Tourismus nach der Flut Die Ahrtal-Hotellerie gibt nicht auf
Vor anderthalb Jahren verwüstete die Flut das Ahrtal. Seitdem läuft der Wiederaufbau, auch bei den Hotels. Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle in der Region.
Daniel Hempen steht vor der Rezeption seines Hotels. Um ihn herum ist alles schick und neu. Ein hartes Stück Arbeit war das: Denn im Hotel Rodderhof hatte das Wasser 1,80 Meter hoch im Erdgeschoss gestanden.
Wiedereröffnung und Erinnerung
Der 38-Jährige hat seinen Betrieb bereits im Sommer wiedereröffnet. Vieles war Mitte 2022 noch Baustelle, nicht alle Zimmer waren fertig. Jetzt ist der Wiederaufbau fast geschafft. Nur im Keller fehlt noch die Sauna. Die Gäste kommen, und der Familienbetrieb blickt positiv in die Zukunft.
Neben der Rezeption hängt ein Bildschirm, auf den Hempen jetzt deutet. Hier zeigt er in Dauerschleife ein Video von der Flut im Ahrtal: Braune Wassermassen rasen durch Bad Neuenahr-Ahrweiler, Schuttberge türmen sich auf, ein Auto hängt quer in der Luft an einem Brückengeländer. Hempen erzählt, dass er seinen Gästen dieses Video ganz bewusst zeigen möchte: "Bei all unserer Euphorie jetzt sollte man nicht vergessen, dass hier 134 Menschen ums Leben gekommen sind, die nicht hätten ums Leben kommen müssen."
Unterschiedliches Bild je nach Gemeinde
Hempen sagt, dass sein Familienunternehmen mit 56 Zimmern momentan das größte wiederöffnete Hotel im Ahrtal sei. Wie viele Betriebe im Ahrtal inzwischen wieder am Start sind, lässt sich nicht sagen, da das nicht zentral erfasst wird. David Bongart vom Verein Ahrtal-Tourismus hat dennoch einen Überblick über die Beherbergungssituation. "Als Anhaltspunkt zum Fortschritt im Tourismus nutzen wir weniger die tatsächliche Anzahl der geöffneten Betriebe, sondern vielmehr die wieder vorhandenen Bettenkapazitäten", sagt er. "Zur Zeit stehen im gesamten Ahrtal rund ein Drittel der Bettenkapazitäten zur Verfügung."
Das Bild in den einzelnen Städten und Gemeinden sei sehr unterschiedlich, sagt er. In Bad Neuenahr-Ahrweiler etwa stünden mit der höchsten Bettenkapazität rund 40 Prozent zur Verfügung. In der Verbandsgemeinde Altenahr dagegen läge die Zahl der Übernachtungsbetriebe bei 20 Prozent.
Gedämpfte Stimmung bei den Betrieben
Vielerorts im Ahrtal läuft der Aufbau langsam, auch was den Kurbetrieb angeht. Bongart berichtet, dass von den insgesamt zwölf Kliniken - sieben Vorsorge- und Rehakliniken und fünf Krankenhäuser - sieben wieder geöffnet haben, zum Teil allerdings immer noch an alternativen Standorten.
Günther Uhl, der Vorsitzende des Kreisverbands Ahrweiler vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), beschreibt die Probleme seiner Mitgliedsbetriebe: "Leider ist das Handwerker- und Materialproblem enorm groß. Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem der Bauzeitenplan und Eröffnungstermine eingehalten wurden."
Hinzu komme die "Bürokratie", die überforderten Genehmigungsbehörden. "Die allermeisten Betriebe machen keinen reinen Wiederaufbau, sondern investieren darüber hinaus viel Geld, um ihre Betriebe fit für die Zukunft zu machen, sich den aktuellen Marktsituationen und der Mitarbeiterknappheit anzupassen."
Geröllhügel noch nicht abtransportiert
Hotelier Michael Lentz gehört zu denen, die den Wiederaufbau noch nicht geschafft haben. Er steht auf der Baustelle in seinem Hotel am Ahrufer in Bad Neuenahr. Es riecht nach Farbe. Lentz zeigt auf den kaputten Aufzug: "Das ist ein ganz schwieriges Thema. Der alte ist noch drin, der neue sollte eigentlich im März montiert werden, aber dafür müsste der alte jetzt erstmal raus."
Vor seinem Hotel stehen Warnbarken entlang der Straße am Ahrufer. Riesige, tiefe Löcher tun sich neben der Straße auf, Erd- und Geröllhügel sind immer noch nicht abtransportiert. Lentz ist genervt, dass die Behörden die Straße immer noch in diesem Zustand lassen.
Doch jetzt hat er Hoffnung: "Beim Neujahrsempfang vom DEHOGA waren auch öffentliche Stellen dabei, mit denen ich gesprochen habe. Da wurde mir versprochen, dass es bis Ostern diesen Jahres anders aussehen wird und die Straße für Fußgänger nutzbar wäre." Das sei für ihn existenziell wichtig, um überhaupt Gäste empfangen zu können, erklärt der Hotelier.
"Es ist ein Marathon"
Wann der Aufbau im Ahrtal abgeschlossen ist, weiß niemand. In den Tagen nach der Flut hatte ein Ortsbürgermeister einer besonders betroffenen Gemeinde geschätzt, dass zehn Jahre ins Land gehen werden.
"Es ist ein Marathon, in dem wir uns befinden, und man muss immer versuchen, sich positiv zu motivieren, diesen weiter zu laufen", sagt Frank Mies vom privaten Verein Uferlichter Kultur e.V., der in der Weihnachtszeit seit vielen Jahren die Beleuchtung im Kurpark und das kulinarische und kulturelle Programm organisiert. "Das Ziel zählt: Das Ahrtal muss schöner und besser werden als es jemals war."