Folge des EVG-Warnstreiks Bahn stellt Fernverkehr für zwei Tage ein
Im Fernverkehr der Bahn geht ab dem späten Sonntagabend nichts mehr: Während des Warnstreiks der Gewerkschaft EVG bleiben sämtliche IC- und ICE-Züge bis Dienstagnacht stehen. Am Wochenende soll der Zugverkehr laut Bahn aber noch planmäßig laufen.
Die Deutsche Bahn stellt wegen des von der Gewerkschaft EVG angekündigten Warnstreiks ab Sonntagabend den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage vollständig ein. Von Sonntagabend um 22.00 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr blieben sämtliche ICE- und IC-Züge in den Depots, teilte der Konzern mit. Auch im Regionalverkehr werde "während des Streiks größtenteils kein Zug fahren".
Bahn: Zugverkehr am Wochenende nach Plan
Die Deutsche Bahn rechnet allerdings nicht damit, dass der Warnstreik bereits vor Sonntagabend nennenswerte Auswirkungen auf den Zugverkehr haben wird, hieß es von dem Konzern. "Den Sonntag würde ich, nachdem was ich jetzt weiß, durchaus als verkehrssicher ansehen wollen", sagte Personalvorstand Martin Seiler. Ab Montag aber werde der Warnstreik zu "erheblichen Auswirkungen" führen.
"Alle Fahrgäste, die ihre für den 14. bis 16. Mai geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Sonntagabend flexibel nutzen", teilte die Bahn weiter mit.
Europaweit Beeinträchtigungen der Cargo-Transporte
Auch im Cargo-Bereich werde der lange Ausstand spürbare Folgen und damit auch wirtschaftliche Auswirkungen haben, hieß es. Die Bahn bestätigte, sie rechne mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz.
EVG: Gespräche kommen nicht voran
Zuvor hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im laufenden Tarifstreit mit der Deutschen Bahn einen flächendeckenden 50-stündigen Warnstreik im Fern-, Regional- und Güterverkehr angekündigt, und zwar von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis zum Dienstag, 24.00 Uhr. Der Warnstreik solle die Deutsche Bahn, aber auch fast alle der rund 50 weiteren Bahnanbieter treffen, hieß es von der EVG.
Die Gewerkschaft begründete den Aufruf zu flächendeckenden Arbeitsniederlegungen in allen Bereichen mit den stockenden Gesprächen, die seit über zwei Monaten geführt werden. "Wir werden deshalb noch einmal unübersehbar signalisieren, dass die vorliegenden Angebote erheblich nachgebessert werden müssen", sagte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay.
Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt.
Loroch: "Keine andere Wahl"
Verhandlungsführer Kristian Loroch ergänzte: "Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen."
Loroch sagte dazu: "Aus eigener Überzeugung scheint die Deutsche Bahn kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen zu wollen, offensichtlich ist dazu erheblicher Druck nötig. Deshalb setzen wir jetzt einen neuen Akzent."
Bahn: EVG will nicht an den Verhandlungstisch
Bahn-Personalvorstand Seiler kritisierte den Arbeitskampf als "irrsinnig" und "restlos überzogen". Er sagte: "Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen."
Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung.
Seiler warf der EVG vor, nicht für Verhandlungen bereit zu sein. Man fordere sie aber auf, genau dies zu tun. Die Bahn sei ab sofort für Gespräche bereit - auch über das Wochenende, erklärte Seiler.
Die Bahn habe "zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt" und "mitnichten" einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen, erklärte Seiler. Auf dem Tisch lägen außerdem bereits das Angebot von zehn Prozent Lohnerhöhung sowie die volle Inflationsausgleichsprämie.
Bereits der dritte Warnstreik
Bereits Ende März hatte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Ende April legte die EVG mit einem achtstündigen Warnstreik nach. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte.
Die Deutsche Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren. Die Gewerkschaft fordert in den Gesprächen mit der Branche unter anderem mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen - und zwar bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Vorher will sie in den Verhandlungen mit der Bahn aber entscheidende Fragen zum Mindestlohn geklärt wissen. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der DB erhalten diesen bislang nur über Zulagen, weil der Mindestlohn in den vergangenen Jahren schneller gestiegen ist als die Tariftabellen. Die EVG möchte den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro in die Tabellen aufnehmen, bevor sie über weitere Tariferhöhungen verhandelt.
Bahn will mehr als doppelt so lange Laufzeit
Die Offerte des Staatskonzerns umfasst insgesamt rund zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere Einkommen sowie zusätzlich 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle. Bei der Laufzeit hat der Konzern völlig andere Vorstellungen als die EVG. Die Deutsche Bahn peilt eine mehr als doppelt so lange Laufzeit von 27 Monaten an.
Erst im März 2024 soll demnach die erste Stufe der Lohnerhöhungen in den Tabellen greifen. Bis dahin soll über mehrere Monate der angebotene Inflationsausgleich ausgezahlt werden. Zuletzt kam die Bahn der EVG zwar bei der Verankerung des Mindestlohns in den Tariftabellen entgegen, die Gewerkschaft hält dies aber für unzureichend.