Bahnprojekt Stuttgart-Ulm Vier Milliarden für 15 Minuten
Das Schienennetz der Deutschen Bahn ist 60 Kilometer länger: Auf der neu gebauten Strecke von Wendlingen nach Ulm startete nun der Regelbetrieb. Der Ausbau kostete mehrere Milliarden Euro - für zunächst eine Viertelstunde Zeitersparnis.
Mit Höchstgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde fahren seit Sonntag Züge auf der neu gebauten Bahnstrecke zwischen Wendlingen und Ulm. Mit dem nun in Kraft getretenen Winterfahrplan ging auch die Strecke in den Regelbetrieb.
So verkürzen sich laut der Deutschen Bahn auf mehreren Verbindungen ab heute die Fahrzeiten. Zwischen Ulm und Wendlingen werden künftig stündlich Regionalzüge mit Tempo 200 fahren, außerdem fährt einmal pro Stunde ein ICE über die Neubaustrecke und erhöht etwa das Tagesangebot zwischen Stuttgart und München um rund 20 auf 90 Fahrten.
Teil eines Mega-Projekts
Die Neubaustrecke ist Teil des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. Das Projekt beinhaltet die 85 Meter hohe Filstalbrücke, aber auch den Tiefbahnhof in der Stuttgarter Innenstadt und die unterirdische Anbindung an den Flughafen. Während die Neubaustrecke nun fertig ist, lässt die Fertigstellung des Stuttgarter Hauptbahnhofs noch immer auf sich warten.
Das ist auch für die neue Bahnstrecke, die zur Hälfte durch den geplanten Tunnel verläuft, ein Problem. Denn der Bau zwischen Wendlingen und Ulm könne seine Vorteile erst ab 2025 komplett ausspielen, wenn auch der neue Hauptbahnhof Stuttgart 21 fertiggestellt sei, hieß es von der Deutschen Bahn. Der Bau des Bahnhofs wird inzwischen mit mehr als neun Milliarden Euro veranschlagt.
Wissing will Kapazitäten ausbauen
Bundesverkehrsminister Volker Wissing lobte die Neubaustrecke im Bericht aus Berlin als eine, die neue Kapazitäten bringe. In den vergangenen Jahren sei viel zu wenig in die Schiene investiert worden, sagte der FDP-Politiker. "Die Schiene ist in einem schlimmen Zustand und deswegen müssen wir jetzt einiges verändern." Neben der neuen Strecke werde auch die geplante Sanierung der sogenannten Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt am Main zu deutlichen Verbesserungen im Netz führen.
Wissing kündigte neben großflächigen Sanierungen auch die zunehmende Digitalisierung der Schiene und die Aufrüstung mit moderner Signaltechnik an. Zu den Kosten sagte der Verkehrsminister: "Der Bahn wird das Geld zur Verfügung gestellt, das sie braucht. Die Bahn ist voll ausfinanziert, auch für das Jahr 2023, was die laufenden Projekte angeht." Kritiker bemängeln, dass bislang auch für 2023 höhere Ausgaben für das Straßen- als für das Schienennetz vorgesehen sind.
Zeitgewinn beträgt 15 Minuten
Die Baukosten allein für die nun eröffnete Strecke betragen knapp vier Milliarden Euro. Sie wurden vom Bund sowie vom Land Baden-Württemberg und der Europäischen Union finanziert und bringen den Reisenden derzeit gerade einmal 15 Minuten Zeitgewinn. Ist der Stuttgarter Bahnhof fertig gestellt, soll der Zeitgewinn rund 30 Minuten betragen.
Die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm wurde bereits am Freitag offiziell von Land und Bahn eröffnet. Im Beisein von Bahnchef Richard Lutz, Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer und des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann legte ein ICE die etwa 60 Kilometer lange Strecke zurück, um das Milliarden-Projekt in Ulm einzuweihen - pünktlich.
Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, das gesamte Projekt Stuttgart-Ulm koste neun Milliarden Euro.