Personalmangel im Schwimmbad Sommer, Sonne, Freibad zu
Geöffnete Freibäder sind keine Selbstverständlichkeit mehr - es fehlt an Personal. Erste Gemeinden verkürzen die Öffnungszeiten oder stellen Sicherheutsleute ein, die auch Rettungsschwimmer gelernt haben.
"Die Öffnungszeiten im Beverbad bleiben weiter eingeschränkt" steht auf der Internetseite der Gemeinde Ostbevern. Es könne nicht immer die Aufsicht am Beckenrand gewährleistet werden. Deshalb blieb das Bad zuletzt an einigen Samstagen geschlossen. Inzwischen öffnet das Bad wieder an Wochenenden, aber unter der Woche fällt das Vormittagsschwimmen aus. Man suche dringend nach Rettungsschwimmerinnen und -schwimmern.
Corona und Energiekrise Grund für Personalmangel
"Und ewig grüßt das Murmeltier", sagt Peter Harzheim. Er ist der Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister und war vor seiner Pensionierung selbst 45 Jahre Bademeister - oder "Fachangestellter für Bäderbetriebe", wie der Beruf inzwischen korrekt heißt.
Die Situation wiederhole sich jedes Jahr, diesen Sommer sei man aber kurz vor dem "Worst Case". Als Grund nennt Peter Harzheim Corona - und die Energiekrise. Viele Bäder hätten die Temperaturen heruntergefahren und die Öffnungszeiten verkürzt. Deshalb seien weniger Badegäste gekommen. "Da ist es zu Teilschließungen gekommen, es gab Kurzarbeit, da sind viele in die Industrie abgewandert. Und am Fließband verdienen die teilweise mehr, als wenn sie als Fachkraft am Beckenrand stehen", berichtet Harzheim. Außerdem würde momentan mehr Personal in Rente gehen als in die Ausbildung.
Unterdurchschnittliche Bezahlung
In der Bezahlung sieht der erfahrene Bademeister das größte Problem. "Im Öffentlichen Dienst liegst Du in den Eingangsstufen zwischen 2600 und 2700 Euro brutto; über die Jahre geht das dann hoch bis auf 3200 Euro", rechnet er vor. Es gebe aber viele Privatbetreiber, die unterdurchschnittlich bezahlen. "Da gehen einige mit 2000 Euro brutto nach Hause, davon kann man nicht leben".
Die Kolleginnen und Kollegen, die den Job gewechselt haben, seien wohl für immer weg. Denn oft werde die neue Arbeitsstelle besser bezahlt, es gebe keine Anreize, zurückzukommen. "Nur vom Idealismus kann man nicht leben", sagt Harzheim.
Auch in Wuppertal fehlen Schwimmmeisterinnen und Rettungsschwimmer - seit Herbst haben sie im ehrenamtlich betriebenen Freibad Vohwinkel versucht, neue Leute zu finden - ohne Erfolg. Nun behilft man sich in Wuppertal mit einer Notlösung. Die Bäder arbeiten mit einer Securityfirma zusammen, deren Mitarbeiter auch Rettungsschwimmer sind. Niklas Lauterbach, Security und Rettungsschwimmer, sagt: "Der Vorteil ist, dass wir in beiden Situationen geschult sind. Wir können also sowohl im Wasser als Rettungsschwimmer eingreifen, wir wissen aber auch, wie wir in Konfliktsituationen deeskalieren können." Ohne ihn und seine Kollegen müsste das Bad schließen.
Probleme in vielen Städten und Gemeinden
Auch in Duisburg gibt es Probleme. Das städtische Freibad Homberg musste schließen. Der Personalmarkt sei leergefegt, heißt es von der Stadt. Auch hier hätten sich während der Pandemie viele nach anderen Jobs umgeschaut. Die Stadt wirbt deshalb jetzt mit unbefristeten Anstellungen und mehr Geld.
In Dortmund gibt es kein Angebot für Frühschwimmer mehr. Statt von 7 bis 20 Uhr haben Bäder nur von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Man habe einen Kompromiss finden müssen. "Kinder und Jugendliche kommen in den Sommerferien vor allem im Nachmittagsbereich", sagt Daniel Willer vom Volkspark Dortmund. "Wenn wir dann ganz normale Öffnungszeiten hätten, wie früher um 7 Uhr, dann wäre es nicht mehr möglich, im Nachmittagsbereich da zu sein. Weil wir an die Arbeitsschutzgesetze gebunden sind."
Wie dramatisch die Situation ist, zeigt ein Beispiel aus Netphen - hier hat Anfang Juni eine einzige Krankmeldung im Team dafür gesorgt, dass das Freibad mitten im Betrieb schließen musste. Etwa 400 Badegäste mussten nach Hause gehen.
Bademeister ist vielseitiger Beruf
Peter Harzheim macht die Situation traurig. Denn eigentlich sei Bademeister ein sehr schöner Beruf, der sehr vielseitig sei. "Wir sind Ärzte, Seelsorger, Ersthelfer, Animateur, Chemiker, Physiker. Wir reparieren Pumpen und Motoren, wir bilden selber aus, da gibt es so viele Möglichkeiten", erzählt Harzheim.
Drei Jahre dauert die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Es gehe um Verantwortung und Menschenleben, da wäre mehr Wertschätzung in der Bevölkerung angebracht, wünscht sich der pensionierte Bademeister. Seinen Job als Präsident des Bundesverbands macht er ehrenamtlich und mit Leidenschaft. Doch er würde sich wünschen, das Zepter bald an jemand Jüngeren weiter reichen zu können. Aber auch hier fehle der Nachwuchs.