Trotz gesetzlicher Vorgabe Viele öffentliche Firmen geben kein Frauenanteil-Ziel an
Trotz gesetzlicher Vorgaben geben 40 Prozent der öffentlichen Firmen in Deutschland kein Ziel zum Frauenanteil unter Führungskräften an. Dabei bringt das einer Studie zufolge viele Vorteile mit sich.
Viele Firmen in öffentlicher Hand veröffentlichen trotz gesetzlicher Vorgaben in Deutschland kein Ziel zum Frauenanteil unter Führungskräften. 77 von 190 untersuchten Unternehmen - und damit 40,5 Prozent - hielten sich im Geschäftsjahr 2022 nicht an diese Pflicht. Das geht aus einer Studie der Zeppelin-Universität Friedrichshafen hervor. Zum Vergleich: Bei den börsennotierten Unternehmen machten einem Bericht der Bundesregierung zufolge zuletzt 10,7 Prozent die sogenannten Zielgrößen nicht öffentlich.
Fehlende Transparenz schwächt Vertrauen in die Politik
Die Studie befasst sich nicht mit dem Top-Management, sondern mit der zweiten und dritten Führungsebene. Dazu gehören zum Beispiel Abteilungsleiterinnen sowie Teamchefinnen. Diese Ebenen seien für die gleichberechtigte Teilhabe besonders relevant und als Hebel und Rekrutierungspool für die Steigerung des Frauenanteils auf der ersten Führungsebene - sprich der Geschäftsführung - entscheidend, hieß es von den Studienautoren.
In Deutschland müssen börsennotierte oder mitbestimmte Firmen, die mehr als 500 Menschen beschäftigen, Zielgrößen für den Frauenanteil für diese Führungsebenen veröffentlichen. Diese können demnach flexibel festgelegt werden. Es gibt keine fixe Frauenquote.
"Die Berichterstattung von Zielgrößen entspricht vielfach immer noch nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Transparenzanforderungen", so die Studienautoren. Eine nicht gesetzeskonforme Berichterstattung könne das Vertrauen in die Unternehmen der öffentlichen Hand und ihren politischen Gremien maßgeblich schwächen und erhebliche Risiken für politischen Reputationsverlust und negative Medienkampagnen darstellen.
Frauenanteil-Ziel liegt im Schnitt bei 28,2 Prozent
Im Wettbewerb um die besten Köpfe spielen laut Studie Faktoren wie die Unternehmenskultur eine immer bedeutendere Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers. "Flexible Zielgrößen sind ein sehr potenzialreiches Instrument für die Personalentwicklung und Arbeitgeberattraktivität", erklärte Studienleiter Ulf Papenfuß. "Die verantwortlichen Akteurinnen und Akteure müssen zum Erhalt von Glaubwürdigkeit und Vertrauen zur Realisierung der Anforderungen nun rasch handeln", so der Professor am Lehrstuhl für Public Management & Public Policy.
Die Unternehmen, die ihr Frauenanteil-Ziel veröffentlichten, lagen derweil im Schnitt bei einer angestrebten Quote von 28,2 Prozent - also etwas höher als ein Jahr zuvor. Dabei zeigt sich aber ein deutlicher Ost-West-Unterschied: Öffentliche Unternehmen aus den ostdeutschen Bundesländern und Städten setzen sich im Schnitt ein Ziel von 34,7 Prozent Frauen in der zweiten und dritten Führungsebene. Im Westen sind es hingegen nur 25,9 Prozent.
Die Studie der Zeppelin-Universität ist nach eigenen Angaben die deutschlandweit einzige empirische Untersuchung, die Befunde zur Berichterstattung und Höhe von Zielgrößen für öffentliche Unternehmen aller föderalen Ebenen liefert. Die Forscher analysierten 190 öffentliche Firmen, in denen die öffentliche Hand die Mehrheit hatte. In die Untersuchung einbezogen wurden große öffentlichen Firmen von insgesamt 69 Städten sowie von Bund und Bundesländern.
Jedes vierte Vorstandsmitglied im DAX eine Frau
In den Top-Etagen der 40 großen im Deutschen Aktienindex DAX notierten Unternehmen ist indes mittlerweile jedes vierte Vorstandsmitglied eine Frau. Im Januar 2024 zählten 58 Frauen und 189 Männer zu den Vorstandsmitgliedern der DAX-Unternehmen, wie aus einer EY-Studie hervorging. Somit lag der Frauenanteil bei 23,5 Prozent - nach 22,5 Prozent im Vorjahr. Zum Vergleich: 2014 hatte er noch bei 4,7 Prozent gelegen.
Allerdings kann Deutschland damit noch immer nicht zu anderen westlichen Industrieländern aufschließen, wie eine Studie der Allbright Stiftung kürzlich ergab. So lag Deutschland mit einem Frauenanteil von 24,7 Prozent an den Vorstandsmitgliedern der DAX-Konzerne zum 1. September deutlich hinter Spitzenreiter Großbritannien (32,1 Prozent).