Einzelhandel im Lockdown Ohne Online-Shop ist es hart
Im Corona-Weihnachtsgeschäft hat der Onlinehandel einen noch nie dagewesenen Boom erlebt. Auch manche klassische Läden profitierten davon. Für viele andere heißt es einfach: durchhalten.
Die Frankfurter Zeil gehört zu den umsatzstärksten Einkaufsstraßen Deutschlands. In der Vorweihnachtszeit herrscht hier normalerweise Hochbetrieb, normalerweise. Durch den Lockdown mitten im Endspurt des Weihnachtsgeschäfts ist dieser Tage Totentanz.
Nur wenige Menschen schlendern an den Schaufenstern vorbei, das lukrative Geschäft mit den Last-Minute-Käufern - es findet 2020 nicht statt. Der nahezu Totalausfall bringt laut Handelsverband Deutschland (HDE) bis zu 50.000 Geschäfte mit 250.000 Beschäftigten in massive Insolvenzgefahr.
Wenn sich "Click & Collect" kaum lohnt
Koffer Klein in der Frankfurter Innenstadt ist ein klassisches Traditionsgeschäft. Seit 82 Jahren existiert das familiengeführte Unternehmen, 2020 ist bislang das schwerste Jahr. Der Umsatz ist um knapp 70 Prozent eingebrochen, alle Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. Die Nachfrage nach Koffern und Reisetaschen: seit Monaten kaum vorhanden.
"Die Situation ist furchtbar, das hat nichts mit dem Weihnachten der letzten Jahre zu tun. Die Gedanken über das Fortbestehen lassen mich und meine Belegschaft nicht los", sagt Geschäftsführerin Annette Fuchs. Das Prinzip "Click & Collect", also online oder telefonisch bestellen und die Ware dann im Geschäft abholen, rentiert sich bei Koffer Klein kaum.
"Click & Collect ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Fuchs, denn mehr als eine Handvoll Bestellungen kommen täglich nicht rein. So lange die Menschen kaum verreisen, wird sich ihr Geschäft nicht normalisieren.
Durch den Lockdown wird die sonst so umsatzstarke Phase zum Jahresende für den stationären Handel zum Fiasko. Der HDE rechnet für das Jahr 2020 mit einem Minus von rund 13 Milliarden Euro.
Von der Boutique zum Online-Shop
Während der stationäre Handel unter den Folgen des Lockdowns leidet, floriert das Online-Geschäft. Gaby Schneider hat aus der Not eine Tugend gemacht. Weil sie beim ersten Lockdown ihre Boutique im nordhessischen Bad Arolsen schließen musste, startete sie einen Online-Shop. "Die Idee dahinter war zu überleben. Eigentlich gab es gar keine richtige Geschäftsidee, aber dann haben wir gesehen, dass es immer mehr wird."
Im Weihnachtsgeschäft kommen Schneider und ihre Mitarbeiterinnen kaum hinterher, alle Bestellungen abzuarbeiten, knapp 300 Kleidungsstücke verlassen ihr Lager jedes Wochenende. Italien, Spanien, Frankreich und Russland - mittlerweile verschicken sie in die ganze Welt. Der Umsatz hat sich seit Beginn der Pandemie verdoppelt.
"Viele Kunden haben das Online-Shopping neu für sich entdeckt. Im November und Dezember konnte der Online-Handel seine Umsätze um fast ein Drittel auf knapp 20 Milliarden Euro steigern", sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Auch in den Bereichen Lebensmittel, Möbel und Baumärkte liefen die Geschäfte laut HDE gut.
Handel fordert Fonds gegen Verödung der Innenstädte
Gleichzeitig treffen die massiven Einbußen in der sonst so umsatzstarken Weihnachtszeit viele traditionelle Händler hart. Zehntausenden Geschäften droht die Schließung.
"Es ist zu befürchten, dass mit den zu erwartenden Insolvenzen im Einzelhandel ganze Innenstädte ins Wanken geraten. Der Einzelhandel ist die Kernbranche der Stadtzentren. Stirbt der Handel, stirbt die Stadt", sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Genth. Um eine Verödung der Innenstädte zu verhindern, fordert er einen Innenstadtfonds in Höhe von 500 Millionen Euro.
Trotz der momentan schwierigen Lage: Annette Fuchs ist zuversichtlich, dass Koffer Klein durchhält in der Krise. Und Jubiläum feiern kann im Jahr 2038, wenn das Geschäft 100 Jahre alt wird. Und zwar als klassisches Ladengeschäft in der Frankfurter Innenstadt.