, die von der Branche bereits vor einiger Zeit in Auftrag gegeben worden war, müssen etwa Frauen bei der Risikolebensversicherung mit einem Plus von mindestens 30 Prozent rechnen. Zwar dürfte es laut GDV auch zu Beitragssenkungen kommen. Die neue Risikoverteilung und die Umstellung der Tarife bringe aber zusätzliche Belastungen.
(Quelle: dpa)