Personalmangel in Firmen Mehr Fachkräfte durch 4-Tage-Woche?
Die Beschäftigten einer Sanitärfirma aus der Nähe von Nürnberg haben neuerdings freitags immer frei. Bundesweit versuchen immer mehr Betriebe, mit neuen Arbeitsmodellen Fachkräfte anzulocken.
Bei der Auftragsvergabe, morgens um 7.30 Uhr, erklärt Firmenchef Thomas Schmauser seinen Mitarbeitenden, was alles zu tun ist. "Wir setzen heute eine Badewanne, zwei Duschwannen, zwischenzeitlich ist dann die Inbetriebnahme der Wärmepumpe." Es ist Donnerstag - und damit der letzte Arbeitstag der Woche im Betrieb.
Vier Tage mit 9,5 Stunden bei voller Bezahlung
Die acht Beschäftigten arbeiten jetzt nur noch 38 Stunden pro Woche, bekommen aber weiterhin 40 Stunden bezahlt. Die Beschäftigten haben dadurch zwar von Montag bis Donnerstag längere Arbeitstage, Freitag bis Sonntag haben sie aber frei.
Für Anlagenmechanikerin Maike Böhm ist das ein Glücksfall: Jetzt kann sie das lange Wochenende auch mal für eine Städtereise nutzen, ohne Urlaub nehmen zu müssen. Auch Arzttermine seien jetzt leichter wahrzunehmen, sagt Maike Böhm. "Da haben sie sich was Gutes einfallen lassen, unsere Chefs und wir sind sehr zufrieden. Damit kann ich, glaube ich, für alle sprechen."
Monteur Lukas Plattner findet, dass die längere Arbeitszeit eigentlich gar nicht groß ins Gewicht falle, weil man auf einer Baustelle sowieso oft eine halbe Stunde mehr gearbeitet habe. Er brauche jetzt auch weniger Spritgeld, weil er sich freitags die längere Fahrt in den Betrieb sparen kann.
Probelauf mit 4-Tage-Woche steigerte die Produktivität
Intern hatten die Schmausers ihren Betrieb schon seit Jahresbeginn auf vier Tage umgestellt. Probeweise wurden Termine und Anlieferungen nur noch von Montag bis Donnerstag vergeben. Der Produktivität habe das nicht geschadet - im Gegenteil.
Die Firma habe im ersten Halbjahr an vier Tagen mehr Umsatz gemacht, als vorher an fünf, sagt Firmenchefin Stefanie Schmauser und erklärt auch warum: "Der positive Effekt daraus ist, dass wir komprimierter und effektiver arbeiten. Die Mitarbeiter sind gut ausgeruht, denn am Donnerstagabend ist Feierabend und dann haben die die Möglichkeit drei Tage ihre Freizeit zu genießen. Die Erholungsphase ist wesentlich länger." Und Firmenchef Schmauser ergänzt, dass man auf Baustellen von Montag bis Donnerstag jetzt länger arbeiten könne, habe die Produktivität gesteigert.
Kritik kommt vor allem von anderen Betrieben
Kritik an der Vier-Tage-Woche komme nicht von Kundenseite, so Schmauser. Denen fallen die verkürzten Wochen oft gar nicht auf, so wie dem Stammkunden Bernhard Strobel. Er habe nicht den Eindruck gewonnen, dass sich sein Bauvorhaben dadurch in die Länge gezogen hätte, sagt Strobel.
Statt der Kunden kritisieren vor allem andere Handwerksbetriebe die Vier-Tage-Woche, auch gewerbeübergreifend. Die seien jetzt im Zugzwang, weil ihre Beschäftigten offenbar auch gern ein anderes Arbeitszeitmodell hätten.
Neue Arbeitswelten entstehen
Vielleicht gebe es noch den ein oder anderen Traditionalisten, der in Rahmenbedingungen der Vergangenheit schwelge, sagt Daniel Terzenbach, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA). Er nehme aber eigentlich das Gegenteil wahr. Überall würden neue Arbeitswelten und flexiblere Arbeitsbedingungen geschaffen.
"Heute müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber alles tun, um die verbleibenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu locken," sagt Terzenbach: "Dazu kommt, dass das Halten von Arbeitskräften zusätzlich zu dem Akquirieren neuer Arbeitskräfte die Kernherausforderung sein wird, wenn immer weniger Menschen auf die Arbeitsmärkte drängen."
Deshalb befürworte die Arbeitsagentur alles, was Rahmenbedingungen schafft, dass Arbeitnehmern ein psychisch gesundes, aber auch körperlich gesundes Arbeitsumfeld zu bieten, bei dem gleichzeitig auch die Produktivität weiter erhalten bleibe, so der BA-Vorstand.
Vier-Tage-Woche spart Energie und schont die Umwelt
Die Schmausers werden die Vier-Tage-Woche beibehalten. Sie hoffen, dadurch auch wieder Anlagenmechaniker - gerne auch weiblich - für Sanitär, Heizung und Klima zu finden. Oder junge Leute, die diese Ausbildung machen möchten.
Selbst in den nachfragestarken Wintermonaten dieses Jahres seien sie mit den vier Tagen gut über die Runden gekommen. "Wir wollen das für unsere Arbeitnehmer, aber auch ein Stückweit für uns", sagt Stefanie Schmauser. Auch sie hätten Familie und Hobbys und auch für sie entschleunige der ganze Prozess das Leben.
Zumal die Vier-Tage-Woche auch Einsparungseffekte haben könnte. Zwar könne man die Einsparungen bei Strom- und Heizkosten noch nicht genau beziffern. Bei den Spritkosten, so Firmenchef Thomas Schmauser, spüre man aber schon jetzt eine Reduktion. Denn auch die drei Fahrzeuge stehen von Freitag bis Sonntag, wenn nicht gerade ein Notdienst-Einsatz ist.